
Deutliches Signal der EU-Kommission in Richtung Silicon Valley und Washington: Wegen Wettbewerbsverstößen im digitalen Werbegeschäft muss der US-Technologieriese Google 2,95 Milliarden Euro zahlen. Die Brüsseler Behörde wirft dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung seit Jahren missbraucht zu haben, um eigene Dienstleistungen im Bereich der Onlinewerbung systematisch zu bevorzugen.
Die Entscheidung kommt nicht nur einem massiven Eingriff in das Geschäftsmodell von Google gleich, sondern liefert zugleich neuen Zündstoff im ohnehin angespannten Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten.
US-Präsident Donald Trump reagierte prompt – er ist wütend. Auf seiner Plattform Truth Social bezeichnete er die Entscheidung als „unfair“ und kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. Sollte die Strafe bestehen bleiben, drohe er, ein Verfahren nach Paragraf 301 einzuleiten, das Strafzölle oder andere handelspolitische Maßnahmen gegen die EU ermöglichen würde.
Die Auseinandersetzung reiht sich ein in eine Serie von Konflikten, die transatlantische Beziehungen in den vergangenen Monaten belastet haben. Trump hatte die EU bereits zuvor scharf kritisiert und mehrfach damit gedroht, europäische Staaten mit Zöllen zu belegen, wenn sie US-Tech-Konzerne stärker regulieren. Besonders im Fokus steht dabei die strenge europäische Digitalgesetzgebung, die Plattformen wie Google, Meta oder Amazon stärker zur Verantwortung zieht – etwa beim Umgang mit Falschinformationen.
Nach Angaben der Kommission verstößt Googles Praxis klar gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Das Unternehmen agiere als Schaltstelle zwischen Werbetreibenden und Plattformen, die Werbeflächen anbieten – und nutze diese Doppelrolle, um das eigene Geschäft zu stärken. „Google muss endlich aufhören, sich selbst zu bevorzugen“, erklärte Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera. Sie deutete an, dass notfalls ein Verkauf von Teilen des Werbegeschäfts notwendig sein könnte, um die strukturellen Probleme zu beheben.
Google hingegen weist die Vorwürfe entschieden zurück. Unternehmenssprecherin Lee-Anne Mulholland sprach von einer „falschen Entscheidung“ und kündigte Berufung an. Insidern zufolge prüft der Konzern ohnehin bereits, ob eine Abspaltung bestimmter Bereiche – auch in den USA – sinnvoll wäre.
Dass die Strafe gerade jetzt verhängt wurde, hat auch eine politische Dimension. Noch vor wenigen Tagen hieß es, Brüssel wolle die Entscheidung vertagen, um die Spannungen mit Washington nicht zu verschärfen. Dass die EU nun doch den harten Kurs wählt, dürfte nicht zuletzt als Botschaft an Trump zu verstehen sein: Europa will sich nicht erpressen lassen. Ob diese Position zu halten ist, wird sich schon in den nächsten Tagen zeigen.
An den Finanzmärkten blieb die Aufregung bislang aus. Die Aktie der Google-Mutter Alphabet legte nach Bekanntgabe der Strafe sogar leicht zu. Analysten führen dies darauf zurück, dass die Investoren in dem Urteil eher ein absehbares Risiko sehen – und dass Google im Kerngeschäft, der Werbung auf eigenen Plattformen, ohnehin kaum bedroht ist.