Der Fall Brosius-Gersdorf ist für die Union längst nicht ausgestanden: Den nächsten SPD-Vorschlag wird sie willenlos akzeptieren müssen

vor etwa 5 Stunden

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Die von der SPD für das Bundesverfassungsgericht nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf sei Opfer einer „orchestrierten Kampagne“ geworden, schreibt SPD-Fraktionschef Matthias Miersch.

Die Distanzierung von einigen Unionsabgeordneten von der Kandidatin würde das Vertrauen in die Demokratie infrage stellen. Juso-Chef Philipp Türmer fordert den Rücktritt von Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) und SPD-Raubauz Ralf Stegner greift gar auf eine martialische Metapher aus dem Wilden Westen zurück: „Der Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat“. Ihm kämen nun Gedanken an Weimar. „Der politische Skalp hängt am Gürtel von Björn Höcke.“

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht durch die Ablehnung der Richter-Kandidatin gar die Demokratie in Gefahr. „Es geht um eine bessere Diskussionskultur und darum, solchen Angriffen auf die Demokratie künftig besser standzuhalten.“ Und die Union? Schweigt. Hat sie die Demokratie gefährdet oder ist an den Marionetten-Schnüren eines „rechten Mobs“ marschiert? Die Spitzen von CDU/CSU und Unionsfraktion lassen die Genossen sich austoben, wie erfahrene Eltern die Wut-Attacken der Kleinen bis zur Rückkehr der Ansprechbarkeit verrauchen lassen.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht durch die Ablehnung der Richter-Kandidatin gar die Demokratie in Gefahr.

Wenn man versucht das Fazit des „Brosius-Gersdorf-Skandals“ zu ziehen, fällt in der Tat ein Teil der auslösenden Verantwortung auf die Unionsfraktion zurück, die den Sprengstoff in der Personalie hätte ERkennen und die Stimmung an der eigenen Basis nicht so krass hätte VERkennen dürfen. Die mit der Personalfindung betrauten Juristen der Fraktion hätten die Potsdamer Professorin intensiver prüfen und rechtzeitig Alarm schlagen müssen. Die Fraktionsspitze hätte der SPD kein OK geben dürfen und schon gar nicht bei sich abzeichnendem Scheitern noch den Unionsleuten im Richterwahlausschuss die Zustimmung empfehlen sollen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Koalitionäre nicht wissentlich und willentlich gegenseitig überfordern sollen. Mit anderen Worten: Die SPD wusste, dass sie der Union eine politische Zumutung als eine Art Gefolgschaftstest abverlangte. Genau an dieser Stelle legt der Eklat die diametral entgegengesetzte und dem gemeinsamen Regieren nicht zuträgliche Gemütslage der Koalitionspartner schonungslos offen: Die Union geht von einem gemeinsamen Projekt der „demokratischen Mitte“ aus, die SPD hat die Union längst als Ziel im „Kampf gegen Rechts“ in ihren Argwohn eingeschlossen oder gar ins Visier genommen.

Das Schweigen der Union in der Causa Brosius-Gersdorf hat deshalb nicht nur mit dem Wissen um die eigenen Fehler zu tun, sondern auch mit der Tatsache, dass man auf den Partner SPD zum Regieren angewiesen ist. Auf Gedeih und Verderb. So lässt man sich denn lieber unwidersprochen nachsagen, am Gängelband eines – wie auch immer gearteten „rechten Mobs“ zu gehen und setzt darauf, dass das Wüten der SPD ins Leere laufen und sich wieder legen werde, ohne ein großes mediales Sommertheater daraus entstehen zu lassen.

Hinzu kommt, dass die Wahl von Verfassungsrichtern auf den deutschen Marktplätzen kein wirkliches Aufreger-Thema sei, wie es einer aus der Union ausdrückt. „Die Sozis werden auch damit keine Punkte sammeln.“

Das Ergebnis der Brosius-Gersdorf-Episode wird darin bestehen, dass die Union die mindestens ebenso fragwürdige Juristin Ann-Katrin Kaufhold, die auch kein Problem mit autoritärem Durchgriff für den Klimaschutz bis hin zu Enteignungen hat, wortlos und ohne kritische Diskussionen mitwählen wird. Die SPD wird anstelle von Brosius-Gersdorf aus dem reichen Fundus links-aktivistischer Juristen eine andere Zumutung für die Union finden, an der nach dieser Vorgeschichte bei Strafe des Koalitionsbruchs ebenfalls nicht herumgekrittelt werden darf.

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Prof. Dr. jur. Ann-Katrin Kaufhold ist neben Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf die zweite SPD-Kandidatin fürs Bundesverfassungsgericht.

Wie wichtig die Besetzung der Verfassungsrichterposten mit linken Aktivisten für die Macht-Strategie der SPD ist, kann man ebenfalls an den wütenden Reaktionen auf die Blockade durch die Union ablesen. FAZ-Redakteur Daniel Deckers fasst den Vorgang so zusammen: „Zu diesem als Husarenstück gedachten Teil eines von der SPD gemeinsam mit Grünen und Linkspartei angezettelten Kulturkampfs hätte die Union allein aus Gründen der Selbstachtung niemals ihr Einverständnis geben dürfen. So aber hat die Parlamentsfraktion mit der Verhinderung der Richterwahl die Ehre der Partei gerettet – auch wenn der Preis, den die Beteiligten dafür zahlen mussten, ein hoher ist.“ Und man kann hinzufügen: Der Preis wird steigen und noch in vielen Raten der koalitionären Unterwerfung zu zahlen sein.

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