
Suleiman Ataee, der im Mai 2024 Islamkritiker Michael Stürzenberger angegriffen und einen Polizisten getötet hat, saß am Donnerstag auf der Anklagebank des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim. Das Gericht versuchte herauszufinden, was den Angreifer zu dieser Tat bewegt hat. Ein LKA-Beamter schilderte den Weg in die Radikalisierung des Attentäters. Wie sich herausstellte, zeichnete sich diese schon Monate vor dem Angriff ab.
Es waren schockierende Bilder. Islamkritiker Michael Stürzenberger befand sich an seinem Infostand auf dem Mannheimer Marktplatz. Unbemerkt näherte sich ein Mann mit langem Bart, tippte unauffällig auf seinem Handy. Dann ging er auf die Aussteller los. Blutrünstig stach er mehrmals heftig auf ein Teammitglied und auf Stürzenberger ein. Auch einen Polizisten griff er nach deren Eintreffen an. Es war der Polizist Rouwen Laur. Suleiman Ataee rammte das Jagdmesser in den Hals des 29-Jährigen. Er verstarb wenige Stunden darauf im Krankenhaus. Stürzenberger kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in der Brust, im Oberschenkel und im Gesicht davon.
„Darf ich auch Ungläubige töten?“ Diese Frage soll er sinngemäß einem IS-Prediger gestellt haben. Dieser erwiderte, dass jeder Moslem sogar die Pflicht habe, das zu tun, „wenn die etwas gegen den Islam tun“. Im weiteren Verlauf soll er ihn weiter bestärkt haben. Ataee habe ihm vertraut. Die Ermittler versuchten, die Radikalisierung des Attentäters nachzuvollziehen. Schon 2021 soll er zunehmend auf Ansprachen von Talibanführern und IS-Funktionären zugegriffen haben.
Daraufhin beschäftigte er sich auf Telegram mit Chats mit „radikalen Tendenzen im Islam“. Auf seinem YouTube-Kanal hat er Videos des afghanischen Terror-Predigers Ahmad Zahir Aslamiyar hochgeladen. Bei der Auswertung privater Chats des späteren Attentäters fanden die Ermittler zudem „sehr detailliert inszenierte Gewaltszenen, bis hin zu gefilmten Enthauptungen“. Ein konkreter Kontakt zu IS-Anhängern konnte laut dem Vorsitzenden Richter noch nicht nachgewiesen werden.
Ataee ging sehr gezielt vor. Er beseitigte am Tattag sein Handy. Unmittelbar vor der Tat schaute er sich islamistische Botschaften und ein Bild seiner Tochter an. Anschließend entfernte er seine SIM-Karte und versuchte, Chats zu löschen. Nachdem die Polizisten ihn niedergeschossen hatten, wollte er nicht ins Krankenhaus. Er wollte seine Mission zu Ende bringen. Suleiman Ataee befand sich neun Jahre illegal in Deutschland. Sein Asylantrag wurde 2014 abgelehnt. 2023 erhielt er einen Aufenthaltstitel, weil er ein Kind mit einer deutschen Staatsangehörigen bekommen hatte.