
Der ARD-Faktenfinder hat in einem aktuellen Beitrag versucht, die auffällige Überrepräsentation von Ausländern in Kriminalitätsstatistiken zu erklären. Viele private Berechnungen, die in den sozialen Medien breit rezipiert wurden, so der Beitrag, stünden „auf wackeligen Beinen“, da die Daten häufig falsch interpretiert würden. Ein zentraler Fehler bestehe darin, dass in den Statistiken auch Tatverdächtige auftauchten, die überhaupt nicht in Deutschland leben.
Als fiktive Beispiele nennen die Faktenchecker etwa einen in der Nähe zur polnischen Grenze geschnappten „Autoschieber auf der Rückfahrt nach Osteuropa“ und den „in Duisburg gefassten Drogenkurier aus den Niederlanden“. Beide würden die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen in den jeweiligen Bundesländern erhöhen, ohne jedoch dort wohnhaft zu sein. Nach den australischen Austauschstudenten, die Hart aber fair-Moderator Louis Klamroth in diesem Frühjahr als potenzielle Tatverdächtige für Gruppenvergewaltigungen ins Spiel brachte (Apollo News berichtete), sorgen nun der ARD zufolge ausgerechnet Polen und Niederländer für auffällige Überrepräsentationen von Ausländern in den deutschen Kriminalitätsstatistiken. Laut Faktenfinder könnten aber auch Touristen oder sonstige Urlauber die Zahlen zuungunsten von ausländischen Staatsangehörigen beeinflussen und den Ausländeranteil bei Tatverdächtigen nach oben treiben. Daher seien die statistischen Belastungszahlen einzelner Nationalitäten mit Vorsicht zu genießen.
Darüber hinaus verweisen die Autoren, darunter Tobias Wilke, der die BILD für rassistisch und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) für rechtsradikal hält, auf sozioökonomische Faktoren. Kriminalität sei weniger eine Frage von Herkunft oder Kultur, sondern stark abhängig von den jeweiligen Lebensumständen. Menschen in prekären Verhältnissen, mit schlechter Wohnsituation, geringem Bildungsniveau und schwacher Anbindung an den Arbeitsmarkt seien generell stärker gefährdet, straffällig zu werden. Migration könne in diesem Zusammenhang ein Verstärker sein, weil viele Zuwanderer unter solchen Bedingungen leben.
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Der renommierte schweizerische forensische Psychiater Frank Urbaniok, der zu den kriminalitätsspezifischen Schattenseiten der Migration unlängst ein Buch veröffentlicht hat, widerspricht diesen in der Debatte immer wieder lautstark vertretenen Auffassungen, wonach Kriminalität in erster Linie eine Frage von Alter, Geschlecht und sozialem Status sei und kulturelle Prägung lediglich eine nachgeordnete Rolle spiele. In einem Interview mit der WELT widerlegt er die Annahme, die Überrepräsentationen seien bloße statistische Artefakte oder allein mit Armut zu erklären. Seine eigenen, auf der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) beruhenden, Auswertungen zeigen zweifelsfrei, dass bestimmte Gruppen bei Gewalt- und Sexualdelikten massiv überproportional vertreten sind. Diese Unterschiede sind so groß, dass sie sich auch nicht durch einzelne Urlauber, das Alter oder allgemeine sozioökonomische Umstände der betroffenen Personen erklären lassen.
Besonders deutlich zeigen sich die Unterschiede zwischen deutschen und ausländischen Staatsbürgern in den Kriminalitätsfeldern schwere Gewalt- und Sexualdelikte. Nach Urbanioks Auswertungen waren Afghanen 2023 bei gefährlicher Körperverletzung rund 723 Prozent häufiger vertreten als Deutsche. Noch drastischer fällt der Unterschied bei Sexualdelikten aus: Gambier waren hier mehr als 2100 Prozent überrepräsentiert. Auch bei anderen Herkunftsländern sind Belastungszahlen um ein Vielfaches höher als bei der deutschen Vergleichsgruppe. Diese Werte gelten dabei über mehrere Jahre hinweg und sind somit kein kurzfristiger statistischer Ausreißer. Urbaniok selbst betont, dass es sich bei solchen Relationen um robuste und belastbare Befunde handelt. Die Frage, ob solche massiven Überrepräsentationen in der Größenordnung von mehreren hundert oder tausend Prozent wie von Zauberhand verschwinden würden, wenn man Touristen, Urlauber oder Durchreisende aus Syrien, Afghanistan oder Gambia ausklammern würde, möge sich jeder Leser gerne selbst beantworten.
Auch den Hinweis auf Armut und Perspektivlosigkeit als Ursache für Kriminalität hält Urbaniok für eine Ablenkung von den wahren Problemen: Vietnamesen etwa leben in Deutschland häufig ebenfalls unter schwierigen Bedingungen, tauchen in der Kriminalstatistik aber so gut wie gar nicht auf. Offenkundig sind die gravierenden Unterschiede vor allem in kulturellen Prägungen begründet: In bestimmten Herkunftsgesellschaften spielen patriarchale Ehrvorstellungen, Gewaltakzeptanz und ein traditionelles Rollenverständnis eine dominierende Rolle – Faktoren, die sich in Deutschland dann auch in den Kriminalitätszahlen niederschlagen.
Auch wenn die Faktenfinder der ARD mit jedem noch so absurden Erklärungsansatz Ausländerkriminalität relativieren und verschleiern wollen, steht außer Frage, dass die Überrepräsentationen bestimmter Nationalitäten real sind – auch der Verweis auf vermeintliche niederländische Drogenkuriere vermag daran nichts zu ändern.