
Die politische Instrumentalisierung von Verbrechen werfen Linke gern ihren Gegnern vor. Selbst haben sie keine Hemmungen, das Gedenken an das singuläre Menschheitsverbrechen des Holocaust im Wahlkampf aufs Ekelhafteste zu missbrauchen. Die Opposition wird als das ultimative Böse diffamiert. Dass damit der Nationalsozialismus und seine monströsen Untaten relativiert werden, wird skrupellos in Kauf genommen.
Vorbei die Zeiten, in denen die Shoah als singuläres Menschheitsverbrechen wahrgenommen wurde. Längst ist Auschwitz seines Kontextes beraubt worden, es ist nicht mehr die Mordfabrik, in der Europas Juden gequält, industriell in Massen ermordet und eingeäschert wurden. Vielmehr ist es heute nur mehr ein allgemeines Symbol für „die Grausamkeit der Menschheit gegenüber ihren Mitmenschen im 20. Jahrhundert“, wie die UNESCO es formuliert.
In Deutschland, wo das „Nie wieder ist jetzt“ falsch verstanden wird, weil man aus dem Holocaust nicht die Verpflichtung zum unbedingten Schutz jüdischen Lebens ableitet, sondern allgemein vor „Menschenfeindlichkeit“ warnt, sind die Vernichtungslager der Nazis gerade mal gut genug, um den politischen Gegner zu brandmarken.
Absurd: Vom Vernichtungslager Auschwitz wird eine direkte Linie zur Rechten von heute gezogen.
Das Nazi- und Faschisten-Etikett wird jedem angeheftet, der auch nur ansatzweise in Verdacht gerät, ein „Rechter“ zu sein, wobei auf der Skala zwischen Konservatismus und Nationalsozialismus nicht der geringste Platz für Grautöne ist. Nicht umsonst haben die Linken den „Kampf gegen Rechts“ ausgerufen. Zu denen, die bekämpft werden, gehört inzwischen schon die CDU.
Mittlerweile reicht es, gegen die Gendersprache zu sein oder einen Mann in Frauenkleidern nicht für eine Frau zu halten, um als potenzieller Nazi diffamiert zu werden. Politiker der Linken, aber auch der SPD und der Grünen können der Versuchung nicht widerstehen, mangels guter Argumente, geschweige denn Leistungsnachweisen, die Hitler-Keule zu schwingen. So postete Gesundheitsminister Karl Lauterbach nach einem Antrag zur Migrationspolitik, den die Union mit Stimmen der AfD und der FDP durch den Bundestag brachte, auf der Plattform X mit Bezug auf den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz:
„Als erster Demokrat sagt er (Friedrich Merz) im Prinzip: wo es mir hilft lasse ich mich auch von Nazis unterstützen. Moralisch bankrott“
Hüter der Moral: Karl Lauterbach diffamiert Friedrich Merz.
Lauterbach setzt hier das Bestreben, illegale Migration zu begrenzen, mittelbar in einen Zusammenhang mit dem Mord an sechs Millionen Juden und begründet das, indem er die AfD mit der NSDAP gleichsetzt. Eine geschichtsvergessene Aktion, die zwingend empörte Reaktionen hervorrief. Der Minister löschte den Tweet und entschuldigte sich – eine Entschuldigung, die Merz allerdings nicht annahm.Es war auch nicht Lauterbachs erste Entgleisung zum Thema. Bereits 2021 hatte er evidenzlos behauptet, der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sei „einfach zu nah an Nazi Positionen“. Über eine Rede von Alice Weidel im Bundestag schrieb er: „Der Redebeitrag von Alice Weidel heute im Plenum war hasserfüllt, ein verleumderisches Geschrei. Nicht nur die Inhalte der Rede knüpften an den Beginn des Nationalsozialismus an, sondern auch das populistische Keifen. Diese Rede nach der Auschwitz Gedenkstunde muss jeden wach machen.“
Egal, dass die Inhalte selbstverständlich nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun hatten und das Gekeife, wenn man es denn so empfindet, auch auf linker Seite stattfindet. Etwa bei Heidi Reichinnek, Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, die behauptete, Merz paktiere „mit einer Partei, die durch und durch faschistisch ist“. Zwar ist von den Nazis nicht bekannt, dass sie gewaltlos die Durchsetzung des geltenden Rechts gefordert hätten, aber der gefühlte Widerstand gegen die Nazis, den man mit 80 oder 90 Jahren Verspätung nachholen will, erfordert den Popanz des Vierten Reiches, das angeblich unmittelbar vor der Tür steht und das es zu verhindern gilt.
Heidi Reichinnek (Linke) sieht „Faschismus“, wo keiner ist.
So bläst das staatlich geförderte Portal Correctiv eine private Veranstaltung, auf der konservativ und national gestimmte Teilnehmer über Remigration sprachen, zu einer neuen Wannsee-Konferenz auf, als hätte man dort einen neuen Holocaust geplant. Waren ja auch nur acht Kilometer Luftlinie zum Tatort von damals! Und mit der imaginierten Gefahr der Wiederkehr von Hitlers Brut lockt man deutschlandweit Millionen auf die Straße, um mit der Regierung gegen die Opposition zu demonstrieren.
