
Dieser Satz lässt aufhorchen: „In dieser Woche müssen die politischen Parteien im Deutschen Bundestag Farbei bekennen. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf zu erfahren, welche politischen Parteien bereit sind, nach einer Bundestagswahl Änderungen in der Migrationspolitik vorzunehmen, die illegale Migration zurückzudrängen und zu stoppen und wer dazu eben nicht bereit ist“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an der Seite von CDU-Chef Friedrich Merz vor der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag.
Ein Routine-Termin, bei dem für gewöhnlich eher Allgemeinplätze zur parteipolitischen Linie der Woche produziert werden. Nachrichtenagenturen schreiben mit, TV-Stationen und Radiojournalisten sammeln Schnittbilder und O-Töne. Alltagsgeschäft in Sitzungswochen des Bundestags.
„Welche politischen Parteien bereit sind, nach einer Bundestagswahl ...“ Fast schon beiläufig macht Dobrindt die Abstimmungen über die Entschließungsanträge der Union und das „Zustrombegrenzungsgesetz“ zum Testlauf für die Koalitionsverhandlungen nach der Wahl. Botschaft: Überlegt euch, ob ihr nach dem 23. Februar in die Opposition gehen oder mit uns über eine Regierung sprechen wollt. Merz blickte sparsam an der Seite des CSU-Landesgruppenchefs. Denn da die Grünen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Migrationspolitik der Union nicht mittragen können und wollen, schießen sie sich mit den erwarteten Breitseiten gegen die Union aus dem Rennen um die nächste Bundesregierung. Wer sich selbst ausschließt, muss nicht mehr von CSU-Chef Söder ausgeschlossen werden.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Union-Spitze Friedrich Merz
Dobrindt ist für gewöhnlich niemand, der Dinge unüberlegt sagt. Sein Satz macht für eine künftige, unionsgeführte Regierung die Räume eng, wie es in der Fußball-Sprache gerne heißt. Denn auch die SPD dürfte sich den Vorstößen von Friedrich Merz kaum anschließen. Wenn dagegen die AfD die „migrationspolitische Zeitenwende“ (Dobrindt) mitträgt, liefert diese Sitzungswoche ein anschauliches Beispiel dafür, was ohne Brandmauer, die selbstverständlich auch in Zukunft weiter beschworen wird, möglich wäre.
Droht Dobrindt hier gar mit einer Minderheitsregierung der Union? Büchsenspanner und Strategen in der Union könnten den Satz auch als eine kleine, raffinierte Hürde verstehen, die Merz auf dem Weg ins Kanzleramt vor die Füße gelegt wird. Aber da das Verhältnis zwischen CDU und CSU in diesem Wahlkampf bekanntlich so gut ist, wie lange nicht, kann man diese missgünstige Interpretation ganz gewiss ausschließen.
SPD-Chef Lars Klingbeil jedenfalls geht schon voll in die Dobrindt-Falle und warnt die Union im Spiegel vor einem Bruch mit der Politik von Helmut Kohl und Angela Merkel. Krokodil, dein Name sei Klingbeil. Wenn sich Genossen um das Erbe der Union sorgen ...