Ein Pakt der Panik

vor etwa 9 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Allein der Aufmarsch der Delegation von US-Präsident Donald Trump war großes Kino: In Dutzenden Golfbuggys schob sich die Trump-Armada am Sonntag über das Grün seines schottischen Golf-Resorts in Turnberry, bevor der Präsident EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu den finalen Zoll-Verhandlungen antreten ließ.

Angeführt von Präsident Trump fährt die Golfcart-Flotte über den Platz.

Ort und Umstände für sich genommen, werfen ein Schlaglicht auf das Kräfteverhältnis in diesem Zollstreit: Trump entspannt beim Golfen, lädt die vermeintliche Weltmacht Europa zu sich nach Hause ein. Wird sonst vom politischen Protokoll penibel darauf geachtet, dass beide Seiten auf Augenhöhe sprechen, man notfalls an neutralen Orten spricht und jede Seite ihr Gesicht wahrt, so lässt Trump von der Leyen einfach zu sich nach Schottland kommen, dem „besten Golf Ressort der Welt“, wie er beiläufig einfließen lässt.

Von der Leyen immerhin erhält einen Handschlag für einen Deal, der eigentlich ein Diktat ist. 15 Prozent Zoll auf die meisten EU-Produkte, null Prozent Zoll für US-Einfuhren nach Europa. Die EU sicherte Trump außerdem zu, bis zum Ende seiner Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren.

Handschlag nach dem Deal. Ursula von der Leyen spricht von dem größten jemals geschlossenen Deal für beide Seiten.

Dann hält er der EU-Kommissionspräsidentin minutenlang einen Vortrag, in dem er die Windrad-Politik Deutschland zerlegt, als das Dümmste und Sinnloseste geißelt, was er je gehört habe. Energie sollte Wohlstand schaffen und keine Subventionen benötigen, sagt er, weshalb es das mit ihm in den USA nicht geben werde.

„Ich begrüße die Einigung zwischen Ursula von der Leyen und Donald Trump in den Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten“, lässt Kanzler Friedrich Merz (CDU) mitteilen. „Es ist gut, dass Europa und die USA sich geeinigt haben und so eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermeiden.“ Botschaft: Ein Deal ist besser als kein Deal. Hauptsache Deal.

Kanzler Merz verteidigt den Deal zwischen den USA und der EU.

Ein Sound, den Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille am Montag in der Bundespressekonferenz wie ein Mantra wiederholt. „Versteht die Bundesregierung, was da beschlossen wurde“, wollte NIUS wissen. „Eine Verständigung zu haben, ist besser, als keine Verständigung zu haben.“ Wer kauft und bezahlt die versprochenen Gas- und Öl-Käufe? Wie passen diese Käufe zu den EU-Bemühungen, klimaneutral zu werden? Gerade noch wollte sich Europa unabhängig machen von amerikanischen Waffensystemen, jetzt sagt man milliardenschwer Rüstungsgeschäfte zu. Wie passt das zusammen? „Über allem steht, dass eine weitere Eskalation, ein Handelskrieg vermieden werden konnte, dem haben wir unsere Linie untergeordnet“, sagt Hille.

Und auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) pflichtet bei: „Es ist wichtig, dass eine Einigung erreicht wurde. In diesen herausfordernden Zeiten ist Sicherheit und Verlässlichkeit für die weiteren Handelsbeziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten wichtig. Das Abkommen ist für unsere Wirtschaft herausfordernd, aber es gibt Sicherheit.“

Mit anderen Worten: Nach all der wortgewaltigen Empörung über Trump und seine Zölle, nach den Drohungen aus Brüssel und den EU-Hauptstädten hat Europa einen Deal um jeden Preis abgeschlossen. Die flaue Hoffnung im Hintergrund: Wenn der sprunghafte Präsident erst einmal besänftigt ist, kann man bei den Detail-Verhandlungen noch sehen, was sich rausholen oder abmildern lässt. Prinzip Hoffnung und Verhandlungen aus einer Panik-Position.

Oder um es mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zu sagen: „Präsident Donald Trump hat Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Frühstück verspeist.“

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