
Was macht man, wenn einem ein Buch nicht gefällt? Man legt es weg. Oder, wenn man Denis Scheck heißt und bei den Öffentlich-Rechtlichen beheimatet ist, nennt man es eine „hirnlose Wichsvorlage für Rassisten und Faschisten“. So geschehen bei ‚Druckfrisch‘, dem literarischen Fegefeuer der ARD. Moderator: ein Mann mit dem Habitus eines ältlichen Beichtvaters. Man wirft einen Blick hinein und die Gosse blickt zurück.
Man wartet förmlich auf den Aufschrei „Hexe!“ bei diesem mittelalterllich anmutenden Spektakel von Scheck. Nur die Mistgabeln fehlen – aber vielleicht sind die gerade beim Requisitenverleih der heute-show.
In seiner Sendung tut Scheck so, als sei er der letzte Verteidiger der Aufklärung. Tatsächlich erinnert er eher an einen schlecht gelaunten Türsteher des guten Geschmacks: Du kommst hier nicht rein – du bist kein progressiver Diskurs!
Schecks Methode ist dabei so einfach wie durchschaubar: Was ihm nicht passt, wird nicht kritisiert, sondern kastriert. Bücher landen bei ihm nicht im Feuer – das wäre zu offensichtlich –, sondern auf einer „Müllrampe“. Vielleicht sollte man der ARD einfach vorschlagen, die Kulisse von Druckfrisch durch eine Feuertonne zu ersetzen, wie Kollege Alexander Wallasch vorschlägt. Der Wiedererkennungswert wäre größer – und die Ehrlichkeit auch.
Man darf das nicht falsch verstehen: Literaturkritik darf scharf sein. Aber sie sollte kein Rachefeldzug sein, kein Schauprozess im Abendprogramm. Bei Scheck ist sie längst zum Ritual geworden: Der inquisitorische Blick, die theatralische Pose, die Wortsalven aus dem Giftschrank – alles wie gehabt. Nur dass die Bücher diesmal nicht von Heinrich Mann oder Erich Kästner stammen, sondern von Menschen mit der falschen Meinung.
Und nun das eigentlich Lustige an dem großen Literatursortierer: Scheck bekämpft nicht schlechte Bücher – er bekämpft Bücher, die sich seiner Weltsicht entziehen. Grosz’ Werk mag provokant sein, zugespitzt, polemisch – na und? Das waren andere Autoren auch.
Anstatt sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen, greift Scheck lieber zum totalen Flammenwerfer. Und wenn man ihm zuhört, meint man: Er will gar keine potentiellen Leser überzeugen – er will sie größtmöglich beschämen. Am besten gleich mit dem Etikett: „Wer das liest, ist ein Nazi.“
Schecks moralisches Sendungsbewusstsein hat mittlerweile schon etwas Biblisches. Nur ohne Gott. Und ohne Humor. Und ohne Zweifel. Also eigentlich alles, was Literatur ausmacht.
Der Mensch liest, um klüger zu werden. Scheck liest, um wütend zu werden. Und wenn er fertig ist, stehen keine Gedanken im Raum, sondern nur Rauch. Und der beißende Geruch verbrannter Debatte.
Vielleicht braucht ‚Druckfrisch‘ mal einen Neuanfang. Oder wenigstens eine neue Rubrik. Etwas Ehrliches. Vorschlag: „Schecks Scheiterhaufen – Bücher, die wir für euch schon mal gehasst haben.“
Bücher sind nämlich nicht dazu da, dass sich ältliche Feuilletonisten daran abreagieren. Sondern dass Menschen sich daran reiben. Und wenn Denis Scheck das nicht aushält, sollte er vielleicht etwas anderes rezensieren. Küchengeräte zum Beispiel. Da ist alles erlaubt – sogar das Abschalten.