Die Zeit des Kuschelns ist vorbei: Wie CSU-Chef Markus Söder jetzt in der Union mitregiert

vor 2 Monaten

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An diesem Wahlabend ist Schluss mit Kuschelkurs. Bis zum Zieleinlauf hat CSU-Chef Markus Söder Friedrich Merz (CDU), den Kanzlerkandidaten der Union mit großer Loyalität getragen, hat all die gemeinsamen Auftritte absolviert, bei denen die harmonische Zweisamkeit beschworen wurde. Seit Sonntagabend, 18 Uhr, ist damit Schluss.

Söder hat mit seiner CSU erreicht, was die CDU eigentlich schaffen wollte: Mit 37,2 Prozent der Wählerstimmen geht die CSU in Bayern über die Ziellinie der Bundestagswahl. 35 Prozent waren die inoffizielle Wunschmarke der Union insgesamt. Dass es am Ende nur 28,6 Prozent geworden sind, liegt nicht an der CSU, sondern an den mageren 22,6 Prozent der CDU. So zumindest lautet die Lesart in Bayern.

Dass Merz vor Weihnachten mau in den Wahlkampf gestartet ist, haben sie in der Münchner CSU-Landesleitung runtergeschluckt. Dass Merz meinte, über die Feiertage zum Jahreswechsel wollten die Menschen nichts von Politik wissen, haben sie kopfschüttelnd hingenommen und in ihren Chatgruppen darauf verwiesen, dass das Adenauer-Haus in Berlin am Wochenende komplett dunkel sei. Im Schlafwagen an die Macht, ätzten sie in Bayern, hielten sich öffentlich aber zurück.

Söder am heutigen Montag in München

Sechs Prozent steuerte CSU-Chef Markus Söder zum Merz-Sieg bei. „An uns hat es nicht gelegen“, hieß es schon am Wahlabend aus der CSU-Spitze, wo man sich viel auf die Loyalität im Wahlkampf zugutehält. Selten hat Söder so eisern an der Seite der CDU gestanden, wie in dieser Kampagne. Einzig die in schöner Regelmäßigkeit wiederholten Absagen an eine Regierungsbeteiligung der Grünen konnte sich der Ministerpräsident nicht verkneifen und will sie ganz und gar nicht als Störfeuer, sondern als Rückenwind für Merz verstanden wissen. „Das war aber auch nötig“, sagt einer aus der CSU-Landesgruppe.

Söder selbst betont bei jeder Gelegenheit: „Viele Wähler geben der Union die Stimme, weil es die CSU gibt.“ Konservative wie Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weisen ebenfalls darauf hin, dass allein die denkbare Möglichkeit, mit den Grünen regieren zu müssen, die Union mindestens zwei Prozentpunkte koste, wie Spahn intern immer wieder vorrechnet.

Und auch die plakativen Absagen an die AfD, die Merz bei jeder Gelegenheit gern auch ungefragt vortrug, hätte man „auf hundert verschiedene Arten anders und eleganter machen oder ganz weglassen können“, sagt ein CSU-Mann, dem die Abwanderung zu den Blauen gerade auch auf dem Land große Sorgen macht. Die Union hat vor allem an die AfD verloren, so die CSU-Analyse. Wählerwanderungen hin zur Union kamen von SPD, Grünen und FDP. Eine wirkliche Strategie, wie das weitere Erstarken der AfD künftig verhindert werden könnte, gibt es bei der CDU nicht. Die Brandmauer helfe jedenfalls ganz offensichtlich nicht weiter.

Schluss mit kuschelig! Im Wahlkampf hielt Söder Wort und unterstütze Merz, doch es zeichnet sich bereits ein Ende des Burgfriedens ab.

Merz habe für viele Stimmungen im Land schlicht kein Sensorium, heißt es im Söder-Umfeld. Beim Thema Meinungsfreiheit verstehe er beispielsweise nicht, dass weite Teile der Konservativen im Land eher bei US-Vizepräsident Vance zustimmen als beim Kampf gegen „Hass und Hetze“ der Grünen mitzumachen. O-Ton CSU: „In welcher Welt lebt der eigentlich!?“ Merz fühle sich wie ein Deutschland-CEO und trete auch so auf. Sein Spruch vom Wahlabend „Die Welt wartet nicht auf uns“ bedeute in Wahrheit: Die Welt warte auf ihn, Merz, so die Lesart in Teilen der CSU. Auch deshalb werde es bei den Koalitionsgesprächen zwischen Merz und Söder mindestens zu internen Reibereien kommen, so die Erwartung.

Dass Söder drei Ressorts in der neuen Regierung einfordere, sei das Mindeste, heißt es bei den Christsozialen. Und ob man alle Zugeständnisse an die SPD mitmachen werde, sei ebenfalls fraglich. Die Zeit des Kuschelns zwischen CDU und CSU ist definitiv vorbei.

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