EU-Kommission droht Regierung Orbán wegen NGO-Gesetz – und offenbart die eigene Intransparenz

vor 21 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Am 7. April 2025 hat der Europäische Rechnungshof seinen 62 Seiten starken Sonderbericht Nr. 11/2025 vorgelegt. Der Titel des Sonderberichts lautet: „Transparenz der EU-Finanzierung für nichtstaatliche Organisationen: Trotz Fortschritten gibt es noch immer keinen verlässlichen Überblick“.

Hier die Kernaussage des Sonderberichts: Die EU-Kommission gab zwischen 2021 und 2023 3,4 Milliarden Euro direkt an NGOs und 1,4 Milliarden Euro indirekt über Durchführungspartner an 5.000 NGOs aus. Darunter 261 Millionen Euro als Beiträge zu deren Betriebskosten. Darüber hinaus gaben die Mitgliedstaaten an, Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) sowie dem EU-Asyl-, Migrations- und Integrations-Fonds (AMIF) in Höhe von 2,6 Milliarden Euro gebunden zu haben.

Wer die Begünstigten der in der Summe 7,4 Milliarden, also pro Jahr rund 2,5, sind, darüber schweigt sich der Rechnungshof, darüber schweigt sich vor allem die EU-Kommission aus. Kurz: Es gibt vermutlich eine Liste der geförderten NGOs, aber eben keine öffentlich einsehbare.

Anfragen des Autors dieses TE-Beitrages bei der Bürgerbeauftragten des EU-Parlaments, bei dem für Transparenz zuständigen EU-Kommissar und bei verschiedenen Fraktionen des EU-Parlaments förderten kaum Namen alimentierter NGOs zu Tage. Dabei kann man sich mit einer Anfrage dezidiert auf EU-Vertrag Artikel 15 (3) berufen. Wörtlich steht dort: „Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz (…) in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union (…). Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen gewährleisten die Transparenz ihrer Tätigkeit (…).“ Soso!

Der EU- Rechnungshof hat der EU-Kommission immerhin Empfehlungen übermittelt, wie die Transparenz im NGO-Dickicht erhöht werden kann. Die zentralen Empfehlungen des Rechnungshofes an die EU-Kommission lauten wie folgt. Erstens: Die Kommission sollte eine einheitliche Definition von NGO fördern, z.B. bezüglich der „staatlichen Unabhängigkeit“. Als Ziel für die Umsetzung schlägt der Rechnungshof das Jahr 2025 vor. Zweitens: Die Kommission sollte die Vollständigkeit und Aktualität dieser Angaben verbessern und auch Empfänger aufführen, die EU-Mittel in zweiter Instanz erhalten (Ziel: 2029). Und wie antwortet die EU-Kommission darauf? Die Kommission nimmt die Empfehlungen „teilweise“ an. Echt gönnerhaft!

Und dann der Hammer: Die Kritik des Europäischen Rechnungshofes an der skandalösen Intransparenz der Kommissionspolitik konnte nicht einmal verrauchen: Es gab keinen Rauch, weil der EU-Skandal der Milliardenverschwendung zugunsten von NGOs in der Haltungspresse nicht artikuliert wurde. Die EU-Kommission lieferte jedenfalls sofort den nächsten Skandal. Selbst ist sie nicht bereit, transparent aufzulisten, welche NGOs wann für welche Projekte Millionen und Abermillionen aus dem EU-Haushalt empfangen haben. Da mischt sich „Brüssel“ bereits in eine parlamentarische, überfällige Initiative des ungarischen Parlaments ein, mit der in das NGO-Geschehen und deren Finanzierung mehr Licht kommen soll.

Vergangene Woche hat die Regierung Orbán einen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht, der die Arbeit der NGOs und freier Medien im Kern transparenter machen würde. Die EU-Kommission hat Ungarn indes bereits vor der Verabschiedung dieses Gesetzes gewarnt. Sollte Ungarn diese Regelung umsetzen, wäre dies „ein schwerwiegender Verstoß gegen Prinzipien und Recht der EU“, erklärte die Kommission am Samstag, 24. Mai. Brüssel werde „nicht zögern, die notwendigen Schritte einzuleiten, wenn dieser Gesetzesentwurf verabschiedet wird“, hieß es weiter.

Was will Orbán? Er will für mehr „Transparenz im öffentlichen Leben“ sorgen. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Organisationen eine Genehmigung der Anti-Geldwäsche-Behörde einholen müssen, um Gelder aus dem Ausland erhalten zu können. Auch EU-Gelder? Ihre Bankkonten werden regelmäßig überprüft. Organisationen, die ausländische Gelder „zur Beeinflussung des öffentlichen Lebens“ nutzen und damit „die Souveränität Ungarns bedrohen“, sollen mit dem Gesetz auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Welche Organisationen es trifft, entscheidet die 2024 eingerichtete Behörde für Souveränitätsschutz, die bereits Ermittlungen gegen zahlreiche Organisationen wie Transparency International oder das Investigativ-Portal Atlatszo eingeleitet hat. Laut dem Gesetzentwurf gilt jede Organisation als Bedrohung, die in der ungarischen Verfassung festgeschriebene Werte wie die Ehe zwischen Mann und Frau „verletzt, negativ wiedergibt oder Maßnahmen dagegen fördert“.

Am 21. Mai nun forderte eine Gruppe von 26 Abgeordneten des EU-Parlaments die EU-Kommission dazu auf, die Überweisung jeglicher EU-Gelder an Ungarn auszusetzen, damit die Orbán-Regierung ihre Verstöße gegen das EU-Recht einstelle. Die Abgeordneten gehören den Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen an. Sie kritisieren, dass damit die Unabhängigkeit der NGOs eingeschränkt werde. Diese Argumentation wiederum ist die Lachnummer schlechthin. Wo man doch zur Genüge weiß, dass nicht wenige NGOs längst zu üppig alimentierten, monetär abhängigen Kofferträgern der Regierenden wurden.

Wundern wir uns bei so viel EU-Rabulistik noch, dass eine EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) trotz eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2025 weiterhin verschleiern will, wie es mit Pfizer ab 2021 zum Kauf von Millionen Corona-Vakzinen für einen zweistelligen Milliardenbetrag kam? Am 29. Mai übrigens bekommt „vdL“ den Aachener Karlspreis. Für welche Verdienste? Die Laudatoren Friedrich Merz und König Felipe von Spanien werden es uns haarklein erklären.

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