
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt fordert vor dem Hintergrund des Falls Liebich, das Selbstbestimmungsgesetz zu reformieren. Der CSU-Politiker will es vor missbräuchlichen Verwendung schützen, erklärte er dem Magazin Stern. „Das ist ein Beispiel für den sehr simplen Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes“, sagte Dobrindt in Bezug auf Liebich und verwies außerdem darauf, dass vor einem solchen Missbrauch bereits vor der Einführung des Gesetzes gewarnt wurde.
„Die Justiz, die Öffentlichkeit und die Politik werden hier zum Narren gehalten, weil das Selbstbestimmungsgesetz die Möglichkeit dazu bietet“, stellt Dobrindt klar. Seiner Auffassung nach braucht es eine Debatte, wie man mit klaren Regeln den Missbrauch des Gesetzes verhindern kann. Liebich hat vor ihrem Geschlechtswechsel unter anderem an Demonstrationen gegen Queere teilgenommen. Der Geschlechtswechsel, den Liebich einfach beim Standesamt durchführen konnte, erfolgte im Januar dieses Jahres. Im August muss Liebich eine Haftstrafe antreten – in einem Frauengefängnis.
Dabei hatte Liebich das Gesetz nicht missbräuchlich verwendet – Sven Liebich nutzte sein Recht zum Geschlechtswechsel so, wie es ihm der Gesetzgeber eben ermöglicht hatte. Eine Prüfung oder Bewertung eines Antrags sieht das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz eben nicht vor.
Familienministerin Prien sagte gegenüber der Bild, „dass das Selbstbestimmungsgesetz in seiner jetzigen Ausgestaltung Schwächen enthält, die gezielten Missbrauch begünstigen können“. Dennoch hält sie an der Grundidee des Selbstbestimmungsgesetzes fest. „Es ist richtig und wichtig, dass geschlechtliche Selbstbestimmung niedrigschwellig möglich ist“, erklärte Prien darüber hinaus. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, das Selbstbestimmungsgesetz bis zum 31. Juli 2026 zu evaluieren. Konkrete Vorschläge, wie man einen Missbrauch verhindern will, gibt es aus den beiden Parteien noch nicht.
Die FDP, die als Mitglied der Ampelkoalition für die Einführung des Gesetzes mit zuständig war, verteidigt es hingegen. FDP-Chef Christian Dürr, der damals für das Selbstbestimmungsgesetz gestimmt hat, sieht kein Problem in dem Gesetz, wie er gegenüber dem mdr sagte. Er sieht in dem Vorgang, dass Liebich in ein Frauengefängnis kommt, einen Skandal, weil die Behörden es zulassen. Er sieht keine rechtliche Verpflichtung dafür, dass Liebich in ein Frauengefängnis kommen muss. Darüber hinaus warf er Liebich vor, das Selbstbestimmungsgesetz ins Lächerliche zu ziehen. Liebich teilte daraufhin mit, Dürr deswegen angezeigt zu haben.
Ein ehemaliger FDP-Justizminister äußerte sich auf der Plattform X ähnlich und verweist darauf, dass der Strafvollzug Ländersache sei und das Selbstbestimmungsgesetz im Strafvollzug keine Rolle spielt. Im Falle von Liebich haben die zuständigen Landesbehörden entschieden, bevor entschieden wurde, in welches Gefängnis Liebich kommt, den Fall genau zu prüfen. Trotz der Prüfung wird Liebich ihre 18 Monate Haft in einem Chemnitzer Frauengefängnis absitzen.
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