Was Lauterbach kann, kann die PolizeiGrün, ein eingetragener Verein und Berufsverband von links-grün tickenden Beamten der Bundes- und Landespolizei (gegründet 2013 und nicht zu verwechseln mit der Grünen Polizei, die der Name der Sicherheitspolizei in der Weimarer Republik und der Ordnungspolizei im Nationalsozialismus war) schon lange. Sie twitterte nach erwähnter Abstimmung im Bundestag:„Nie wieder ist jetzt, denn die #fckafd mit ihren Faschisten und Nazis sitzt schon in den Parlamenten und #Merz will gemeinsame Sachen mit Ihnen machen!“
PolizeiGrün postete ein ekelhaftes Statement.
Auch dieser Tweet wurde nach einem Sturm der Entrüstung gelöscht.Es scheint, als wolle man sich auf links-grüner Seite gegenseitig mit Nazi-Vergleichen übertreffen. Dass man damit den Völkermord an den Juden und seine Opfer instrumentalisiert und den Nationalsozialismus relativiert, wird dabei billigend in Kauf genommen. Wer über die Nazis und die Shoah informiert ist, kann ob dieser schäbigen Praxis nur hilflos aufstöhnen. Wer es nicht ist, und das dürften vor allem Vertreter der jüngeren Generation sein, wird auf diese Weise manipuliert und über das Wesen des Nationalsozialismus und des Genozids desinformiert.
Schön wär’s gewesen, wenn sich die Radikalität der Nationalsozialisten im Schimpfen auf „Kopftuch-Mädchen“ und „eingewanderte Messer-Männer“ erschöpft hätte, dann wären nicht Millionen in den Vernichtungslagern zugrunde gegangen. Doch auch dem ZDF ist keine Anspielung auf das Dritte Reich zu schäbig. Marietta Slomka schlug kurz nach dem 27. Januar mühelos einen abenteuerlichen Bogen von Auschwitz zum Unionsantrag zur Migrationsbegrenzung im Bundestag. Offenbar ist jeder, der Bedenken gegen die illegale Zuwanderung junger Männer aus Gewaltkulturen hegt und die zunehmende Kriminalität im öffentlichen Raum fürchtet, einer, der „so denkt wie die Nazis“. Wehret den Anfängen! Aber ist die Lehre aus dem Holocaust die bedingungslose Fremdenliebe?
Der stramm linke ARD-„Monitor“-Chef Georg Restle sieht es so: „80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz kann ‚Nie wieder!‘ nur bedeuten, alles dagegen zu unternehmen, dass Faschisten und Rechtsextremisten in diesem Land wieder in die Nähe der Macht gelangen. Wer ihnen heute die Hand reicht, versündigt sich an den Opfern und Überlebenden.“ Während es andere so sehen, dass sich an den Opfern und Überlebenden versündigt, wer der Hamas, die am 7. Oktober 2023 so viele Juden umbrachte wie seit dem Holocaust nicht mehr, hunderte Millionen Euro zukommen lässt. Oder Millionen antisemitisch geprägte Zuwanderer ins Land lässt, die das jüdische Leben in Deutschland gefährden.
Sozialismus mit menschlichem Antlitz: Georg Restle ist kein Nazi-Vergleich zu verwegen.
„Je länger das Dritte Reich zurückliegt, desto größer wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen“, hat der Publizist Johannes Gross schon vor Jahrzehnten gesagt. Wenn der Hitler-Fimmel und das Bedürfnis, Auschwitz als Ort zu begreifen, aus dem man eine überlegene Moral ableitet, zusammentreffen, dann ist es bis zur Holocaust-Relativierung gegen Rechts nur noch ein halber Schritt. Die Mordfabrik, so formulierte es Frank Furedi, „wird zu einem grausigen ‚Themenpark‘ für diejenigen, die auf der Suche nach einer einfachen moralischen Botschaft sind.“
Zum Abschluss hören wir noch Raphael Brinkert, den Kampagnenmacher des SPD-Wahlkampfes von 2021, der auch jetzt wieder der kreative Kopf hinter der Wahlwerbung der Sozialdemokraten ist. Er gab den Ton für die Endphase des Bundestagswahlkampfs vor, als er nach der zum „Tabubuch“ stilisierten Abstimmung im Bundestag bei X zwitscherte:„Seit gestern ist klar: Wenn die MerzCDU für einen Antrag (!) billigend die Stimmen der AfD in Kauf nimmt, dann nimmt sie notfalls auch billigend Stimmen von Faschisten in Kauf, um sich wählen zu lassen. (…) Wer morgens der Shoa gedenkt und nachmittags nach 75 Jahren für einen Antrag mit der AfD kooperiert, der schadet unserem Land.“
Dabei ist es vielmehr so: Wer Auschwitz als Kranzabwurfstelle begreift, an der man seine hohe Moral demonstriert und nachmittags den Gegner aus politischem Kalkül mit Völkermördern gleichsetzt, der schadet nicht nur unserem Land, der macht auch Jahrzehnte des Geschichtsunterrichts zunichte und vergiftet die politische Kultur und das gesellschaftliche Klima. Sich an eingebildeten Nazis abzuarbeiten, um sich selbst als gut und anständig darzustellen, ist geschichtsvergessen und beschmutzt das Andenken der Holocaust-Opfer.
Derweil marschieren die, die den Juden in unseren Tagen nach dem Leben trachten, vor unseren Augen durch die Straßen. Scheint so, als hätten gerade jene, die wie festgetackert auf dem moralischen Hochsitz thronen, rein gar nichts aus Auschwitz gelernt.
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