Es geht um Brennstäbe und das Atom-Aus: Diese Schwärzung ist eine Bombe für Habeck

vor 5 Monaten

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Die Liste der scheinbaren Argumente, die Robert Habeck vorgetragen hatte, um eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu verhindern – und die sich als falsch oder manipuliert herausstellten – wird immer länger. Nicht nur hätte ein Fortbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke die Strompreise gedrückt, er hätte Deutschland als Volkswirtschaft auch viele Hundert Milliarden Euro bringen können und wäre zudem unter höchsten Sicherheitsstandards möglich gewesen.

Neue Dokumente, die Habeck nur nach einer Klage des Magazins Cicero und mit zahlreichen Schwärzungen herausgeben wollte, werfen nun einen brisanten Blick auf das Vorgehen des Noch-Wirtschaftsministers und wie Habecks Ministerium verschleiern wollte, dass die deutschen Atomkraftwerke auch mit neuen Brennstäben noch viel länger hätten betrieben werden können.

Es geht um ein Schreiben aus dem August 2022, Absender ist Dr. Georgios Stamatelopoulos, der Chef des Energieversorgers EnBW. Es ist die Zeit des sogenannten „Stresstests“, der die Frage klären sollte, ob in Deutschland trotz der hohen Gaspreise nach Ausbruch des Ukrainekrieges die Energiesicherheit gewährleistet ist. Der EnBW-Chef gab Auskunft darüber, was sein Kernkraftwerk mit den restlichen Brennstäben noch an Stromproduktion beitragen könnte. 67 Prozent der Leistung, also etwas mehr als 800 Megawatt seien im Streckbetrieb möglich, am Ende nur noch 30 Prozent, heißt es da.

In dieser geschwärzten Form wurde das Schreiben des EnBW-Chefs nach Klage an den Cicero herausgegeben.

Dann heißt es in dem Brief, den Stamatelopoulos an den inzwischen gefeuerten Habeck-Staatssekretär Patrick Graichen adressiert hatte, wörtlich: „Darüber hinaus, und falls die Bundesregierung auch Überlegungen in diese Richtung anstellt, möchten wir Sie informieren ...“ – an dieser Stelle bricht der Satz ab, die Schwärzung aus Habecks Ministerium setzt ein, der Rest des Textes ist nicht lesbar. Die Zusatz-Information des EnBW-Chefs ist nicht zu erkennen, sie soll – so wohl der Wille von Habecks Ministeriums-Spitze – die Öffentlichkeit nicht erreichen. Jedenfalls sollen die Cicero-Journalisten die Textstelle nicht lesen können.

Im Untersuchungsausschuss des Bundestages erhalten die Abgeordneten jedoch tiefere Akteneinsicht als klagende Pressevertreter, auch in das ungeschwärzte Schreiben des EnBW-Chefs.

Brisant ist, was dort in Gänze steht!

Der angefangene Satz „Darüber hinaus, und falls die Bundesregierung auch Überlegungen in diese Richtung anstellt, möchten wir Sie informieren ...“, wird ergänzt durch die Information: „..., dass der EnBW Kernkraft GmbH zwischenzeitlich auch Erkenntnisse vorliegen, dass eine Lieferung neuer Brennelemente, eine sehr zeitnahe Beauftragung vorausgesetzt, bereits im 1. Halbjahr 2023 möglich sein könnte.“ Und mit den neuen Brennstäben sei dann auch ein Weiterbetrieb unter Volllast (1400 Megawatt brutto) bis ins Jahr 2024 möglich, heißt es weiter.

Durch den Untersuchungsausschuss des Bundestages kam nun das ungeschwärzte Original an die Öffentlichkeit.

Das heißt: Der Chef des Energie-Riesen EnBW hatte dem Habeck-Ministerium angeboten, dass man – mit Erlaubnis des Ministeriums – schnell neue Brennstäbe beschaffen könne, um mindestens ein weiteres Jahr sicheren, günstigen und sauberen Atom-Strom zu produzieren.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verweist auf NIUS-Anfrage auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, die geschwärzt worden wären, denen der Antragssteller, also Cicero, grundsätzlich zugestimmt hätte. Eine Begründung, warum der Hinweis auf die Möglichkeit, zeitnah Brennstäbe zu besorgen, ein Geschäftsgeheimnis sein könnte, erfolgte nicht.

Bemerkenswert: Als die ersten Enthüllungen des Cicero im April dieses Jahres öffentlich wurden, hatte sich Habeck noch mit den Aussagen der Kraftwerksbetreiber verteidigen wollen.

Diese hätten ihm im März 2022 mitgeteilt, dass die Brennelemente, um die Atomkraftwerke zu betreiben, „ausgelutscht“ gewesen seien. „Das ist auch dokumentiert und schriftlich vorlegbar, dass diese auch beantwortet wurden“, so Habeck weiter. Von den Dokumenten, die Angebote und die Möglichkeit enthalten, neue Brennelemente zu beschaffen und die Kraftwerke noch länger zu betreiben, sagte Habeck nichts.

Die Pressestelle von Habecks Ministerium verweist an dieser Stelle an ein Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Stefan Wenzel an den Bundestag vom 1. Juni 2024. Dieser hatte dem Bundestag mitgeteilt, dass einzelne Kraftwerksbetreiber im Sommer 2022 signalisiert hatten, „dass es bei der Bestelldauer für Brennelemente weitere Beschleunigungsmöglichkeiten gebe“, wie es wörtlich heißt. Was die Information des Bundestages mit einem geschwärzten Dokument aus dem August 2022 zu tun hat, nachdem der Cicero Monate zuvor bereits berichtet hatte, erläuterte die Pressestelle nicht.

Auch die EON-Tochter „Preussen Elektra“, die das Kernkraftwerk Isar 2 betreibt, hatte in einem Schreiben an Habecks Ministerium von einem „ausreichenden Zeitrahmen“ gesprochen, „um frische Brennelemente zu beschaffen“. Mit ihnen wäre ein Weiterbetrieb auch im Winter 2023/24 möglich gewesen, heißt es weiter.

Auch die EON-Tochter „Preussen Elektra“ sprach in diesem Schreiben an Habecks Ministerium von einem „ausreichenden Zeitrahmen“, „um frische Brennelemente zu beschaffen“.

Alles Informationen, die erst durch den Untersuchungsausschuss des Bundestages das Licht der Öffentlichkeit erblickten und die Vertuschungs-Versuche aus Habecks Ministerium scheitern ließen.

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