Europarat weist Forderung nach schärferen Abschieberegeln für kriminelle Migranten zurück

vor 4 Monaten

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Der Europarat kritisiert eine Initiative von neun EU-Staaten, die fordern, kriminelle Ausländer leichter abschieben zu können. In einem offenen Brief hatten die Staaten am Donnerstag erklärt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Menschenrechtskonvention zu weit auslege und damit Kompetenzen überschreite. Dadurch würde der nationale Handlungsspielraum eingeschränkt werden, heißt es in dem Brief. Die Urteile des EGMR sind bindend für die Mitgliedsstaaten. Die Unterzeichner fordern eine „neue und offene Diskussion über die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention“.

Der Europarat ist unabhängig von der EU und hat die Aufgabe, die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention in insgesamt 46 europäischen Ländern zu überwachen. Neben den 27 EU-Mitgliedsstaaten gehören dazu unter anderem Aserbaidschan, die Türkei oder Moldawien. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 von den Mitgliedern des Europarates gegründet und arbeitet auf Grundlage der Menschenrechtskonvention.

Zu den neun Unterzeichnern des offenen Briefes gehören die Länder Dänemark und Italien, Österreich, Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen. Die Initiative dazu war von Italien und Dänemark ausgegangen, wie Euractiv am 13. Mai berichtete. In dem Schreiben heißt es, dass sich die Welt stark verändert habe, seit die Menschenrechtskonvention eingeführt wurde. „Allerdings leben wir heute in einer globalisierten Welt, in der Menschen in einem völlig anderen Ausmaß über Grenzen hinweg migrieren.“

Angesichts von illegalen Migranten, die Straftaten begehen und sich in Parallelgesellschaften absondern, „besteht die Gefahr, dass dadurch die Grundlagen unserer Gesellschaften untergraben werden“. Zugleich wurde betont, dass legale Migranten, die arbeiten, einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. Die Staaten fordern eine Überprüfung, wie der EGMR die Menschenrechtskonvention auslegt.

„Ob der Gerichtshof in einigen Fällen den Geltungsbereich der Konvention im Vergleich zu den ursprünglichen Absichten der Konvention zu weit ausgedehnt und damit das Gleichgewicht zwischen den zu schützenden Interessen verschoben hat“. Die Unterzeichner sind der Ansicht, dass die Rechtsprechung des EGMR die Fähigkeit der Staaten, „politische Entscheidungen in unseren eigenen Demokratien zu treffen, eingeschränkt“ habe.

So habe es Fälle gegeben, in denen zugunsten krimineller Ausländer geurteilt wurde, die abgeschoben werden sollten. In anderen Fällen wurden den Staaten zu strenge Vorschriften gemacht, was die Ausweisung betrifft. Darum fordern die neun Staaten mehr nationale Entscheidungskompetenz. Darauf reagierte Alain Berset, der Generalsekretär des Europarates, in einer Pressemitteilung am Samstag.

„Die Wahrung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichtshofs ist unser Fundament. Debatten sind gesund, aber eine Politisierung des Gerichtshofs ist es nicht“, heißt es. Und weiter: „In einer Gesellschaft, in der Rechtsstaatlichkeit herrscht, sollte keine Justiz unter politischen Druck geraten“. Gerichtliche Institutionen müssten unabhängig von politischen Zyklen sein. Eine Ausrichtung nach „politischen Zyklen“ untergrabe die Stabilität. „Der Gerichtshof darf nicht als Waffe eingesetzt werden – weder gegen Regierungen noch von ihnen selbst“.

Weiter fordert er: „Angesichts der komplexen Herausforderungen der heutigen Zeit besteht unsere Aufgabe nicht darin, die Konvention zu schwächen, sondern sie stark und relevant zu halten“. Somit stehen sich zwei Perspektiven gegenüber. Eine Sprecherin des deutschen Justizministeriums sagte laut Stern, dass der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein hoher Stellenwert eingeräumt werde. „Und ich kann natürlich auch betonen, wir fühlen uns vollumfänglich an die Rechtsprechung des EGMR gebunden“, sagte sie.

2023 entschied der EGMR, dass Italien vier Sudanesen insgesamt 27.000 Euro für „moralische Schäden“ und weitere 4.000 Euro für zusätzliche Auslagen zahlen muss, wie es in einer Pressemitteilung hieß. Die vier Migranten waren 2016 nach Italien gekommen und sollten abgeschoben werden. Bei einer Leibesvisitation mussten sie sich vor anderen Migranten entkleiden und anschließend zehn Minuten nackt stehen bleiben. Das Gericht entschied, dass diese Behandlung über das vernünftige Maß hinausging.

Außerdem mussten die Sudanesen nach eigener Aussage während der heißesten Jahreszeit lange Busfahrten ohne ausreichend Wasser unternehmen, ohne dass ihnen gesagt wurde, wo es hinging. Das Gericht entschied, dass Italien in diesem Fall gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen habe. Einer der Sudanesen lebt mittlerweile in Deutschland, wie Euronews damals berichtete. Eine Abschiebung droht ihm nicht, weil er unter internationalem Schutz steht.

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