
Fast schon triumphal beschritt US-Verteidigungsminister Pete Hegseth die Pressekonferenz im Pentagon, als er am Sonntag verkündete: Das iranische Nuklearprogramm sei „ausgelöscht“ worden, der Angriff ein „riesiger Erfolg“ gewesen.
Die Bunkerbrecher der US-Luftwaffe schlugen durch – aber ob der Angriff insgesamt ein durchschlagender war? Das blieb trotz der lautstarken US-Ansagen über einen angeblich „riesigen Erfolg“ offen.
Die Luftbilder der getroffenen Bunkeranlagen jedenfalls legen nahe, dass die Schläge zunächst relativ erfolgreich waren. Bildanalyst Stuart Ray vom privaten, britischen Datenanalysten McKenzie Intelligence Services zeigt mit Blick auf die bekannten Satellitenaufnahmen des Luftschlages, dass die Bunkerbrecher ihren Zweck erfüllt haben. Dafür spricht etwa sichtbarer Betonschutt, der den Berghang bei Fordo bedeckt.
Auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde meint: „Gemessen an der eingesetzten Sprengkraft und mit Blick auf die besondere Empfindlichkeit von Zentrifugen, können wir davon ausgehen, dass sehr schwerer Schaden entstanden ist“. IAEA-Chef Grossi räumte aber auch ein, dass man sich dessen nicht sicher sein könne.
Auch der Munitions-Experte N.R. Jenzen-Jones, Direktor des amerikanischen Forschungsunternehmens Armament Research Services, bestätigte, dass es nach den US-Angriffen mindestens sechs Einschlagstellen in Fordow gibt. „Die größeren, zentralen Einschlaglöcher in den beiden Gruppen haben unregelmäßige Formen und deuten darauf hin, dass mehrere Munitionen dieselbe genaue Stelle getroffen haben“, sagte Jenzen-Jones gegenüber dem US-Sender CNN.
Ein so tief unter der Erde liegendes Ziel wie die Anlage in Fordo erfordere „den präzisen Einsatz mehrerer sorgfältig kalibrierter, durchschlagskräftiger Munition, um sich im Grunde ‚durchzubrechen‘ und Zugang zu den tiefer liegenden, besser geschützten Bereichen der Anlage zu verschaffen“, fügte er hinzu.
Die oberirdische Atomanlage in Isfahan wurde ebenfalls bombardiert – hier scheint die Sache klarer zu sein. Deutliche Schäden sind absehbar. Und auch in Natanz waren die Schläge erfolgreich: zumindest, was die Beschädigung der Anlagen anging. Insgesamt könnte das iranische Nuklearprogramm um Jahre zurückgeworfen worden sein, schätzen manche Beobachter – eine totale Zerstörung, wie die US-Regierung sie kommuniziert, ist aber nicht sicher.
Und vor allem eine Frage bleibt offen – die nach dem nuklearen Material. Wie viel angereichertes Uran konnte der Iran in Sicherheit bringen? Hochrangige Vertreter aus dem amerikanischen Regierungsapparat räumen gegenüber der New York Times ein, man wisse nicht, wie viel nukleares Material tatsächlich zerstört wurde. Der Iran verfügt wahrscheinlich über genug angereichertes Uran, um neun bis zehn Bomben zu produzieren, meinen US-Geheimdienste.
Was aber mit diesem Uran passiert ist – das ist ungewiss. Manches deutet darauf hin, dass der Iran es in Sicherheit bringen konnte. Dass beispielsweise nach den Angriffen auf die Uranlager in Natanz kein relevanter Strahlungsaustritt gemessen wurde, ist ein Indiz dafür, dass die Iraner dieses vor den Angriffen leergeräumt hatten.
Richard Nephew, ein ehemaliger US-Beamter, der für die Regierungen Obamas und Bidens im Außenministerium tätig war, meint: „Gemessen an dem, was wir bisher gesehen haben, wissen wir nicht, wo das Material ist. Wir haben auch kein Vertrauen in unsere Möglichkeiten, in naher Zukunft da ranzukommen“, sagte der Nuklear-Experte laut Financial Times. „Es wäre naiv, zu glauben, dass das Programm um mehr als ein paar Monate verzögert wurde.“
Die gleiche Zeitung zitiert auch die ehemalige Mossad-Mitarbeiterin Sima Shine, die als Iran-Spezialistin tätig war. Sie ist überzeugt: Der Iran hat sein nukleares Material retten können. „Irgendwo haben sie genug angereichertes Uran, und sie haben ein paar fortschrittliche Zentrifugen irgendwohin gerettet. (…) Das Programm ist nicht zerstört worden, egal, was die Amerikaner sagen.“
Die Uran-Frage ist die Achillesferse dieses US-Einsatzes, von der die Erfolgsbewertung am Ende entscheidend abhängt. Sollte der Iran sein Nuklearmaterial gerettet haben, dürfte der Schlag nicht als endgültige Vernichtung Irans Atomprogramms, sondern eher als Pyrrhussieg in die Geschichte eingehen. Dann ist alles offen.