
Noch beugen sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD über die Papiere, die die 16 Arbeitsgruppen erstellt haben. Noch also könnte es Hoffnung geben, dass die Union nicht das komplette programmatische Tafelsilber herschenkt, um Friedrich Merz seinen Traum vom Kanzleramt zu erfüllen.
Die sogenannten geeinten Sätze in den Abschlusspapieren, die von den drei Parteien geteilten Überzeugungen, aber zeigen: Auf dem entscheidenden Feld haben CDU und CSU sich bereits ergeben. Mit ihnen wird der Marsch in den linken Gesinnungsstaat mit voller Kapelle fortgesetzt.
Wenn Friedrich Merz sich in diesen Tagen vor die Kamera traut, schaut da ein nomineller Wahlsieger ziemlich bedröppelt aus der Wäsche – um es einmal sehr salopp zu formulieren. Merz weiß, er hat sein Wort gebrochen. Und er weiß, dass es jeder weiß. Von der finanziellen Nachhaltigkeit, für die Merz in den Wahlkampf zog, ist nichts geblieben. Er wird sein Amt als Schuldenkanzler antreten. Schlechter kann ein CDU-Vorsitzender gar nicht starten.
Friedrich Merz bei der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages.
Darum setzt Merz nun auf einen Schelmen anderthalbe und verkündet: Nun müsse es aber eine Wende in der Wirtschafts- und Migrationspolitik geben. Schließlich hätten die Wähler mit ihrem 28-Prozent-Votum zugunsten der Union nicht für eine „Ampel 2.0“ plädiert.
Das stimmt, doch Friedrich Merz ist kein authentischer Verkünder dieser Botschaft. Das schwarz-rote-Bündnis wird, so es denn kommt, eine Fortsetzung der Ampel-Politik bedeuten – nicht auf allen Feldern, aber im Kern. Die Union überlässt ausweislich der geeinten Sätze in den Koalitionsverhandlungen das entscheidende Feld bereitwillig der SPD. Merz und Söder geben sich im Kulturkampf geschlagen. So zementieren sie die linke gesellschaftliche Hegemonie.
Man kann sich streiten, ob der CDU-Kanzler Helmut Kohl einst die versprochene geistig-moralische Wende lieferte. Aber Kohl versuchte es. Kohl hatte erkannt: Wenn in einer Gesellschaft sich das Linke nicht von selbst verstehen soll, müssen die Konservativen ein eigenes Programm dagegensetzen. Sie müssen nicht wie die Linken, die das Private für politisch halten, hineinregieren in die Schlafzimmer und Sportvereine.
Helmut Kohl war sechzehn Jahre Bundeskanzler. In seine Amtszeit fiel die Wiedervereinigung Deutschlands.
Sie müssen aber linken Erziehungsprojekten den Kampf ansagen, linke Förderströme trockenlegen, linken Denkmustern entgegengetreten. Merz ist der Anti-Kohl. Er überlässt die Gesellschaft linken Sozialingenieuren und wundert sich dann, dass am Ende jeder Verständigung linke Politik herauskommt.
CDU und CSU und also Friedrich Merz und Markus Söder finden nichts dabei, wenn ihre Unterhändler solche Sätze in den Koalitionsverhandlungen durchwinken: „Wir wollen (…) Hass und Hetze noch intensiver bekämpfen.“ „Wir führen die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie weiter.“ „Wir prüfen die Möglichkeit einer solidarisch finanzierten Abgabe von Verhütungsmitteln für Frauen und Männer.“ „Die Unterstützung von Projekten zur demokratischen Teilhabe durch das Bundesprogramm ‚Demokratie leben‘ setzen wir fort.“ „Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle wird fortgesetzt.“
Trotz manchmal hehrer Begriffe: Es handelt sich um Projekte für das linke politische Vorfeld, mit dem der Staat die Gesellschaft nach seinem linken Bild formen will. Wer von strafbewehrter „Hass und Hetze“ fabuliert, will linkes Regierungshandeln gegen Kritik abdichten.
Wer eine im Zweifel einklagbare „Gleichstellungsstrategie“ forciert, lässt den politischen Feminismus ins Kraut schießen. Wer Präservative mit Steuerzahlergeld „solidarisch“ finanziert nennt, ist besser in der Roten Flora oder der Rigaer 94 aufgehoben als im Bundeskanzleramt.
Wer „demokratische Teilhabe“ unironisch verwendet und linken Lobbygruppen weiterhin das Prädikat verleiht, sie würden der Demokratie zum Leben verhelfen, träumt von einer linken Gesellschaft. Und wer die Antidiskriminierungsstelle fortsetzen will, obwohl diese bisher vor allem dazu diente, autochthone Deutsche zum Problem zu erklären, traut seinen Mitbürgern nicht über den Weg.
Markus Söder und Friedrich Merz schenken konservative Ideale her und überlassen den Sozialdemokraten das Feld.
Kampflos räumen Friedrich Merz und Markus Söder das Feld. Sie geben sich vermeintlich der Illusion hin, eine nicht-linke Politik ließe sich, wie rudimentär auch immer, in einer Gesellschaft der linken Lobbygruppen und der linken Diskursmacht durchsetzen. Weil das nicht sein kann, bleibt nur ein Schluss: Friedrich Merz und Markus Söder haben mit linker Politik ihren Frieden gemacht.