Dieser Wahlkampf offenbart, für wie dumm die Parteien ihre Wähler halten

vor 4 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Der Bundestags-Wahlkampf hat gerade erst angefangen und schon wird klar: Die antretenden Parteien scheinen die Menschen, deren Gunst und Stimme sie gewinnen wollen, für minderbemittelt bis vollkommen bescheuert zu halten. Es wird gelogen, bewusst getäuscht, alte Versprechen haben gar keinen Wert mehr und jede Ankündigung, den politischen Gegner mit Respekt behandeln zu wollen, hält keine 24 Stunden.

Eine Übersicht der Skurrilität.

Die Grüne Partei geht mit dem Slogan „Wir sorgen für ein bezahlbares Leben“ in den Wahlkampf, will Wohnen mit einer Mietpreisbremse, Mobilität mit dem Deutschlandticket und Strom durch Senkung der Netzentgelte und der Stromsteuer günstiger machen. Dass drei Jahre mit Robert Habeck als Wirtschaftsminister und die gerade von den Grünen vorangetriebene Energiewende dafür gesorgt haben, dass die Strompreise überhaupt so hoch sind, ist den Wähler hoffentlich entfallen, so das Motto.

„Hoffentlich merken die nicht, dass wir sie für dumm verkaufen“, könnte Robert Habeck denken.

Dass eine Mietpreisbremse für keine einzige neue Wohnung sorgt, steht ebenso auf einem anderen Blatt Papier wie die Tatsache, dass die Ampel-Regierung bereits 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen wollten, an den eigenen Zielen aber kläglich gescheitert ist (in diesem Jahr werden es nicht einmal 200.000 neue Wohnungen sein).

Klar ist jedoch, wie die Habeck-Partei etwa ein Deutschlandticket (und viele andere Wunsch- und Klimaprojekte) finanzieren würde: mit jeder Menge Schulden. Diesem Plan steht jedoch die Schuldenbremse des Grundgesetzes entgehen und die Tatsache, dass eine Verfassungsändernde Mehrheit diese zu ändern bei Weitem nicht in Sicht ist.

Habeck bemüht trotzdem schräge Bilder, um fürs Schuldenmachen zu werben!

„Stell dir vor, bei dir ist das Dach marode oder die Fenster ziehen und dann ist auch noch das Abflussrohr kaputt und was machst du jetzt? Lehnst du dich zurück und sagst: ,Schwierig, naja, ist gar kein Geld da, dann bricht mir wohl die Bude zusammen'. Nein? Wir auch nicht“, sagte er in einem kürzlichen veröffentlichen Video bei X.

Habeck beschreibt das heruntergekommene Deutschland als marodes Haus, hat aber offenbar keine Vorstellungen dafür, was es für Normalverdiener bedeutet, mal eben einen Kredit im mittleren fünfstelligen bis sechsstelligen Bereich aufzunehmen, um all die Dinge – Dach, Fenster, Abfluss – sanieren zu lassen. Keine Bank der Welt finanziert ein marodes Haus, wenn keine Rücklagen, kein Gegenwert, kein Geld da ist.

Ganz zu schweigen davon, dass Habecks-Vergleich des maroden Hauses mit dem Land Deutschland, in dem Brücken zusammenstürzen und kaum ein Zug pünktlich kommt, hinkt: Nur wenn der Hausbesitzer einen Ratenkredit für seinen 80-Zoll-Fernseher bezahlen, mehrfach im Jahr verreisen, ständig außer Haus essen und auch sonst das Geld zum Fenster rauswerfen würde, könnte man den Vergleich zu Deutschland ziehen. Denn auch Deutschland gönnt sich einen gigantischen Beamtenapparat, die europaweit höchsten Sozialleistungen, Milliardensubventionen ins Nichts und Millionen-Verschwendung ins Ausland.

Sowohl beim verschwenderischen Hausbesitzer als auch beim maroden Deutschland würde der verstorbene Schuldenberater Peter Zwegat erst einmal den Rotstift ansetzen, bevor über neue Schulden nachgedacht wird – so wie bei jedem normalen Menschen eben.

Auch Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist ein Fan neuer Schulden. Dass Deutschland allein in diesem Jahr knapp 40 Milliarden Euro (8,3 Prozent des Bundeshaushalts) nur zur Tilgung von Schulden bezahlt hat – müssen die Wähler ja nicht wissen. Scholz will mit Schulden zum Beispiel die Herabsetzung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel von 7 auf 5 Prozent finanzieren.

