
Deutschland zahlt hunderte Millionen Euro Entwicklungshilfe an Afghanistan, die ausdrücklich für Projekte zugunsten von Frauen und Mädchen bereitgestellt werden. Nun sind mehr als 2.200 Menschen bei einem verheerenden Erdbeben im Osten des Landes ums Leben gekommen. Unfassbar: Frauen und Mädchen werden teilweise nicht aus den Trümmern geborgen und erhalten kaum Zugang zu medizinischer Hilfe, da die Geschlechtertrennungsvorschriften der Taliban den Helfern verbieten, sie zu berühren.
Wie die Deutsche Welle berichtet, haben Frauen aufgrund kultureller Normen und mangelnder weiblicher Helfer kaum Zugang zu medizinischer Versorgung oder Notunterkünften. Viele Hilfsorganisationen dürfen nur eingeschränkt mit weiblichem Personal arbeiten, weswegen Frauen und Mädchen nicht versorgt werden. In den betroffenen Gebieten, insbesondere in der Provinz Herat, sind viele Familien obdachlos.
Laut New York Times sorgen die strengen religiösen Vorschriften zudem dafür, dass Frauen kaum aus den Trümmern geborgen und behandelt werden, da das Personal fast ausschließlich männlich ist und die Taliban Hautkontakt zwischen Männern und Frauen, die nicht miteinander verwandt sind, verbieten. Betroffene dürfen nur von ihren Vätern, Brüdern, Söhnen oder Ehemännern geborgen werden.
Ein Mann wird aus den Trümmern geborgen.
Laut Tahzeebullah Muhazeb, der als Freiwilliger in die Provinz Kunar gereist ist, hätten Rettungskräfte tote Frauen an ihrer Kleidung unter den Steinen hervorgezogen, um eine direkte Berührung zu vermeiden. „Es fühlte sich an, als wären die Frauen unsichtbar“, sagte Muhazeb der New York Times. „Die Männer und Kinder wurden zuerst behandelt, aber die Frauen saßen abseits und warteten auf die Behandlung.“
Internationale Organisationen kritisieren, dass die Taliban die Verteilung von Hilfsgütern zentral kontrollieren, was die Lage verschärft.
Verstörend: Afghanistan, das seine weibliche Bevölkerung systematisch unter Trümmern sterben lässt, erhält hunderte Millionen Euro aus Deutschland!
Bei dem schweren Erdbeben in Afghanistan, das am 31. August 2025 im Osten des Landes (in der Nähe von Dschalalabad) mit einer Stärke von 6,0 stattfand, starben nach den neuesten verfügbaren Angaben der Taliban-Regierung mindestens 2.217 Menschen.
Auch wenn die Beträge nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 reduziert wurden: Deutschland hat seit 2001 erhebliche Summen für Afghanistan bereitgestellt: Rund 3,5 Milliarden Euro flossen bis 2021, ein großer Teil davon wurde für Entwicklungshilfe bereitgestellt. Seit 2021 konzentrieren sich die Zahlungen vor allem auf humanitäre Unterstützung – unter der Bedingung, dass Projekte von Frauen mitgestaltet werden und sie auch erreichen.
2022 überwies das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 187 Millionen Euro, 2023 wurden 104 Millionen Euro aus dem BMZ-Haushalt bereitgestellt. 2024 flossen dann 76 Millionen Euro. Insgesamt überwies Deutschland seit der Machtübernahme der Taliban bis einschließlich 2024 etwa 364 Millionen Euro an das Land, wobei die Mittel zumindest vorgeblich über internationale Organisationen (z.B. UN, Weltbank) und Nichtregierungsorganisationen verteilt wurden.
Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Reem Alabali-Radovan (SPD).
Doch: Warum überweist die Regierung nach wie vor Millionen an ein Land, das seine Frauen aufgrund von religiösen Vorschriften unter Trümmern sterben lässt?
NIUS fragte beim Ministerium von Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) und beim Auswärtigen Amt von Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach: Wie bewerten sie das Vorgehen der afghanischen Hilfskräfte? Und: Werden auch künftig weiter Zahlungen bereitgestellt, obwohl diese die Situation der hilfsbedürftigen Bevölkerungsgruppe der Frauen offensichtlich nicht verbessern?
In einer gemeinsamen Antwort heißt es: „Die Bundesregierung leistet in Afghanistan wo immer möglich humanitäre Hilfe ausschließlich regierungsfern und über internationale Organisationen. Nach dem internationalen Geberkonsens leistet die Bundesregierung Hilfe nur dort, wo Frauen und Kinder erreicht werden können. Uns sind entsprechende Medienberichte bekannt. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor.“
Mehr NIUS: UN: Frauenrechte in Afghanistan werden systematisch ausgelöscht