
Spätestens seit Annalena Baerbock Außenministerin ist, kann sich Israel auf Deutschland nicht mehr verlassen. Für den jüdischen Staat hat sie nur Belehrungen parat, für die deutschen Geiseln in Gaza Phrasen, für die Palästinenser jedoch viel Verständnis und hunderte Millionen Euro.
Lang ist es her. Am 18. März 2008 sagte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede vor der Knesset in Jerusalem:„Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar. Und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.“
Die Stunde der Bewährung schlug am Morgen des 7. Oktober 2023, als Terroristen aus dem Gazastreifen ebenso wie Zivilisten in riesiger Zahl über die Grenzanlagen nach Israel strömten und ein beispielloses Massaker anrichteten, dem 1200 Menschen zum Opfer fielen, etwa 250 wurden in den Gazastreifen verschleppt. Etwa hundert werden dort noch immer unter grauenhaften Bedingungen festgehalten, eine unbekannte Anzahl soll bereits nicht mehr am Leben sein.
Seit dem Holocaust wurden nicht mehr so viele Juden an einem Tag abgeschlachtet. Der Schock hält noch immer an, auch wenn Israel jüngst gezeigt hat, dass seine Armee das Heft des Handelns längst wieder in der Hand hat und die Todfeinde des jüdischen Staates einen nach dem anderen eliminieren kann.
Sechs Tage nach dem Massaker flog Annalena Baerbock nach Tel Aviv, noch zeigte sie Betroffenheit, statt die Israelis darüber zu belehren, wie sie sich gegen ihre Feinde zur Wehr setzen dürfen. „In diesen Tagen sind wir alle Israelis“, sagte sie damals. Aber die Schamfrist verstrich rasch. Mit dem Start seiner Offensive gegen die Hamas und andere Terrorgruppen im Gazastreifen verspielte Israel Baerbocks Wohlwollen, fortan bemühte sie die nun wirklich nicht mehr zur Debatte stehende „Zweistaatenlösung“ sorgte sich vor allem um die „Zivilbevölkerung in Gaza“ und fordert seither ein ums andere Mal einen Waffenstillstand, der allerdings die Fortexistenz der Hamas bedeuten würde.
Wenige Tage nach dem Massaker war Annalena Baerbock noch sprachlos. Das änderte sich bald.
Acht weitere Male mussten die Israelis ihre Besuche ertragen, und mindestens einer endete im Eklat, als Baerbock den israelischen Regierungschef Netanjahu über die Lage in Gaza belehren zu müssen meinte. Immer wieder betont Baerbock, sie werde alles dafür tun, „dass Israel sich in diesem Krieg nicht selbst verliert“ – als benötigten die Israelis eine Anstandsdame, die wohlbehütet in Pattensen aufwuchs und nicht mit Nachbarn wie der Fatah, der Hisbollah, der Hamas und dem Islamischen Jihad.
Dabei gibt es kein anderes Land, das in einem ihm aufgezwungenen Krieg so gezielt gegen Terroristen und insbesondere deren Anführer vorgeht und gleichzeitig die Zivilbevölkerung, unter der sich die Terroristen aufhalten, warnt, um sie zur Evakuierung zu bewegen und deren Verluste möglichst gering zu halten. Der moralische Kompass der Israelis ist intakt, das Letzte, was sie im Krieg brauchen, in dem unerträglich viele junge Menschen ihr Leben verlieren, ist eine Oberlehrerin aus Deutschland.
Bei Israels Premier Benjamin Netanjahu kamen Baerbocks nassforsche Belehrungen gar nicht gut an.
Wahre Freunde erkennt man in der Not, heißt es. Was ist dann von einer Regierung in Berlin zu halten, die Israel mitten im Krieg maßregelt, ihm die militärische Unterstützung faktisch entzieht („stilles Waffenembargo“ nannte das Remko Leemhuis vom American Jewish Committee in Berlin), sich in den Vereinten Nationen bei klar israelfeindlichen Nahost-Resolutionen der Stimme enthält – und diese so durchrauschen lässt? Mit dem Argument, man habe eine schärfere Resolution verhindert (!) und könne nun nicht gegen den eigenen Entwurf stimmen.