Im Wahlkampf 2021 hatte Scholz auch ein Mehrwertsteuer-Versprechen abgegeben. Die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie würden nie mehr steigen, hatte er bei einem Bürgerdialog gesagt. „Darauf können Sie sich verlassen“, hatte er angeschlossen. Man konnte sich nicht auf Olaf Scholz verlassen: Mit dem Jahreswechsel 2024 wurde die Mehrwertsteuer zurück auf 19 Prozent gesetzt, um Haushaltslöcher nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu stopfen. Versprechen gebrochen!

Olaf Scholz erzählt über die Rente „Tünkram“ (plattdeutsch für Unsinn), wie er wohl selbst sagen würde.

Dass FDP-Chef Christian Lindner in seiner Rede zur Vertrauensfrage das Thema Mehrwertsteuer von Scholz aufnimmt und ausgerechnet Steuersenkungen für alle kritisiert, weil nicht nur Rentner, sondern auch Millionäre profitierten, passt auch nicht wirklich ins Bild der Entlastungspartei – die jedoch laut Wahlprogramm an vielen anderen Stellen ganze 140 Milliarden Euro weniger vom Steuerzahler einnehmen oder ausgeben will.

Doch zurück zu Scholz: Der muss nun darauf hoffen, dass die Bürger mit Blick auf gebrochene Versprechen genauso vergesslich sind wie er, Scholz belügt auch seine wichtigste Wählergruppe gnadenlos: die Rentner. „Das wichtigste Vermögen vieler Bürgerinnen und Bürger ist die Rente. Wir machen sie stabil“, sagte der Noch-Kanzler.

Das ist falsch und zugleich das Riesen-Problem der Rente.

Die Kurve ist von 6 auf 2 Menschen gefallen, die mit ihren Abgaben eine Rente finanzieren müssen.

Die Rente in Deutschland ist kein Vermögen, sie in ein reines Umlageverfahren. Die jetzigen Arbeitnehmer zahlen die Rente der jetzigen Rentner. Jede Euro wandert direkt weiter und weitere 127 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt kommen hinzu, weil das Umlageverfahren längst nicht mehr ausreicht.

Waren es Anfang der 60er noch sechs Arbeitnehmer, die für einen Rentner aufkommen mussten, sind es heute noch zwei fleißige Arbeiter, die das zu stemmen haben. Insofern ist „Wir machen die Rente stabil“ eine Übersetzung für: entweder für junge Menschen wird es noch richtig teuer oder kein Wort davon stimmt.

CDU-Chef Friedrich Merz muss insgeheim auch auf minderbemittelte Wählergruppen hoffen. Merz hatte nach dem islamistischen Messer-Terror von Solingen einen „Politikwechsel“ angekündigt und das auch mit radikalen Maßnahmen wie Zurückweisungen von Asyl-Bewerbern an der Grenze (und ebenso bei wirtschaftlichen und sozialpolitischen Themen) glaubhaft versichert.

Als Merz jedoch nach dem Bruch der Ampel die Chance dazu hatte, seinen Worten folgende Gesetze einzubringen und im Parlament über seine Vorschläge für einen „Politikwechsel“ abstimmen zu lassen, zog er zurück.

Merz hatte am 27. August, wenige Tage nach dem Attentat von Solingen, eigens in die Bundespressekonferenz eingeladen.

Zu groß die Gefahr, „Zufallsmehrheiten“ mit Stimmen der AfD zu erreichen, was die seit Jahren heraufbeschworene „Brandmauer“ zum Einsturz bringen könnte. Der so wichtige „Politikwechsel“ kann also doch nicht so wichtig gewesen sein, wenn mit einem Wahlkampf, einer Regierungsbildung und den ersten Gesetzgebungsverfahren gut und gerne 10 bis 12 Monate seit dem Solingen-Attentat ins Land gegangen sein werden, ehe ein Bundeskanzler Merz etwas per Gesetz tatsächlich ändern könnte – und da ist ein möglicher roter oder grüner Koalitionspartner, der sämtliche Vorhaben bremst, noch gar nicht eingepreist.

Statt also den Politikwechsel – auch mit Blick auf Wirtschaft, Energieversorgung und andere Bereiche – durchzuziehen und für Das Richtige und Notwendige zu stimmen, hat Merz mit der Union und in einer Absprache mit den Parteien der Ex-Ampel den Bundestag lieber für Monate lahmgelegt, um einer AfD-Annäherungs-Debatte aus dem Weg zu gehen.

