EU-Regeln verbieten Neuverschuldung – Finanzministerium beantragt „Ausweichklausel“

vor etwa 6 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Apollo News

Um die Schuldenpläne von Union und SPD zu ermöglichen, hat Finanzminister Jörg Kukies eine Ausnahmeregelung bei der Europäischen Union beantragt. Die geplante Neuverschuldung begründet der SPD-Politiker mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine – die bislang von Union und SPD geplanten Schulden sollen aber zunächst in Höhe von 500 Milliarden Euro für das Sondervermögen Infrastruktur aufgewendet werden.

Deutschland muss bei der EU um die Aktivierung der „Nationalen Ausweichklausel“ bitten, weil die Neuverschuldung von Staaten im Stabilitäts- und Wachstumspakt gedeckelt ist: Haushaltsdefizite dürfen nicht die Drei-Prozent-Marke überschreiten. Zuletzt hatte auch die Brüsseler Denkfabrik Bruegel eine Auswertung veröffentlicht, in der sie zu dem Schluss kam, Deutschland könnte die neuen Schulden möglicherweise wegen der EU-Regeln gar nicht nutzen.

Denn dafür braucht es einen Haushaltsüberschuss, sodass aufgenommene Schulden an anderen Stellen ausgeglichen werden können (Apollo News berichtete). Mit der jetzt von Kukies beantragten Klausel könne Deutschland diese Grenze jedoch umgehen. Zuletzt hatte sich die EU-Kommission im Rahmen des „Rearm Europe“-Programms dafür offen gezeigt, wenn die Staaten die Sonderregel nutzen, um 1,5 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts in den kommenden vier Jahren für Verteidigungsausgaben auszugeben.

In Kukies‘ Antrag, der auf den vergangenen Donnerstag datiert ist und Table.Media vorliegt, begrüßt der Finanzminister das ausdrücklich und bittet jetzt „mit dem gleichen Ziel vor Augen“ um eine Ausnahme von der Defizitregelung für die Jahre 2025 bis 2028. Das argumentiert er auch mit dem „moderaten“ Verschuldungsniveau Deutschlands, das bei 62,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt.

Die durchschnittliche Verschuldungsquote liegt in der EU bei etwa 82 Prozent, in anderen großen Volkswirtschaften wie Großbritannien, Frankreich oder Italien beträgt die Verschuldung mittlerweile 100 Prozent, 114 Prozent und sogar 135 Prozent. Mit der Neuverschuldung dürfte die Quote in Deutschland auf über 90 Prozent ansteigen.

Neben den 500 Milliarden für Infrastruktur möchten Union und SPD auch zusätzlich Schulden in Höhe von 400 Milliarden, die an der Schuldenbremse vorbei für Verteidigungsausgaben genutzt werden sollen, aufnehmen. Insgesamt könnte die Grundgesetzänderung – die im März vom alten Bundestag verabschiedet wurde, um das Sondervermögen zu ermöglichen – eine Neuaufnahme von Schulden in Höhe von 1,7 Billionen Euro ermöglichen, errechnete Wirtschaftsexperte Tobias Hentze für das Institut der deutschen Wirtschaft (Apollo News berichtete).

Das wiederum könnte auch auf Europa Auswirkungen haben: Weil Deutschland durch die Neuverschuldung einen zumindest mittelfristigen finanziellen Vorteil gegenüber anderen Mitgliedsstaaten erhalten könnte, könnte die EU mit eigenen europaweiten Schulden reagieren, um auch anderen Ländern die Möglichkeit für mehr Ausgaben zu geben (mehr dazu hier).

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Apollo News

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Apollo News zu lesen.

Weitere Artikel