
Der Regierungsexperte Christian Drosten gab dem Journalisten Tilo Jung in seinem Format „Jung & Naiv“ am Samstag ein mehrere Stunden dauerndes Interview. NIUS konzentriert sich auf drei wissenschaftlich unhaltbare Behauptungen Christian Drostens, die die Corona-Politik Deutschland grundsätzlich betreffen. Dem selbsterklärt naiven Journalisten Tilo Jung fielen sie – wenig überraschend – nicht auf.
Drosten stellte eine gravierende Falschbehauptung auf: Er nennt für das Corona-Virus eine Infektionssterblichkeit von 1 Prozent. Das ist um 0,2 Prozent höher als seine eigene Angabe, die er in seinem Buch „Alles überstanden?“ vornimmt, in dem er ebenso unseriös behauptet, dass die Corona-Infektionssterblichkeit 2020 „etwa 16-mal so hoch wie die von Influenza“ war. Drosten verweist dabei auf seinen damaligen NDR-Podcast, in dem er unter Verweis auf eine Studie für Covid-19 eine Infektionssterblichkeit von 0,8 Prozent annimmt. Die vorgenommene Annahme von 1 Prozent scheint nun völlig aus der Luft gegriffen. Der renommierte Statistiker John Ioannidis berechnete anhand der amtlichen Corona-Zahlen eine Sterblichkeit von 0,15 Prozent, was unterhalb der gesellschaftlich akzeptierten Todesraten von Grippewellen liegt.
Fakt ist also: Die Corona-Sterblichkeit wurde anfangs dramatisch überschätzt. Seriöse Wissenschaftler – Ioannidis gehört zu den meistzitierten der Welt – ordneten sie danach im Grippe-Vergleich ein.
Der Journalist Bastian Barucker wies auf X zuerst daraufhin:
Drosten behauptet, dass ein „eindeutiger Nutzen“ von Masken nach höchsten wissenschaftlichen Standards erwiesen sei; er spricht davon, dass eine „Evidenzsynthese“ durchgeführt wurde. Der Begriff ist eng verflochten mit dem Cochrane-Netzwerk, einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern, das für evidenzbasierte Medizin eintritt. Das Netzwerk schreibt auf seiner Website: „Evidenzsynthesen oder ‚systematische Reviews/Übersichtsarbeiten‘ kombinieren Informationen aus mehreren Studien, die das Gleiche untersucht haben, um zu einem zusammenfassenden Ergebnis zu gelangen.“
Eine solche Meta-Studie hatte Cochrane vorgenommen. Anfang 2023 gab es darum viel medialen Wirbel, demzufolge die Chefredakteurin von Cochrane scheinbar das Kernergebnis der Meta-Studie zurückgenommen hätte. Tatsächlich bestätigte sie, dass der Nutzen von Masken auf Bevölkerungsebene nicht nachweisbar ist. Sie sagte: „Korrekt wäre es zu sagen, dass in der Übersichtsarbeit untersucht wurde, ob Maßnahmen zur Förderung des Tragens von Masken dazu beitragen, die Verbreitung von Atemwegsviren zu verlangsamen, und dass die Ergebnisse uneindeutig (!) [inconclusive] waren.“ Zudem stellte sie fest: „In Anbetracht der eingeschränkten primären Evidenz ist die Studie nicht in der Lage (!), die Frage zu beantworten, ob das Tragen von Masken selbst das Risiko einer Ansteckung oder Verbreitung von Atemwegsviren verringert.“
Fakt ist also: Der Nutzen von Maskenpflichten, die Millionen Bürger in drastischer Einschränkung ihrer Grundrechte auferlegt wurden, entbehrt einer fundierten wissenschaftlichen Grundlage.
Selbst Schulkinder mussten die unwissenschaftliche Maßnahme ertragen.
Drosten war zunächst Teil eines wissenschaftlichen Teams, das mit einer Gesamtbewertung der Corona-Maßnahmen beauftragt war – verließ dieses Team dann. Seinen ehemaligen Kollegen wirft er nun vor, keine „wissenschaftliche Sauberkeit“ an den Tag gelegt zu haben. Als Beispiel nennt er eine Passage des Evaluationsberichts, die in einem Diagramm gezeigt hatte, dass Korrelationen zwischen Pandemie-Maßnahmen und der Entwicklung der Corona-Zahlen überhaupt nicht feststellbar sind. Es gab demnach nie einen Zusammenhang zwischen der 7-Tage-Inzidenz und der Maßnahmenstrenge, wie im Evaluationsbericht auf S. 70 klar zu erkennen ist.
Quelle: Bundesregierung.de
Hintergrundinfo: Eine Wirksamkeit der Maßnahmen versuchte Drosten bereits in besagtem Buch zu belegen. Darin behauptete er, dass fast sämtliche Maßnahmen effektiv waren, sogar Ausgangssperren, Versammlungsbeschränkungen, Homeoffice, selbst Schulschließungen. Bis auf letztere belegt er die Effektivität dieser Maßnahmen mit dieser Meta-Studie. In dieser Studie steht jedoch: „Da die meisten der in dieser Überprüfung ermittelten Beweise aus Beobachtungsstudien stammten, wurde die Qualität oder Sicherheit der Beweise für die meisten Studien basierend auf der GRADE-Systematik überwiegend als niedrig oder sehr niedrig eingestuft, was darauf hindeutet, dass der wahre Effekt vom geschätzten Effekt abweichen kann.“
Fakt ist also: Die Wirksamkeit der schwersten Eingriffe in die Grundrechte seit dem Zweiten Weltkrieg ist wissenschaftlich nicht nachweisbar.
Der Journalist Tilo Jung schien während des Interviews nicht willens – oder intellektuell in der Lage – zu sein, dem Regierungsexperten kritische Fragen zu stellen. Offenbar versteht er von der Corona-Thematik kaum etwas, seine Vorbereitung auf das Interview scheint in einer oberflächlichen Lektüre von Artikeln bestanden zu haben. Auch sein Weltbild stellt sich eher einfach gestrickt dar: Es gibt ihm zufolge die Corona-Politik der Bundesregierung, die unterm Strich rational und wissenschaftlich war, und auf der anderen Seite irrationale Kritiker, die ihr unwissenschaftliche Vorwürfe machen. Auf sachlich fundierte Vorwürfe an seiner Interview-Führung reagierte er auf X mit wirren Faschismus-Vorwürfen.
Schon während der Corona-Zeit agierte Thilo Jung auf journalistisch fragwürdige und auch menschlich inakzeptable Weise. In einer Bundespressekonferenz diffamierte er zehntausende Corona-Demonstranten aus der Mitte der Gesellschaft als „rechtsextrem“ (man hört es hier ab 21:05 min.). Die Bundesregierung widersprach seiner Lüge übrigens nicht ...
Drosten behauptete bei Tilo Jung von sich selbst: „Ich erfülle eine saubere Sprechrolle in der Öffentlichkeit.“ Der Medizinstatistiker Prof. Dr. Gerd Antes, der in Deutschland Wegbereiter des Cochrane-Netzwerks ist, bezeichnete jüngst in einer Vorlesung an der TU Kaiserslauten Drostens Buch als „hart an der Peinlichkeitsgrenze“. Selbstwahrnehmung und Realität gehen oft auseinander ...
Lesen Sie auch:Drosten attackiert neuen US-Gesundheitschef mit grober Falschbehauptung – Corona sei „16-mal tödlicher als Grippe”