
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen den ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erhoben. Es geht um den Vorwurf einer falschen uneidlichen Aussage im Jahr 2020 vor dem Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft dem ARD-Hauptstadtstudio. Mit angeklagt ist der ehemalige Verkehrs-Staatssekretär Gerhard Schulz (parteilos). Wegen der besonderen Bedeutung des Falles wird Scheuer nach Angaben der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Verkehrsminister und CSU-Politiker vor, eine Falschaussage im Maut-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages getätigt zu haben. Scheuer hat bei einer Befragung am 2. Oktober 2020 gesagt, nach seiner Erinnerung habe es kein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums gegeben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu verschieben. Manager der eigentlich vorgesehenen Maut-Betreiberfirmen hatten im Ausschuss hingegen von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet, dieser habe abgelehnt.
Scheuer hatte stets versichert, er habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäß ausgesagt. Dem Ermittlungsverfahren lagen mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.
Juristisch sieht die Sache so aus: Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle, vorliegend einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Scheuer: „Werde mich zur Wehr setzen“
Scheuer schreibt auf Facebook : „Die Entscheidung durch den zuständigen Staatsanwalt, nun Anklage zu erheben, ist für mich nicht nachvollziehbar und macht mich betroffen.“ Motive und Zeitpunkt der Anklage seien ihm unverständlich und seiner Ansicht nach „mehr politisch motiviert“. Der Staatsanwalt nutze das Sommerloch aus. Er werde sich „mit aller Kraft“ zur Wehr setzen. Scheuer räumte aber ein, dass er die politische Verantwortung für das Scheitern der Pkw-Maut bereits übernommen habe.
Die Pkw-Maut – ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung – war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden. Die geplatzte Maut kostete den Bund 243 Millionen Euro an Schadenersatz an die einst vorgesehenen Betreiber. Das hatte ein Kompromiss nach einem Schiedsverfahren ergeben.