Dänemark drängt auf Einigung: Chatkontrolle könnte bereits im Oktober verabschiedet werden

vor etwa 1 Monat

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Seit nunmehr drei Jahren ringen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union um die Verabschiedung der Chatkontrolle. Jetzt könnte erstmals der Widerstand gebrochen und die Verordnung, die offiziell im Rahmen des Kinderschutzes geplant ist, eingeführt werden. Jahrelang haben verschiedene Länder an einem Entwurfstext herumgebastelt, um ihn kompromissfähig zu machen – Dänemark, das momentan die halbjährig wechselnde EU-Ratspräsidentschaft innehat, könnte jetzt einen Durchbruch erreichen.

Zuletzt hatte Polen versucht, durch eine Abschwächung der Verordnung auch die Länder ins Boot zu holen, die den Überwachungsmaßnahmen kritisch gegenüberstehen. So sprach sich etwa die Ampel-Regierung konsequent gegen das Vorhaben aus. Doch auch Polen hatte damit keinen Erfolg. Durch den Regierungswechsel in Deutschland könnte sich der Wind jetzt drehen: Der neue Bundesinnenminister, Alexander Dobrindt, hat bislang keine klare Absage formuliert.

Dabei rückt der neue Entwurf der dänischen Ratspräsidentschaft wieder von dem polnischen Vorstoß ab. Darin war noch gefordert worden, Betreiber von Messenger-Diensten und E-Mail-Plattformen sollten nicht zur Chatkontrolle verpflichtet werden, sondern den Zielen des Kinderschutzes vor Missbrauch im Internet freiwillig nachkommen. Dänemark setzt nun wieder deutlicher auf eine verpflichtende Komponente der Verordnung.

Nach der Übernahme der Ratspräsidentschaft am 1. Juli hat das skandinavische Land umgehend einen neuen Entwurf vorgelegt und am 24. Juli nach Gesprächen mit 20 der 27 Mitgliedsstaaten bereits eine zweite, leicht angepasste Version abgegeben, berichtete Netzpolitik, das die Entwürfe und das Protokoll der Verhandlung veröffentlicht hatte. Aus dem Protokoll geht hervor, dass nur drei Länder – die Niederlande, Österreich und Polen – die Verordnung derzeit inhaltlich vollständig ablehnen.

Weitere Staaten sind zwar unentschlossen, können sich aber vorstellen, dem Vorhaben künftig grundsätzlich zuzustimmen. Bliebe es dabei, würde die Sperrminorität, die es im Rat der Europäischen Union in den vergangenen drei Jahren gegeben hatte, wegfallen. Dafür sind mindestens vier Länder, die insgesamt mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren müssen, notwendig – ohne Deutschland dürfte diese Marke momentan nicht erreicht werden.

Zwar äußerten zahlreiche Vertreter, darunter auch die der Bundesrepublik, in der Verhandlung am 11. Juli Bedenken bezüglich einzelner Komponenten. Weil Dänemark dann aber umgehend einen zweiten Entwurf vorlegte, ist davon auszugehen, dass eine Einigung im Rat forciert wird. Für den 14. Oktober ist bereits eine Abstimmung angesetzt, diesmal offenbar mit besseren Aussichten als in den vergangenen Jahren.

Dabei hat sich in der Kritik nicht viel geändert. Zuletzt hat der Deutsche Anwaltverein den ersten dänischen Vorschlag scharf kritisiert. Der Entwurf sei „rechtsstaatlich hochproblematisch“, hieß es in einer am 8. Juli veröffentlichten Pressemitteilung. Außerdem ähnele der Text dem ursprünglichen Vorschlag, mit dem die EU-Kommission das Vorhaben Mitte 2022 angestoßen hatte.

Damals wie heute soll es die Verordnung erlauben, Inhalte zu überprüfen und dafür auch auf verschlüsselte Chats zuzugreifen. Dazu sollen die Plattformbetreiber verpflichtet werden und ihre Befunde der EU zukommen lassen. Die Kommission könnte somit Zugriff auf sämtliche private Inhalte erlangen, die EU-Bürger untereinander digital teilen. Erstmals seit Beginn der Verhandlungen ist dieses Vorhaben jetzt offenbar mehrheitsfähig.

Währenddessen ist die Position des EU-Parlaments, das ebenfalls über den Vorschlag entscheiden muss, seit 2023 eher kritisch: Viele Parlamentarier fordern lediglich die Überprüfung von Verdachtsfällen, generell sollte die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung jedoch respektiert und so die Privatsphäre aufrechterhalten werden. Möglicherweise hat sich diese Haltung mit der EU-Wahl im Juni 2024 jedoch geändert.

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