
Mehrere Städte in Deutschland setzen auf Künstliche Intelligenz, um zu kontrollieren, ob der Biomüll richtig getrennt wurde. Denn ab Mai tritt bundesweit die neue Abfallverordnung in Kraft, die vorsieht, dass im Biomüll höchstens nur noch ein Prozent Fremdstoffe enthalten sein darf (Apollo News berichtete). Die Verordnung selbst sieht dabei nur eine Sichtkontrolle vor. Mit dem Einsatz von KI gehen die Städte also über das geforderte Maß hinaus. Bei einem Verstoß gegen die Abfallverordnung droht ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro.
Die Mülltonnen in der Stadt Ulm sollen digital gesperrt werden können, wenn der Biomüll nicht richtig getrennt wird, wie Bild zuerst am 2. April berichtete. Eine Anfrage von Apollo News bei der Stadt Ulm ergab, dass Digitalchips in Biomülltonnen zum Einsatz kommen und Daten speichern sollen. Ab Mai werden die ersten Kontrollen von Mülltonnen stattfinden.
Von der Pressestelle der Stadt Ulm heißt es gegenüber Apollo News: „Die Biotonnen sind mit einem Chip ausgestattet. Die Daten der Tonnenleerung, Standort etc. werden darüber erfasst und im System hinterlegt.“ Wenn bei der Entleerung Fremdstoffe vorgefunden werden, wird der Inhalt der Biotonne fotografiert. Wann es zu digitalen Sperrungen der Biomülltonne kommt, steht noch nicht fest. Ulm will erst einmal ein Kartensystem verwenden: Wenn bei der „stichprobenartigen Kontrolle“ Fremdstoffe gefunden werden, wird eine gelbe Karte an die entsprechende Tonne gehängt.
„Darauf befinden sich auch Hilfestellungen zur richtigen Trennung des Biomülls und ein Hinweis, dass bei mehrfacher Feststellung von Fremdstoffen die Tonne nicht mehr geleert wird („rote Karte“)“, heißt es von der Stadt. Doch man hoffe, nicht von der roten Karte Gebrauch machen zu müssen. Bei vorherigen Kontrollen in den Jahren 2020 und 2021 sei der Fremdstoffanteil so stark zurückgegangen, dass die rote Karte nicht verwendet werden musste.
In Reutlingen und München wird ebenfalls auf Farbkarten gesetzt. Beide Städte verwenden auch Künstliche Intelligenz zur Müllkontrolle. Seit Januar wird in Reutlingen der Biomüll mithilfe von KI gescannt, wie der SWR berichtete. In der ersten Testphase, die bis März dauerte, wurden die geprüften Mülltonnen mit grünen Karten versehen, wenn der Müll korrekt getrennt war. Waren zu viele Fremdstoffe enthalten, wurde eine gelbe Karte verhängt.
Vier Müllwagen sind mit jeweils vier Kameras ausgestattet, die den Müll mithilfe Künstlicher Intelligenz vor und nach der Entleerung scannen. Die Kosten für die Kameras betragen bis zu 50.000 Euro laut SWR. Wie Apollo News von einer Pressesprecherin der Stadt Reutlingen erfuhr, sollen ab Mai auch Bußgelder verhängt werden. Bisher seien in der Testphase keine Bußgelder verhängt worden.
Das Bußgeld soll bei 60 bis 80 Euro liegen, wie der SWR berichtet, und zur Finanzierung der Kameras dienen. Wie Apollo News erfuhr, ist der Anteil der falsch befüllten Biotonnen in der Testphase um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Während im Januar noch 21 Prozent der kontrollierten Biotonnen falsch befüllt waren, waren es im März nur noch elf Prozent. Die Pressesprecherin sprach von einem „Erfolg“. Die Entsorgung falsch befüllter Biomüllbehälter kostet zusätzlich 60 bis 80 Euro.
Auch in München wird Künstliche Intelligenz eingesetzt, um Bioabfälle zu überprüfen. Aktuell sind fünf Fahrzeuge mit drei verschiedenen KI-Systemen im Einsatz. Die Testphase geht bis September. „Der AWM wartet die Ergebnisse des Pilotprojekts ab und entscheidet im Anschluss, wie es weitergeht“, teilte eine Pressesprecherin gegenüber Apollo News mit. Und weiter: „Das KI-Pilotprojekt dient in erster Linie dem Austesten verschiedener Systeme.“
Während der Pilotphase werden keine Bußgelder verhängt, wenn der Biomüll nicht richtig getrennt ist, teilte die Stadt weiter mit. Grundsätzlich können Bußgelder verhängt werden, wenn der Müll falsch getrennt wurde. Die Stadt München möchte nach eigener Aussage Bußgelder möglichst vermeiden, weil bei Gebäuden, bei denen mehrere Parteien sich Mülltonnen teilen, nicht nachvollziehbar ist, wer den Müll falsch trennt.
„Daher setzt der AWM auf Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung bei den Münchner*innen, um die richtige Mülltrennung zu fördern“, sagt die Pressesprecherin. Die falsch befüllte Biomülltonne wird als Restmüll gezählt und die zusätzlichen Kosten werden den Anwohnern in Rechnung gestellt. Die Anwohner werden über die Mehrkosten informiert.
Zusätzlich wird an der betreffenden Tonne folgender Hinweis angebracht, wie Apollo News erfuhr: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir konnten heute Ihre Biotonne/Papiertonne nicht leeren, weil sie Restmüll enthält. Da sich verschmutzte Bio- und Papierabfälle nicht wiederverwerten lassen, wird diese Wertstofftonne bei der Restmüllabfuhr geleert.“ Und weiter: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen diesen zusätzlichen Aufwand in Rechnung stellen müssen.“
Wie die Pläne aus Ulm, Reutlingen und München zeigen, setzen zunehmend mehr Städte auf Künstliche Intelligenz, Datenspeicherung und Farbkarten, um die Bürger zu einer korrekten Mülltrennung zu bewegen. Unter dem Argument der Wiederverwertung wird zunehmend in den Alltag der Bürger eingegriffen.