
Caren Miosga ist wieder da. Um knallhart abzuliefern. Und das tut sie. Halbgare Fragen. Themen so dünn rühren, dass es möglichst abwegig und langweilig wird. Nebenaspekte aufbauschen, brennende (oder auch nur leicht glimmende) Fragen komplett ignorieren. Eben alles, was man so erwarten kann für seine paar mickrigen Rundfunkgebühren.
Rund 5,8 Millionen Euro pro Jahr gibt die ARD für die Produktion der Sendung aus. Macht 200.000 Euro eingetriebenes Gebührengeld pro Sendung oder 3300 Euro pro Minute. Dafür erhalten wir die Erkenntnis, dass unser Innenminister gern mal mit Journalisten Wandern geht. Dass er dabei aber nicht „Wir schaffen das!“ ruft wie einst Merkel. Das ist tatsächlich eine Frage, die Miosga (rund 19.000 Euro persönliches Honorar pro Sendestunde) an den Innenminister richtet. Ob er „Wir schaffen das“ rufen würde. Welch genialer Einfall! Weil doch genau dieser Deutschland zerreißende Kanzlerinnenspruch gerade zehn Jahre alt wird. In der Miosga-Redaktion scheinen sie kaum heller zu leuchten als die Moderatorin selbst.
Heute zu Gast: Innenminister Alexander Dobrindt. Und Miosga will es wissen. Ob seine verstärkten Grenzkontrollen sich denn wirklich lohnen würden. Gerade einmal 660 illegale Asylgesuche habe er seit Mai erfolgreich abgewiesen. „Lohnt sich der Aufwand, dass Sie potentiell einen Rechtsbruch begehen?“, fragt sie. Der Europäische Gerichtshof würde die Kontrollen möglicherweise verurteilen. Dobrindt verwehrt sich dagegen, „dass Sie einen Rechtsbruch unterstellen“, doch sie sagt, das habe sie gar nicht getan. Hat sie zwar gerade, aber sie sagt, das habe sie nicht, er: doch, sie: nein, er: doch – wieder sind 3300 Euro rum.
Dobrindt sagt, er wolle „die Überforderung Deutschlands beenden“. Man stehe vor einer „Problemlage, die sich über zehn Jahre aufgestaut hat“ und „alles weitere kommt da oben drauf“. Die Problemlage mal genauer zu beschreiben, hoppla, das wird an diesem Abend leider mal wieder vergessen. All die aktuellen Attentate, Messerattacken, der erschossene, geradezu hingerichtete Polizist, das Mädchen, das vor einen Zug gestoßen wurde, die Polizei, die den Vorfall zu vertuschen suchte – alles Themen eines Ministers des Inneren. Aber bei Miosga: nichts davon.
Stattdessen steht auf ihrem Kärtchen eine andere kühne These: Ob das Thema Migration vielleicht gar nicht so entscheidend ist im Kampf gegen die AfD? Denn Dobrindts Politik „erzielt ja Effekte“, aber trotzdem wachse die AfD in aktuellen Umfragen. Auf so eine Frage muss man auch erstmal kommen. „Sie wollen die AfD weg regieren. Ist die Migrations-Politik dafür ein wichtiger Hebel?“, fragt Miosga. Naja, sagt Dobrindt, das Thema sei doch „letztlich der Nährboden, auf dem die AfD ihre Existenz aufbaut.“ Mittlerweile sind weitere gut 12.000 Euro vergangen. Und wir haben selten so viel gelernt. Wie sollen wir das alles nur verarbeiten?
Robin Alexander (Die Welt) ist ebenfalls am Start. Er gibt mal wieder den Elder Writerman, der in Berlin jedes Hinterzimmer, jede Hintertür und jede Hinterfotzigkeit kennt. Für seinen Spott über die Ausweitung der Mütterrente fängt er sich vom CSU-Mann aus Bayern erstmal eine gehörige Watschn ein. Als Mann mit Spitzengehalt sei es natürlich leicht, sich über Geld für die verdienten Mütter lustig zu machen, ätzt Dobrindt.
Zielgruppengemäß und passend zum ausgesuchten Publikum lässt Miosga in einem Einspieler ein paar Menschen von der Straße zu Worte kommen. Sicher alle ganz zufällig ausgewählt (wir sind schon gespannt auf den nächsten Beitrag des ÖRR-Blogs auf X). Ein Schüler will nach dem „Herbst der Entscheidung“ (Christian Lindner) und dem „Herbst der Reformen“ (Merz) nun endlich mal einen „Herbst der Erfolge“. Die Regierung habe zwar wenig geschafft, aber zerbrechen dürfe sie um Himmels willen auch nicht. Passend dazu sagt eine Frau mahnend: „Die Alternative ist fürchterlich!“ Und Miosga wiederholt es ganz bedeutungsschwanger: „Die Alternative…“ Wie ein böses Gespenst wabert plötzlich die AfD durchs Studio. So emotional berührt war Miosga zuletzt, als sie Insolvenzminister Habeck 60 Minuten lang anschmachtete.
Den Innenminister aber will sie zerlegen. Sein Name sei mit dem Maut-Desaster verbunden, und deshalb könne er gar nicht „für einen glaubwürdigen Politikwechsel stehen“. Sie wirft ihm „diffamierende Sprache“ vor und liest allerlei Zitate, teilweise zehn Jahre alt, von ihrem Zettelchen ab. Dobrindt erklärt sich. Er sagt, dass er als Minister eben vorsichtiger formuliere, um sich dem Amt anzupassen. „Ich will mit meinen Inhalten erfolgreich sein. Dann darf man sich nicht einer Stildebatte aussetzen und den Stil-Vorwurf einfangen.“ Er sei in der Lage, sich sprachlich anzupassen. Nein, insistiert Miosga, „es gibt diese beiden Gesichter.“ Jetzt will sie ihn packen. Es gebe „den Provokateur, den etwas Gröberen“ und dann „den Milderen“. Als sie fragt „Was ist Ihnen der liebere Alexander Dobrindt?“, hat sie ihn zwar nicht gestellt, aber hinter den Kulissen wird ihr vermutlich gerade ein Duden auf den Tisch gestellt.
So absurd geht es weiter im Takt. Beim Thema Brosius-Gersdorf werden die Plagiatsvorwürfe und die erschreckenden Äußerungen der Richterkandidatin mit keinem Wort erwähnt. Als es um die zusammenbrechende Wirtschaft Deutschlands geht, wartet man auf Stichworte wie Energiekosten oder Überbürokratisierung vergeblich. Stattdessen: Trump und Zölle. Robin Alexander darf noch etwas von einem „psychologischen Moment“ reden. Die Regierung verkaufe sich schlecht. Auch er warnt vor einem Bruch der Koalition. Denn dann drohe „eine Regierung, die von außen kommt und eventuell noch dysfunktioneler ist“. Da ist sie wieder, diese böse Alternative.
Dröge wirft Dobrindt vor, „Härte auf die auszuüben, die die Schwächsten in unserer Gesellschaft sind“. Er kontert: „Das klingt jetzt ein bisschen nach Trauerbewältigung, was Sie da sagen.“
Klingt alles ziemlich seltsam? Sorry, mehr haben wir leider nicht zu berichten. Aber es waren ja auch nur 200.000 Euro.