„Dieses Land und die Menschen darin“: Die Grünen wollen Deutschland regieren, aber nicht von Deutschland reden

vor 5 Monaten

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Parteitage müssen den Parteimitgliedern gefallen. Es sind Feste der Selbstvergewisserung mit gruppentherapeutischen Zügen. Das galt erst recht für den dreitägigen Parteitag der Grünen nun in Wiesbaden.

Zugleich aber lieferte der, wie es offiziell hieß, „50. Bundesdelegiertenkongress“ eine erhellende Erkenntnis, die bisher kaum wahrgenommen wurde. Die Grünen wollen Deutschland regieren, aber nicht von Deutschland reden. Sie haben keinen Begriff von dem Land, in dem sie herrschen wollen.

Die Parteispitze der Grünen beim Parteitag in Wiesbaden.

Aus der grundlegenden Scheu, das Wort „Deutschland“ oder gar „die Deutschen“ in den Mund zu nehmen, spricht eine sehr spezielle Blickrichtung auf die Welt – und ein grundlegendes Problem. Um als Zehn- bis Zwölf-Prozent-Partei einigermaßen mehrheitsfähig zu werden, müssten die Grünen weit über ihr linkes Kernmilieu hinaus reichen. Das weiß niemand besser als Klimaschutz- und Umweltminister Robert Habeck. Er erhebt für die Grünen den „Anspruch auf Führung“. Wie aber soll eine Partei Mehrheiten im Volk erringen, die den Namen dieses Volkes fürchtet wie der Teufel das Weihwasser?

Habeck will, nimmt man ihn beim Wort, nicht Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden, sondern „Kanzler der Menschen in Deutschland“. Dieses Amt gibt es aber gar nicht. Menschen in Deutschland sind alle jene Personen, die sich gerade auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik aufhalten, ob zu Recht oder zu Unrecht, ob seit langem oder neuerdings. Die Vagheit ist Programm: Die Grünen sind vom Ehrgeiz getragen, Wohltaten allen zu erweisen, die in ihr Konzept der vielen schutzbedürftigen Opfergruppen passen.

Franziska Brantner, die neu gewählte Co-Vorsitzende der Grünen Partei, spricht auf der Bundesdelegiertenversammlung in Wiesbaden.

Deshalb reden sie fast immer von „diesem Land“ und fast nie von Deutschland. Die neue Vorsitzende Franziska Brantner gab als Ziel aus, „dieses Land und das Leben für die Menschen darin besser zu machen“. Die Grünen wollen „dieses Land auf Vordermann bringen“ und setzen auf die „Kraft der Menschen in diesem Land“. Annalena Baerbock warb für Habeck als den besten „Kandidaten für die Menschen in Deutschland“. Sie wolle, dass Habeck „Kanzler für uns und die Menschen in diesem, in unserem wunderschönen Land“ werde.

Wie es beim Klimaschutz nur „planetarische Grenzen“ gebe, kann es für die Grünen nur kosmopolitische Politik geben. Der Nationalstaat steht dem Weltbeglückungskonzept der Grünen im Weg. Zugleich können sie sich bei einer Bundestagswahl nur für Macht im Rahmen eines ganz konkreten Nationalstaats, dessen Namen nicht genannt werden soll – Deutschlands –, bewerben.

Beseelt dankt Robert Habeck seinen Parteigenossen für die Wahl zum Kanzlerkandidaten.

Habeck kann das Dilemma nicht auflösen. Er will in Deutschland „dienend führen“ wie ein Papst, und zugleich ist Deutschland nicht der Maßstab seines Denkens. Wohin der Ehrgeiz gerichtet ist, benannte Habeck in Wiesbaden klar: Es sei nun an der Zeit, sagte er, „Souveränitätsrechte nach Brüssel zu übertragen“.

Da herrscht Einigkeit beim grünen Spitzenpersonal: Nötig sei eine „Gerechtigkeit, die den Rest der Welt nicht ausschließt“ (Brantner). Wäre die Geschichte der Grünen ein Film, hieße er „Deutschland ist nicht genug und Europa zu klein“. In der Migrationspolitik hat die angemaßte Zuständigkeit für den Globus dramatische Folgen für „dieses Land“. Keine dauerhaften Grenzkontrollen, keine forcierten Ausweisungen, keine erhöhten Anforderungen an Asylbewerber sind mit den Grünen zu machen.

Symptomatisch und kein Ausrutscher war es, als der rheinland-pfälzische Landesverband der Grünen sich vor dem Parteitag bei Instagram zur Losung „No borders!“ bekannte. Grenzkontrollen müssten generell „Geschichte bleiben“. Die Grünen wollen einen an seinen Grenzen wehrlosen, einen unsouveränen Staat.

Besonders deutlich formuliert das grüne migrationspolitische Dogma, das in der Bevölkerung kaum jemand teilt, Josefine Paul. Die nordrhein-westfälische Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Flucht und Integration trägt eine Mitverantwortung am islamistischen Attentat von Solingen mit seinen drei Toten. Behörden in Pauls Zuständigkeitsbereich war es nicht gelungen, den späteren syrischen Attentäter rechtzeitig abzuschieben.

Josefine Paul will die bisherige Migrationspolitik nicht ändern.

Paul hält dies nicht davon ab, verharmlosend lediglich Probleme „im ganz alltäglichen Doing“ einzugestehen. Sie denkt an die Absprachen zwischen Land und Kommunen, an die Verteilung der Asylmigranten und an die Finanzierung. Grundsätzlich, so Paul, müsse „dieses Land“ jenen Menschen gerecht werden, „die Schutz suchen und hier bei uns Zuflucht finden“. Migrationspolitik wird von den Migranten her gedacht. Deren Wohlergehen ist Dreh- und Angelpunkt grüner Migrationspolitik.

Wenn Paul im Namen der Grünen „Orientierung bieten“ will und „Humanität und Verantwortung“ als Kompass benennt, ist die Prioritätenfrage eindeutig. Die Einheimischen sollen Orientierung bekommen, also Verhaltensratschläge von grüner Warte. Den Zuwanderern versprechen die Grünen die Humanität des Sozialstaats.

Wer sich diese Gewichtung vor Augen führt, kann sich nicht vorstellen, dass die Grünen je einen Bundeskanzler stellen werden. Als Ausgabestelle sozialer Wohltaten für die Beladenen dieser Erde überschätzt jeder Staat seine Möglichkeiten, auch der deutsche. Brantners Ziel, das Leben in Deutschland durch grüne Politik „gerecht, bezahlbar, nachhaltig zu machen“, ist vor diesem Hintergrund unrealistisch.

Es fehlt an der grünen Gerechtigkeit gegenüber den einheimischen Steuerzahlern, an der Bezahlbarkeit solch gigantischer Umverteilungsprogramme zugunsten der „Schutzsuchenden“ und erst recht an der Nachhaltigkeit einer Migrationspolitik ohne Stoppsignal und Grenzkontrollen. Wenn Habeck also sagt, er wolle „Prinzipientreue mit Pragmatismus verbinden“, dann ist das nichts anderes als eine gefällige Umschreibung für Ideologie.

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