Ein letztes Rumstammeln bei Lanz: Der unwürdige Abgang des Robert Habeck

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Robert Habeck macht sich vom Acker. Die Politik ist ihm zu profan, es locken ein Lehrauftrag an der Berkeley-Universität in den USA und andere feine Aufgaben. Was genau, will er nicht verraten. Warum er geht, kann er auch nicht richtig sagen. Zumindest braucht er Ewigkeiten für jeden einzelnen Gedanken. Er stammelt, stockt und stottert, theoretisiert und philosophiert herum, dass es eine wahre Folter ist.

Diese 75 Minuten Lanz sind so schlimm, dass es irgendwann sogar Habeck selbst zu viel wird. Sein Ringen nach Worten, die permanente Pflege seines Leidens-Habitus’ – der stets Unverstandene, der auch heute Abend nicht verstanden wird, der Heulbutt von der Waterkant – das macht ihm selbst derart zu schaffen, dass er Lanz irgendwann anfleht: „Vielleicht nehmen Sie Herrn Masala auch mal dran.“ Der umstrittene Kriegsexperte sitzt da schon eine Dreiviertelstunde am anderen Ende und klackert mit den Sporen.

Bis dahin hat Habeck alles gegeben. Das ist, wie man es von ihm so kennt, substanziell wenig bis nichts, aber alles verpackt in fluffige Floskelwolken, öde Stammelei und gestelzte Phrasen. Es sei ein „klarer Cut“, sagt er, ein „Aufbruch in was Neues“. Was er jetzt plane? „Da lang, da lang, da lang, stehenbleiben.“ Das glaubt man ihm sofort. Mit Stillstand kennt sich ganz Deutschland aus, seit er am Ruder war.

Was sehr deutlich wird an diesem Abend: Habeck ist sauer und enttäuscht. Dass er nicht Kanzler geworden ist und dass er in Berlin nichts mehr werden kann. Er sagt es unverblümt: „In der Politik sein, ohne in der Politik zu sein“, sei jetzt sein Ziel. Das habe Vorteile: Denn man müsse sich nicht mehr an die Parteilinie halten. „Ich höre ja nicht auf, als politisches Wesen zu existieren, will aber auch was zu sagen haben.“

„Man könnte auch sagen, Sie haben keinen Bock auf zweite Reihe“, sagt Lanz. Habeck streitet das ab. Aber er kann einfach schlecht lügen.

Schon vor einigen Tagen hatte er in einem Interview mit der linken „Taz“ das Feuer eröffnet. Offenbar gezielt, um sich noch einmal in die Schlagzeilen zu bringen und den abendlichen Stuhl bei Lanz zu buchen. Er beleidigte in jenem Interview gleich mehrere ehemalige Kollegen. Markus Söder warf er „fetischhaftes Wurstfressen“ vor und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, sie würde das Land spalten. Vielleicht ist es das, was er meint, wenn er nun bei Lanz ankündigt, er wolle künftig „außerhalb des Erwartungsraums agieren“.

Melanie – „Davon höre ich zum ersten Mal“ – Amann ist an diesem Abend überraschenderweise ein bisschen auf Krawall gebürstet. Die stellvertretende Chefredakteurin der von Bill Gates finanzierten Illustrierten „Der Spiegel“ geht mit Habeck ungewohnt hart ins Gericht. Bisher feierte sie ihn stets als äußerst charismatischen Politiker, dessen Charme man sich gar nicht entziehen könne. Mittlerweile hat sie sich offenbar recht erfolgreich entzogen. So erfolgreich, dass der Zuschauer ins Grübeln kommt: Hat der knuffige Habeck der Spiegel-Redakteurin irgendwann mal einen Korb gegeben? Sie kritisiert ihn jedenfalls ungewohnt hart: „Es ist widersprüchlich, wenn Sie sagen, ich hab ein Angebot gemacht, das wurde nicht angenommen, und deswegen ist jetzt die logische Folge, dass ich komplett rausgehe.“

„Da gibt es auch Leute, die das besser können als ich.“

Sie setzt nach: „Es gibt ja einen Mittelweg zwischen beleidigte Leberwurst sein, als Gespenst über den Gang laufen und, weiß nicht, eine neue grüne Sozialpolitik entwickeln, eine neue grüne Finanzpolitik als Hauptmatador.“ Habeck grübelt, will losstammeln, doch Amann ist noch nicht fertig: „Stattdessen gehen Sie ganz raus. Und das dann noch zu verkaufen als Dienst an der Demokratie oder als Beitrag zum Kampf für die liberale Demokratie! Also da wäre ich, wäre ich Grünen-Mitglied, wahnsinnig enttäuscht.“

Habeck hat noch mehr Mühe als sonst, heute Abend die rechten Worte zu finden. Sein vielleicht wichtigster Satz lautet: „Da gibt es auch Leute, die das besser können als ich.“ Hätte er das doch nur schon früher erkannt. „Das, was ich angeboten habe, ist hier in eine Sackgasse geraten.“ Er könne „nicht den Beitrag leisten, den ich eigentlich leisten will“. Deshalb müsse er sich zurückziehen. Lanz hat die entscheidende Gegenfrage: „Haben Sie mal überlegt, den Wählern das vorher zu sagen?“

Kurzzeitig gerät die Runde in eine Generalkritik am Parteiensystem. Als Minister sei man zu sehr „der Denkschule der eigenen Partei verpflichtet“, sagt Habeck. Man sei nicht Minister Deutschlands sondern der Partei. Das finde er schlimm, denn „wir sind nicht dazu da, unserer Partei permanent gefällig zu sein“. Auch Carlo Masala empfiehlt, dass zumindest das Amt des Außenministers „der Parteilogik entzogen sein“ müsse.

Laut Habeck könne eine Lösung sein, dass jeder, der in ein Amt gewählt wurde, automatisch auf eine Wiederwahl verzichten müsse. Das ist in der Tat eine uralte Idee der Grünen. Sie wurde allerdings sofort verworfen, als die ersten Grünen tatsächlich in Ämter gewählt wurden …

Was sonst noch geschah: Habeck warnt vor der Abschaffung der Demokratie, nennt Ungarn als Beispiel und spricht von „totalitären Regierungen, die an uns herumzerren“. Und Masala warnt vor Putin, der nach der Ukraine bestimmt bald das Baltikum ins Visier nimmt.

Also alles wie immer. Nur schlimmer.

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