Aber nicht nur inhaltlicher Ebene, auch in der Art und Weise, wie der Wahlkampf ausgetragen wird, müssen die allermeisten Parteien die Wähler da draußen für bescheuert halten – so unehrlich und verlogen wie gehandelt wird.

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 ist kurz und erst ein paar Wochen alt, trotzdem gab es bereits ein halbes Dutzend Aufrufe zu einem fairen Wahlkampf. „Ich freue mich auf einen fairen Wahlkampf. Ich freue mich auf eine Auseinandersetzung, die stattfindet in der Sache“, hatte der wohl skrupelloseste Wahlkämpfer Deutschlands, SPD-Chef Lars Klingbeil angekündigt. Scholz, Merz und Habeck hatten sich eigens bei den Entertainern Joko und Klaas unter dem Motto „Politik und Anstand“ vor einem Millionenpublikum gegenseitigen Respekt versichert.

Nur wenige Stunden später sprach Kanzler Scholz Christian Lindner die sittliche Reife ab und nannte Friedrich Merz im ZDF abfällig „Fritze“, der „Tünkram“ (Plattdeutsch für Unsinn) rede. Zuvor hatte Scholz dem CDU-Chef bereits vorgeworfen, „russisch Roulette“ mit der „Atommacht Russland“ zu spielen, was von zahlreichen Beobachtern als Wahlkampf mit der Angst eingeordnet wurde.

Um CDU-General Carsten Linnemann zu diskreditieren, tun Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang und selbst Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) das, was sie sonst so gerne als „Desinformation“ geißeln: sie reißen verfälschend aus dem Zusammenhang. Dann geht Linnemanns Satz „In Deutschland gibt es gar keine Leistungsbereitschaft mehr“ durch das Netz und dazu die klassische Aufforderungen, doch mal Altenpflegern oder Handwerkern zu sprechen.

Der entscheidende, einordnende Satz, den der CDU-General direkt angeschlossen hatte („Viele strengen sich an - aber insgesamt, in der Breite machen wir das nicht mehr“), fällt unter den Tisch. Fairer Wahlkampf at its best!

Wenn es um Ex-Finanzminister Christian Lindner von der FDP geht, schrecken gerade auch die Grünen nicht davor zurück, mit Dreck zu werfen: „Kaum ist Oberbremser Lindner nicht mehr Finanzminister, schon kann das Kabinett den Auszahlungsmechanismus für das Klimageld beschließen“, schrieb die Grünen-Abgeordnete Lisa Badum und viele Politiker von Grünen und SPD taten es ihr ähnlich lautend gleich. Dabei hatte Lindner selbst das Projekt beauftragt, dass sein Nachfolger Jörg Kukies nun vollendne kann.

Hintergrund ist die Erkenntnis der Regierung, dass Deutschland nicht in der Lage ist, jedem Bürger in einer Notlage – egal ob bei einer Umweltkatastrophe oder einem Gaspreisschock wie 2022 – Geld auszuzahlen, weil dafür schlicht der Mechanismus fehlte. Daran wurde im Bundesfinanzministerium seit eineinhalb Jahren gearbeitet.

SPD und Grüne erwecken öffentlich jedoch den Eindruck, das sei alles wie von Zauberhand und binnen weniger Wochen möglich gewesen, einfach nur weil Lindner nicht mehr blockiere. Dabei hatte Lindner selbst die Ausarbeitung in Auftrag gegeben. Fairer Wahlkampf eben.

Dass im Wahlkampf Luftschlösser aufgebaut werden: geschenkt. Dass man mit dem politischen Gegner nicht gerade zimperlich umgeht: na klar. Dass Wahlprogramme die reine, nicht zwingend umsetzbare Idealvorstellung der Parteien sind: was sonst?

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 zeigt jedoch, dass Politiker aller Parteien die Wähler nicht ernst zu nehmen scheinen. Mehr noch: Sie müssen die Bürger dieses Landes in Teilen für Idioten halten, wenn man skrupellos davon ausgeht, dass Lügen nicht auffliegen und alte, längst gebrochene Versprechen in abgewandelter Form einfach nochmal versprochen werden.

Mehr NIUS: Kampfbegriff „Ausländische Beeinflussung“: Was planen die Grünen nach der Bundestagswahl?

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