
Die evangelische Kita Badbergen, in der Nähe von Osnabrück, ist wegen ihres Sexualpädagogikkonzepts in die Kritik geraten. Wie die evangelische Zeitung idea berichtete, hieß es im Konzept, das auf der Internetseite der Kita veröffentlicht wurde: Die Kita verstehe „lustvolle Körpererfahrungen als Teil der Privatsphäre der Kinder“ und toleriere diese. Und weiter: „Kindliche Selbstbefriedigung wird unkommentiert beobachtet.“ Die fragwürdigen Formulierungen wurden inzwischen gestrichen, doch am Grundsatz des Konzepts ändert sich wenig, wenn man sich die überarbeitete Fassung durchliest.
Man werde Kinder bei Körperspielen nicht unterbrechen, hieß es in dem alten Konzept, damit diese eigene Körpererfahrungen machen können. Nachdem das Konzept auf breite Kritik gestoßen war, unter anderem durch die niedersächsische AfD-Abgeordnete Vanessa Behrendt, hat die Kita das Konzept überarbeitet. Der Kirchenkreis Bramsche ist Träger der Kita und wies die Kritik in einer Stellungnahme zurück. Der Kirchenkreis stehe „uneingeschränkt“ hinter dem Grundsatz der „Begleitung der sexuellen Bildung“.
„Wir bedauern jedoch, dass ein internes Fachkonzept ohne Kontext öffentlich zugänglich war und dadurch Missverständnisse entstanden sind“, heißt es weiter. Joachim Cierpka, der Superintendent des Kirchenkreises Bramsche, sagte laut NOZ: „Die Überarbeitung konzentriert sich auf die sprachliche Darstellung, um das Konzept auch ohne spezifische pädagogische Vorkenntnisse verständlich zu machen“.
Genau da liegt das Problem: Am Inhalt des Konzepts wurde wenig geändert. So wurde beispielsweise der Satz „Die Kinder entdecken ihre Genitalien als Lustquelle und deren Stimulation durch Berührung“, der sich auf 2-jährige Kinder bezieht, gestrichen. Statt „Doktorspielen“ ist nun von „Körpererkundung“ die Rede. Doch am Grundsatz, dass Babys von Geburt an sexuelle Wesen seien, hält die Kindertagesstätte auch in der aktualisierten Version des Konzepts fest.
Auf der Webseite der Kita heißt es unter dem Reiter „Sexualpädagogisches Konzept“: „Ein zentraler Baustein des Kinderschutzes ist ein Konzept zum Schutz vor Gewalt gemäß § 45 SBG Abs. 2 Nr. 4.“ Im Sozialgesetzbuch ist im betreffenden Absatz nur von einem Konzept zum „Schutz vor Gewalt“ die Rede, ohne dass dies weiter definiert wird. Die Kita verweist auf „die fachliche Orientierung des Landes Niedersachsen zur Erstellung eines Konzeptes zum Schutz vor Gewalt für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen“, an der man sich orientiert habe.
Im Leitfaden des niedersächsischen Landesjugendamtes, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht, heißt es, dass der Schutz vor Gewalt auch den Schutz vor sexualisierter Gewalt beinhalte. Deswegen „ist ein sexualpädagogisches Konzept ein elementarer Baustein der Prävention“. Bei der Erstellung eines Konzepts soll unter anderem folgende Frage bedacht werden: „Welche Maßnahmen werden genutzt, die zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen bezüglich ihres Selbstbewusstseins, eines positiven Körpergefühls, der Sexualität und im Hinblick auf das Thema Grenzsetzung und -wahrung beitragen?“
In der Kita Badbergen heißt es im aktualisierten Sexualpädagogikkonzept: „Somit ist Sexualpädagogik als ein Bestandteil einer ganzheitlichen Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder, wie im Bildungsauftrag verankert, zu betrachten.“ Kinder sollen altersgerecht begleitet und unterstützt werden. Zum Thema „Entwicklung kindlicher Sexualität“ heißt es: „Die sexuelle Entwicklung ist ein wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung und beginnt bereits mit der Geburt. Wie in allen Entwicklungsbereichen benötigen Kinder auch in diesem Bereich Begleitung.“
Im ersten Lebensjahr diene „der Mund als Haupt – Lust- und Erfahrungsquelle“. Zum Punkt „Körpererkundungsspiele“ heißt es: „Die pädagogischen Fachkräfte haben das Spiel der Kinder im Blick und schreiten ein, wenn Grenzen überschritten werden.“ Und weiter: „Kinder entkleiden sich in den Spielphasen nicht komplett. Die Kinder ‚untersuchen‘ sich untereinander nur so viel, wie es für sie in Ordnung ist.“ Das Kita-Personal soll darauf achten, dass sich die Kinder nicht gegenseitig Gegenstände in Körperöffnungen einführen.
Kleinkindliches Masturbieren toleriere man. Jedoch werde das Kind angewiesen, sich dafür „einen ruhigeren abgeschirmten Ort zu suchen“. Die Kita stehe mit den Eltern im Austausch, um Ängste zu vermeiden. Zum Thema Eltern einbeziehen schreibt die Kita Badbergen: „Kulturelle oder religiöse Besonderheiten und Elternwünsche nehmen wir zur Kenntnis und berücksichtigen diese – soweit sie nicht unserem sexualpädagogischen Konzept widersprechen“.
Das überarbeitete Konzept der Kita zeigt, dass der Superintendent des zuständigen Kirchenkreises Bramsche recht hatte mit seiner Bemerkung: Es wurden nur Worte geändert, aber nichts am grundlegenden Inhalt. Die Überarbeitung scheint also eine bloße Reaktion auf die öffentliche Kritik zu sein, als ein tatsächliches Überdenken des Sexualpädagogikkonzepts.