„Wirkliche Unterstützung sieht anders aus“, stellte Philipp Peyman Engel in der Jüdischen Allgemeinen fest: „Allzu oft ist allein Israel der Adressat ihrer Kritik und ihrer Ermahnungen, nicht aber die Massenmörder der Hamas.“ Und israelische Siedler in der Westbank mindestens ebenso hart zu kritisieren wie palästinensische Terroristen nannte er zu Recht eine „gefährliche Äquidistanz“.
Von Betroffenheitsbekunden kann sich Israel nichts kaufen, das Mindeste, was es in seinem Überlebenskampf von einem Freund erwarten kann, ist diplomatische, wenn nicht auch militärische Unterstützung – und die Einstellung von Zahlungen an die Palästinenser, die nach vor feuchte Träume von der Vernichtung des jüdischen Staates hegen. Stattdessen fördert die Bundesregierung sowohl die Palästinensische Autonomiebehörde als auch die terroraffine UNRWA (NIUS berichtete) mit vielen hundert Millionen Euro.
Seit dem 7. Oktober 2023 flossen etwa 290 Millionen Euro in die Palästinensergebiete – als „humanitäre Hilfe“, wie es heißt. 2022 wurden 233 Millionen Euro deutsches Steuergeld als bilaterale öffentliche Entwicklungshilfeleistungen aus Deutschland in die Gebiete gepumpt. Zu den EU-Geldern (2021 bis 2024 wurden insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro für die Finanzierung von Projekten insbesondere im Bildungs- und Gesundheitsbereich eingeplant) trägt Deutschland auch noch einen Großteil bei.
Weit über eine Milliarde Euro zahlte Deutschland in den vergangenen Jahren an Palästinenser. (Quelle: statista)
Kein Wunder, dass der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, klagte: „Die finanzielle Unterstützung der Palästinenser muss sofort beendet werden. Der palästinensische Terror, den wir sehen, wurde auch mit deutschen Steuermitteln finanziert.“ Ebenso wie die Schulbücher, in denen bereits Kinder zum Hass auf Juden erzogen werden, die „Märtyrer-Renten“ für die Familien palästinensischer Terroristen, die umso höher ausfallen, je höher die Haftstrafe für die Täter, also je größer das Verbrechen war.
Hier müssen auch noch die hunderte Millionen Euro erwähnt werden, die Deutschland an die UNRWA zahlt, deren Personal ganz überwiegend aus Palästinensern besteht, die zum großen Teil Hass gegen den jüdischen Staat predigen und von denen mehrere Dutzend am Progrom vom 7. Oktober beteiligt waren (NIUS berichtete).
Nach dem Massaker wurden die deutschen Gelder für die Palästinenser „bis auf Weiteres“ eingefroren, schließlich aber doch schon im November wieder freigegeben: mehr als 90 Millionen Euro ließ Entwicklungsministerin Svenja Schulze auszahlen. Auch die UNRWA, deren Schulen von der Hamas als Waffendepots genutzt werden, wird längst wieder mit deutschem Steuergeld gemästet.
Apropos: Ein ums andere Mal gibt das Auswärtige Amt Statements zur Lage in Gaza ab, die Israel Angriffe auf „Schulen“ unterstellen: „Dass Menschen getötet werden, die in Schulen Schutz suchen, ist nicht hinnehmbar. Zivilisten, gerade auch Kinder, dürfen nicht zwischen die Fronten geraten. Die wiederholten Angriffe der israelischen Armee auf Schulen müssen aufhören und eine Untersuchung muss rasch kommen.“
Dass zivile Gebäude zum legitimen Ziel werden können, wenn sie militärisch genutzt werden, spielt für das AA offenbar keine Rolle – und auch nicht für Annalena Baerbock, die doch vorgibt, „vom Völkerrecht“ zu kommen. Mit dem Holocaustleugner und Terror-Verherrlicher Mahmud Abbas, dem „Präsidenten“ der palästinensischen Autonomiebehörde, dessen vierjährige Amtszeit inzwischen mehr als 19 Jahre andauert und der nicht im Traum daran denkt, demokratische verhältnisse herzustellen, versteht sie sich blendend. Wenn es um Israel geht, gefällt sich als Vertreterin der Firma Mahner & Warner und fordert das Land penetrant dazu auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben.
