Die Wirklichkeit sieht aus wie ein Drehbuch der AfD

vor etwa 1 Monat

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Wer hat eigentlich die Bundestagswahl gewonnen? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Geht man nach dem Zieleinlauf, dann kam die Union auf das Siegertreppchen. Silber ging an die AfD, Bronze an die SPD. Doch CDU und CSU sind mit 28,5 Prozent der Stimmen ein schwacher Sieger. Die SPD ist mit rund 16 Prozent ein geprügelter Dritter. In den Koalitionsverhandlungen lässt sie sich aber ihre Alternativlosigkeit von der Union teuer bezahlen.

Deshalb kann man die Dinge auch so sehen: Alles läuft derzeit für den Zweitplatzierten. Die Wirklichkeit sieht aus wie ein Drehbuch der AfD.

Die aktuelle Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:

Niemand will mit der AfD zusammenarbeiten. Dadurch erscheint sie täglich größer. Die AfD hat ein Alleinstellungsmerkmal – und das bedeutet: maximale Erkennbarkeit. Nichts ist wichtiger im politischen Wettbewerb. Wer aber hat für diese Unterscheidbarkeit der AfD gesorgt? Das vereinigte Bündnis der Brandmauer-Freunde. Eine Partei, die viele Menschen repräsentiert, mit der aber die anderen Parteien nichts zu tun haben wollen, hat die größtmögliche Sichtbarkeit.

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla haben gut lachen: Die Brandmauer-Freunde haben für die maximale Sichtbarkeit der AfD gesorgt.

Das Brandmauer-Dogma ist ein Marketingtool, das die Konkurrenz frei Haus liefert – zum eigenen Nachteil. Die Brandmauer zementiert den Status der AfD als eine ganz besondere Partei – ob zu Recht oder zu Unrecht. Das Spezielle ist immer interessant. Friedrich Merz hat sich um die AfD verdient gemacht. Seine Diät im Umgang mit ihr mästet die AfD.

Der designierte Kanzler Friedrich Merz hat sich im Umgang mit der AfD als besonders guter Helfer erwiesen.

Die Wirklichkeit sieht aus wie ein Drehbuch der AfD, geschrieben von der politischen Konkurrenz. Der christdemokratische Wahlsieger betreibt jene Spaltung, die er der AfD vorwirft. Merz und Söder spalten durch Wortbruch und Selbstverleugnung die eigene Union. Sie sorgen für Risse im Gebälk der Demokratie, indem sie den Eindruck erwecken: Politik ist dort, wo jeder Funktionär an sich selbst denkt und der Wähler die zweite Geige spielt.

Geben sich als ehrbare Demokraten aus, tatsächlich spalten Markus Söder und Friedrich Merz durch Wortbruch und leere Wahlversprechen.

Merz scheitert am konservativen Aufbruch, den er versprach. Er zimmert eine linke Koalition zusammen und räumt täglich mehrere Positionen. Ohne ihr Zutun erscheint die AfD als ernstzunehmende konservative Alternative. Merz und Söder kehren das berühmte Strauß-Diktum um: Links von der Union darf nur noch die Antifa sein.

Ganz ohne ihr Zutun etabliert sich die AfD als konservative Alternative.

Die CDU will nicht aus ihren Fehlern lernen. Sie setzt weiterhin auf Tricks, um die AfD zu benachteiligen. Im neuen Bundestag soll die AfD weiterhin keinen Bundestagsvizepräsidenten stellen dürfen. Das hat Merz schon verkündet. Auch in Thüringen machte man Nägel mit Köpfen. Nach dem schlechten Vorbild des Bundestags änderten die anderen Parteien die Regeln.

Künftig wird auch in Erfurt nicht länger der älteste Abgeordnete als Alterspräsident fungieren, sondern der dienstälteste. Im September hatte noch der AfD-Politiker Treutler die erste Sitzung geleitet. Das will sich der CDU-Ministerpräsident Mario Voigt nicht noch einmal bieten lassen. Die CDU liegt in Thüringen fast zehn Prozentpunkte hinter der AfD. Ob sich der Abstand durch solche Manöver verringern wird?

Die Wirklichkeit sieht auch deshalb aus wie ein Drehbuch der AfD, weil die beunruhigenden Nachrichten nicht abreißen. Gestern hörten wir: Ein irakischer Asylbewerber hat den Hausmeister eines Flüchtlingsheims in Nordrhein-Westfalen lebensgefährlich verletzt – mit einem Messer. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer warnt vor einem weiteren Anstieg der Firmenpleiten. Eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie kommt zum Ergebnis: Die grüne Energiewende ist gescheitert.

Ermittlungen im nordrhein-westfälischen Gronau gestern nach einer Messerstecherei.

Auf allen drei Feldern – der Migration, der Wirtschaft, der Energie – kann die AfD darauf verweisen, vor diesen Entwicklungen gewarnt und Gegenkonzepte vorgelegt zu haben. Ob sich die Lage auf diesen drei Feldern zum Besseren wendet, sollte die AfD je mitregieren? Das weiß niemand. Eine Opposition erscheint desto größer, je kleiner sich die Regierenden machen. Die Union betreibt ihre Selbstverzwergung. Die SPD möchte mehr von jenen Rezepten, die Deutschland geschadet haben.

Die AfD kann sich zurücklehnen und zusehen, wie sie in den Umfragen wächst. Momentan liegt sie nur vier Punkte hinter der Union. Das Drehbuch namens Wirklichkeit dürfte damit noch nicht im letzten Kapitel angelangt sein.

Alice Weidel nach der Wahl ihres Co-Vorsitzenden
Tino Chrupalla auf dem AfD-Parteitag in Essen 2024. Die AfD kann sich ob der Tollpatschigkeit der Altparteien entspannt zurücklehnen.

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