Dobrindt feiert Grenzkontrollen als „Erfolg“ – doch die tatsächlichen Zahlen werfen Fragen auf

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Auch im August ist die Zahl der Zurückweisungen an der deutschen Landesgrenze weiter gestiegen. 11.900 Personen wurden den neuesten Zahlen zufolge seit dem 8. Mai abgewiesen, erklärte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt gegenüber der ARD. Nach wie vor bleibt der Anteil derer, die mit einem Asylgesuch an der Einreise gehindert wurden, mit 660 jedoch vergleichsweise niedrig.

Zurückgewiesen werden Personen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht einreisen dürfen. Sei es wegen fehlender Papiere oder wegen vorliegender Einreisesperren. Ein Asylgesuch kann zwar zum Grenzübertritt qualifizieren, das gilt jedoch nicht, wenn die betreffende Person aus einem sicheren Drittstaat oder einem EU-Mitgliedstaat einreisen möchte.

Bei den 660 Personen handelt es sich also um Migranten, die beispielsweise aus einem anderen EU-Land kamen. Die Gesetze der Europäischen Union sehen vor, dass Asylanträge dort bearbeitet werden müssen, wo ein Migrant erstmals das Territorium des Staatenbundes betritt. Unter Angela Merkel war diese Regelung 2015 in Deutschland eingeschränkt worden, sodass Personen grundsätzlich aufgenommen wurden, sollten sie ein Asylgesuch an der Grenze geäußert haben.

Dobrindt hatte diese Entscheidung im Mai rückgängig gemacht. Und dennoch bleibt die Zahl der zurückgewiesenen Personen mit Asylgesuch pro Monat im unteren dreistelligen Bereich, einem noch nicht erheblichen Wert. Währenddessen werden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) monatlich weiterhin tausende Asylanträge gestellt.

Die Zahl ging zwar im ersten Halbjahr zurück, 61.300 Anträge wurden der Welt zufolge registriert, im Vorjahreszeitraum waren es 121.426 Erstanträge (mehr dazu hier). Allein im Juni dieses Jahres waren es jedoch etwa 7.000 Fälle. Dagegen wirken die 660 Asyl-Zurückweisungen seit Mai noch nicht ausschlaggebend – aber genau die sind der einzige neue Wert, den Dobrindts Kontrollen im Gegensatz zu den von Nancy Faeser im September 2024 eingeführten Grenzkontrollen hervorbringen. Die rund 11.300 weiteren Zurückweisungen wären rein theoretisch auch mit den Maßnahmen möglich gewesen, die Faeser damals an allen Landesgrenzen geschaffen hatte.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die von Dobrindt eingeführten Grenzkontrollen möglicherweise eine abschreckende Wirkung auf neue Migranten haben, weil nun auch endgültig Asylsuchende abgewiesen werden können. Durch diese Wirkung könnte wiederum die Zahl der versuchten Einreisen verringert werden.

Generell ist die Zahl der Asylanträge aus dem ersten Halbjahr noch nicht repräsentativ für die Wirksamkeit der neuen Grenzkontrollen, denn oftmals dauert es mehrere Wochen bis Monate, bis eine eingereiste Person einen Antrag beim BAMF stellt. Ob die neuen Maßnahmen also tatsächlich eine Auswirkung auf die Asylzahlen haben, wird erst zu erkennen sein, wenn die Zahlen für das zweite Halbjahr veröffentlicht werden.

Erste Erfolge können aber bereits aus der Zahl der illegalen Einreisen abgeleitet werden. Aus der Statistik der Bundespolizei geht hervor, dass zwischen dem 8. Mai 2025 und dem 31. Juli zwar immer noch 12.445 unerlaubte Einreisen registriert, aber auch 9.506 Zurückweisungen oder -abschiebungen durchgeführt wurden. Damit hat sich das Verhältnis zwischen beiden Größen im Vergleich zu Faesers Grenzkontrollen seit September 2024 deutlich verbessert.

Zwischen September 2024 und Juli dieses Jahres wurden insgesamt 31.491 Personen an der Grenze zurückgewiesen, während 47.034 unerlaubte Einreisen registriert wurden. Es wurden also wesentlich weniger Personen zurückgewiesen, als später im Inland als illegal eingereist festgestellt werden mussten. Dieses unter Dobrindt sich verschiebende Verhältnis spricht für den neuen Bundesinnenminister.

Der CSU-Politiker gibt sich aber diplomatisch und lobte gegenüber dem Stern auch die von Faeser eingeführten Maßnahmen. Die Zahl der illegalen Migranten habe sich in den vergangenen zwölf Monaten „durch alle unsere Maßnahmen halbiert“, erklärte Dobrindt. „Im europäischen Vergleich liegen wir nicht mehr an der Spitze, sondern sind auf Platz drei der Zielländer für illegale Migration gerutscht“, so der Bundesinnenminister, der darin einen „wesentlichen Erfolg“ sieht.

Auch im Vergleich mit den Sommermonaten 2024 scheinen die neuen Grenzkontrollen zunächst zu wirken, wobei die Zahlen nicht abschließend vergleichbar sind, weil es im Sommer 2024 noch keine landesweiten, sondern nur einzelne Grenzkontrollen gab. Dieses Jahr registrierte die Bundespolizei 5.801 illegale Einreisen im Mai, 5.657 im Juni und 5.154 im Juli.

2024, als es in diesem Zeitraum aufgrund der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele immerhin auf einzelne Länder begrenzte Kontrollen gab, waren es monatlich 7.100 bis 7.700, also wesentlich mehr. Dass aber nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigt die absolute Zahl illegaler Einreisen, die immer noch monatlich im vierstelligen Bereich liegen. Das liegt auch daran, dass die relativ große deutsche Landesgrenze nicht vollends abgesichert werden kann.

Mitte Mai hatte sich deshalb die Schwäche dieser Maßnahmen gezeigt: Nach der ersten Woche der Grenzkontrollen konnten nur 2,1 Prozent aller Asylsuchenden abgelehnt werden (mehr dazu hier). Fraglich ist also, ob die Grenzkontrollen tatsächlich eine nachhaltige Wirkung entfalten können. Die ersten Erfolge sprechen zwar für sich – die Zahlen sind dennoch nach wie vor hoch.

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