Baerbock mit dem palästinensischen Autokraten Mahmud Abbas.
Das dürfte ganz im Sinne ihrer Gäste sein, die sie kürzlich im Auswärtigen Amt empfing – zum anregenden Austausch über die Schlechtigkeit der Israelis. Zunächst waren es Aktivisten, wenig später arabische Journalisten (NIUS berichtete). Als die israelische Luftwaffe den Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah liquidierte, redete sich die Außenministerin im Fernsehen um Kopf und Kragen. Nasrallahs Tod sei „in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels“, meinte sie, als wüsste sie besser als die Israelis selbst, was in deren Interesse liegt. Dem Libanon drohe nun eine „Destabilisierung“ – nachdem die vom Iran gesteuerte Hisbollah-Miliz als Staat im Staate das Land seit Jahrzehnten als Geisel nimmt, um Israel zu attackieren. Und die Beteiligung der schiitischen Miliz am blutigen Bürgerkrieg in Syrien hat Baerbock wohl auch vergessen.
„Als offizieller Sprecher der israelischen Verteidigungsstreitkräfte“, kommentierte Arye Sharuz Shalicar, „sage ich: die Eliminierung Nasrallahs ist zu 100 Prozent im Interesse Israels. Und nicht nur Israels.“ Frank Müller-Rosentritt (FDP) nannte Baerbocks Entgleisung „absolut anmaßend“, und selbst Marie-Louise Beck (Grüne) war entsetzt. Die Jüdische Studierendenunion konstatierte: „Die deutsche Staatsräson ist zur leeren Floskel geworden.“ Man blicke „mit zunehmender Sorge und Ernüchterung auf die Entwicklungen im Auswärtigen Amt“ Die Bundespolitik stehe Terrorgruppen wie der Hamas, der Hisbollah im Libanon, den Huthi in Jemen und dem Iran „zunehmend apologetisch“ [verteidigend, rechtfertigend, Anm. d. Red.] gegenüber.
Dass der Iran jüngst 181 ballistische Raketen auf Israel abfeuerte, verurteilte Baerbock „aufs Allerschärfste“. Das war es dann aber auch.
Nicht einmal die deutschen Geiseln, die sich noch in irgendeinem Tunnel im Gazastreifen in der Gewalt der Hamas befinden, finden in Deutschland Beachtung. Das Auswärtige Amt sprach anfangs teilnahmslos von einer „niedrigen zweistelligen Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug“, die verschleppt worden waren (es handelte sich wohl um etwa 30 Menschen), etwa zehn werden noch immer dort festgehalten. Es nimmt nicht wunder, dass ihre Namen und ihre Gesichter unbekannt bleiben. Nur im Fall der ermordeten Shani Louk kam man nicht darum herum, ein Opfer wenigstens zu benennen.
Eines ist wahr: Dass sich die deutsche Solidarität in Sonntagsreden erschöpft, ist kein ganz neues Phänomen. Schon Merkels Mann bei der UN, Christoph Heusgen, fiel nicht eben mit einer positiven Haltung zu Israel auf. Als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz bezeichnete er das Blutbad vom 7. Oktober kalt als „Hamas-Aktion“, warnte vor einer Überreaktion der Israelis aus „Zorn und Hass“ und teilte die Ansicht von UN-Chef Antonio Guterres, dass sich der Terror gegen Israel „nicht im luftleeren Raum“ ereignet habe.
Christoph Heusgen hält mit seiner antiisraelischen Einstellung nicht hinterm Berg.
Mit Annalena Baerbock im Außenministerium, die wie zum Hohn darauf besteht, eine „wertebasierte Außenpolitik“ zu betreiben, ist die Haltung gegenüber Israel allerdings noch fragwürdiger geworden. „Auf Deutschland kann sich der jüdische Staat nicht verlassen“, resümiert der bereits erwähnte Remko Leemhuis in der Jüdischen Allgemeinen.
Tatsächlich kann man das, was das Auswärtige Amt in Sachen Israel sagt und tut, Freunden dort schon lange nicht mehr erklären. Baerbocks Einfluss auf die israelische Politik ist allerdings ohnehin gleich null, man nimmt sie in Jerusalem schlicht nicht ernst. Uns bleibt nur die Scham, von dieser Frau in der Welt vertreten zu werden.
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