
Am Donnerstag stellte der neue Digitalminister Karsten Wildberger seinen Plan für das neu gegründete Digitalministerium vor. „Zum digitalen Staat gehört auch, dass jeder Mensch eine digitale Identität erhält“, sagte er in seiner Bundestagsrede. In einem „digitalen Portemonnaie“ sollen wichtige Dokumente gespeichert sein: „vom Personalausweis über den Führerschein bis zur Fahrkarte“.
Diese digitale Wallet soll laut Wildberger das Leben erleichtern. „Wichtig ist auch dabei, dass wir die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitnehmen“, sagte er: „Zuhören, erklären, verstehen, überzeugen“. Dazu müsse über die Risiken, vor allem aber über die Chancen geredet werden. Die Risiken beherrsche man dann, wenn man technologieführend sei, so der Minister. „Chancen und Risiken sind zwei Seiten derselben digitalen Medaille“. Darum brauche es eine „positive Zukunftserzählung“.
„Vom Personalausweis über den Führerschein bis zur Fahrkarte – alles in einem digitalen Portemonnaie“ – Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) will mit dem neuen Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung eine „digitale Identität“ für alle Bürger:innen schaffen. pic.twitter.com/JrHmZvPfUi
— Bericht aus Berlin (@ARD_BaB) May 16, 2025
Karsten Wildberger ist mit seinem Vorhaben ganz auf Linie der Regierung. Bereits die Arbeitsgruppe Digitales forderte während der Koalitionsverhandlungen die Einrichtung einer verpflichtenden digitalen Identität (Apollo News berichtete). Im Koalitionsvertrag heißt es, dass die „Deutschland-ID und die sichere eID/EUDI-Wallet“ für die Verwaltung genutzt werden soll. Um die EUDI-Wallet soll „sich ein Ökosystem entwickeln“.
Die zunehmende Digitalisierung in Verwaltung und Gesellschaft soll „unsere Demokratie resilienter gegen Desinformation und Manipulation“ machen. Die Idee der Bundesregierung geht dabei auf eine Initiative der Europäischen Union zurück. Im März 2024 stimmte das EU-Parlament einem Gesetz zu, das vorsieht, dass die Mitgliedstaaten ihren Bürgern bis 2026 verpflichtend eine „European Digital Identity Wallet“ anbieten müssen (mehr dazu hier). Die Nutzung dieser EUDI-Wallet soll jedoch freiwillig sein.
„Diese Verordnung ist ein Blankoscheck zur Online-Überwachung der Bürger“, kritisiert dieses Vorhaben etwa der EU-Abgeordnete der Piratenpartei Patrick Beyer. Denn obgleich das EU-Gesetz vorsieht, dass Nutzer sich bei der digitalen Wallet ein Pseudonym zulegen dürfen, können einzelne Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Pseudonymnutzung aussetzen. Außerdem soll die digitale Identität nicht nur für Verwaltungszwecke eingesetzt werden, auch Internetplattformen sind dazu angehalten, die Anmeldung mittels digitaler ID anzubieten.
In einem offenen Brief von November 2023 kritisieren über 500 Wissenschaftler und 40 Datenschutzorganisationen, dass die Betreiber der EUDI-Wallet auch dann Daten von einzelnen Nutzern sammeln können, wenn diese dem nicht explizit zugestimmt haben. Des Weiteren seien Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre nur optional und nicht verpflichtend. Die Privatsphäre von EU-Bürgern könne erheblich beeinträchtigt werden.
Wie netzpolitik.org im Dezember 2024 berichtete, müssen Firmen, die auf Daten in der digitalen Wallet zugreifen wollen, ein Registrierungszertifikat haben. Allerdings müssen diese Zertifikate keinen Hinweis enthalten, welche Daten genau aus den Wallets abgerufen werden. Das ermöglicht, dass nicht nur die Verwaltung, sondern auch Privatunternehmen mehr Daten abrufen können als nötig.