EZB-Vorstand wirbt für die Einführung des digitalen Euros – ausgerechnet mit Verweis auf Krisen

vor etwa 12 Stunden

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Das Vorstandsmitglied der Europäischen Zentralbank, Piero Cipollone, sprach am Donnerstag vor dem Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments und äußerte sich zum digitalen Euro. Er betonte, dass der digitale Euro wichtig sei, um die Resilienz der EU im digitalen Zeitalter zu erhöhen, wie aus einer schriftlichen Version der Rede hervorgeht, die die Zentralbank veröffentlichte. Außerdem solle das Zahlungssystem inklusiv werden.

„Da der Kern unserer digitalen Zahlungssysteme derzeit von Anbietern außerhalb der EU bereitgestellt wird, könnte unsere Fähigkeit, schnell und unabhängig zu handeln – insbesondere in Krisenzeiten – eingeschränkt sein“, sagte er. Obgleich er sie nicht explizit erwähnte, könnten damit Kreditkarten wie Mastercard oder Visa gemeint sein. In einem Bericht der EZB, der dieses Jahr veröffentlicht wurde, heißt es, dass 2022 61 Prozent aller Kartenzahlungen über „internationale Kartensysteme“ erfolgten.

Vor diesem Hintergrund sagte er vor dem Ausschuss des EU-Parlaments: „In einer zunehmend digitalen Welt, die neuen geopolitischen und operativen Risiken ausgesetzt ist, müssen wir die Verfügbarkeit des Euro für alle Europäer jederzeit gewährleisten.“ Auch im Fall erheblicher Störungen könnten Europäer mittels des digitalen Euros zu jeder Zeit zahlen.

Nicht nur Angriffe auf Unterseekabel würden die Fragilität der Infrastruktur zeigen. Der Blackout in Spanien habe gezeigt, dass viele Menschen nicht hätten zahlen können, weil sie kein Bargeld hatten, so der Vorstand. „Heute ist Bargeld unsere einzige echte Reservewährung, und wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass es im gesamten Euroraum verfügbar, zugänglich und akzeptiert bleibt.“ Weil die Gesellschaft sich jedoch zunehmend vom Bargeld abwende, „und Bargeld in Notfällen, insbesondere bei Störungen der Bargeldverteilungsnetze, möglicherweise schwer zugänglich ist, müssen wir es durch eine digitale Version ergänzen“.

Der digitale Euro könne ein Mittel sein, um die Resilienz der EU zu stärken. „Der digitale Euro würde in Krisenzeiten tatsächlich die Geschäftskontinuität unterstützen, indem er zusätzlich zu den bestehenden privaten Lösungen weitere Zahlungswege bereitstellt.“ Um das Funktionieren des Systems sicherzustellen, sollen mehrere Server in drei verschiedenen Regionen verteilt stehen, sodass auch im Fall eines Stromausfalls die Zahlungsmethode funktioniert. Des Weiteren soll es mehrere Anbieter des digitalen Euros geben, zwischen denen die Menschen in einer App wählen können. Die App soll auch offline funktionieren.

Neben der Resilienz pries Piero Cipollone auch die Inklusion der neuen möglichen Zahlungsmethode an. „Als öffentliche Institutionen müssen wir sicherstellen, dass niemand zurückgelassen wird, wenn wir uns zu einer noch stärker digitalisierten Wirtschaft entwickeln“, sagte er. Bargeld habe seit Jahrzehnten Unabhängigkeit und Vertrauen bedeutet. Diese Eigenschaften des Geldes dürfe man nicht durch Untätigkeit verlieren. Das Zahlungssystem solle so gestaltet werden, dass alle Menschen es leicht benutzen können, auch Blinde oder Gehörlose zum Beispiel.

Ziel sei es, die bewährten Eigenschaften des Bargeldes ins digitale Zeitalter zu überführen. Die EU-Kommission schätzt, dass die Einführung des digitalen Euros zwischen 2,8 und 5,4 Milliarden Euro kosten wird. Cipollone warnte laut Euronews, dass die Glaubwürdigkeit dieser Zahl angezweifelt werden könne, weil auch höhere Beträge möglich seien. Die Europäische Zentralbank schließt die Vorbereitungen zur Einführung des digitalen Euros ab. Die EZB plant, die Vorbereitungen bis Oktober abzuschließen, wie Christina Lagarde im März ankündigte (Apollo News berichtete).

Damit der digitale Euro jedoch tatsächlich eingeführt werden kann, müssen sich Kommission, Parlament und der Europäische Rat auf einen gemeinsamen Rechtsrahmen einigen. Bisher gab es im EU-Parlament keine Abstimmung zu dem Thema. Somit ist offen, ob und wann der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird.

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