
In Wien treffen sich heute, Donnerstag, hochrangige Vertreter der reichsten EU-Staaten, um ihre Positionen für die bevorstehenden Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) abzustimmen – in dem Meeting soll ein Pakt gegen die „ärmeren“ EU-Nationen geschlossen werden, die noch mehr Ausgaben fordern.„“
Es ist das erste Mal, dass Länder wie Deutschland, Frankreich, Schweden, die Niederlande und andere nördliche Nettozahler hinter verschlossenen Türen gemeinsam eine Strategie entwickelten – mit dem Ziel, als geschlossener Block in die kommenden Auseinandersetzungen mit den sogenannten „Freunden der Kohäsion“ aus Süd- und Osteuropa zu ziehen.
Der Streit dreht sich um den Entwurf der EU-Kommission für den Haushalt 2028 bis 2034, der ein Volumen von 1,816 Billionen Euro vorsieht. Während die Nettozahler – darunter auch Österreich und Deutschland – ein schlankeres Budget fordern, setzen Länder wie Polen, Italien und Spanien auf höhere Ausgaben, insbesondere für Agrarsubventionen und Strukturhilfen für ärmere Regionen.
Solche Frontenbildungen sind nicht neu. Schon bei früheren Budgetrunden schlossen sich gleichgesinnte Länder zusammen, um gemeinsame Forderungen zu formulieren, Aufgaben zu verteilen und Einfluss auf die Kommission auszuüben. „Das ist wie im Fußball eine Standardsituation – völlig normal“, erklärte ein Insider aus Brüssel gegenüber Politico. Am Ende seien es jedoch meist Deutschland und Frankreich, die den entscheidenden Rahmen aushandelten, dem andere folgten.
Dennoch gibt es Uneinigkeit innerhalb der Lager: Frankreich etwa unterstützt die Linie der Ausweitung der EU-Schulden und höhere Agrarsubventionen, während die Niederlande solche Ideen strikt ablehnen. Umgekehrt liegen Paris und Warschau bei der Landwirtschaftspolitik näher beieinander als Frankreich mit manchen eigenen Partnern.
Auf der Gegenseite übernehmen traditionell Polen und Ungarn die Führungsrolle, doch das einstige Tandem ist angeschlagen. Wegen der autoritären Politik Viktor Orbáns blockiert Brüssel seit Jahren Milliardenhilfen an Budapest. Dadurch gewinnen Mittelmeerstaaten wie Italien oder Spanien innerhalb der Kohäsionsallianz an Gewicht. Erst Anfang September hatte Malta ein Koordinationstreffen für dieses Lager organisiert, um die technischen Vorverhandlungen vorzubereiten.
Auch die EU-Kommission verfolgt eine klare Strategie. Haushaltskommissar Piotr Serafin, ein erfahrener Diplomat aus Polen, will verhindern, dass sich die Lager zu stark verhärten. Sein Ziel ist es, die Mitgliedstaaten einzeln anzusprechen und Spaltungen innerhalb der Blöcke auszunutzen, um den ursprünglichen Haushaltsentwurf so weit wie möglich durchzubringen.
Dass die Verhandlungen hart und emotional werden, gilt als sicher. Doch Beobachter sind überzeugt, dass am Ende wie immer ein Kompromiss stehen wird. „Dieses Budget wird nicht in der Form verabschiedet, wie es die Kommission vorgeschlagen hat. Aber es wird ein Ergebnis geben – das war bisher immer so und wird auch diesmal so sein“, sagte Stefan Imhof vom österreichischen Finanzministerium.
Damit zeichnet sich ab: Der Poker um das EU-Budget ist eröffnet – und Wien ist nur der Auftakt zu zwei Jahren intensiver, oft erbitterter Verhandlungen, bei denen es um Milliarden für Regionen, Landwirtschaft, Forschung und die künftige Ausrichtung Europas geht. Und um die Summen, die Nettozahler wie Österreich und Deutschland künftig zu leisten haben.