
In der ZDF-Sendung Markus Lanz ging es am Dienstagabend auch um die in Deutschland verfügbaren Sozialleistungen und dahingehend ausbleibende Reformen im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Auf Kritik stieß die großzügige Ausgabenmanier des Bundes vor allem bei dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Der ehemalige Grünen-Politiker berichtete von einem ihm vorliegenden Fall, wonach eine Familie im Monat 6.000 Euro Bürgergeld erhalten habe.
Der Grund dafür sei eine teure Wohnung, in der die siebenköpfige Familie untergebracht sei. Denn Bürgergeldempfänger müssen ihre Unterkunft auch bei hohen Mietkosten nicht zwingend wechseln. Dass niemand mit dem Beginn der Leistung umgehend seine Wohnung verlassen müsse, sei zwar verständlich, kritisierte Palmer. Dass der Staat wiederum horrende Mietzahlungen übernimmt, hielt er dennoch für nicht angebracht.
„Dann schafft man eine Regelung: Ein Jahr lang wird die Miete nach oben unbegrenzt bezahlt“, hielt der parteilose Politiker weiter fest. Und diese Regelung würde dazu führen, dass Bürgergeldempfänger aufgrund ihrer Mietkosten eben massive Unterstützung vom Staat erhalten würden.
„Wenn ich so eine teure Wohnung habe, muss ich halt umziehen“, erklärte Palmer dahingehend. Das Bürgergeld sei zwar mit guten Absichten verbunden, „aber vielleicht kann man sich mal wieder darauf reduzieren, dass der Staat gegen Notlagen hilft und nicht jedes Risiko auf der Welt absichert.“
"Ich hab einen Bescheid gesehen, dass eine Bürgergeld -Familie 6000 Euro im Monat bekommt" erzählt Boris Palmer bei Lanz zu den Schieflagen im deutschen Sozialsystem. pic.twitter.com/f36JTNwIcg
— Gr@ntlɘr 🥨🍺 (@oida_grantler) April 23, 2025
Weil diese Ausführungen bei Lanz und dessen Gästen – dem CDU-Politiker und Präsident des Deutschen Landkreistags Achim Brötel, der Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen am Rhein, Jutta Steinruck, und dem Bürgermeister der Stadt Heide, Oliver Schmidt-Gutzat – auf Ungläubigkeit trafen, erklärte Palmer: „Das ist ein realer Bescheid“, während er mit den Händen vor dem Gesicht wedelte.
Zuvor hatte Palmer bereits die nicht einhaltbaren Versprechen der Rentenversicherung angeprangert: „Wir haben immer längere Lebenszeit, wir haben die Boomer, die in Rente gehen und diese Koalition bringt es nicht fertig, diese Wohltat zu streichen“, meinte er bezüglich der Rente mit 63.
Auch Union und SPD halten weiterhin an den derzeitigen Rentenleistungen fest, wenngleich das Budget dafür in Zukunft sinken wird. Aber „wenn die Rentner alle gut ausgestattet sind, wählen die alle die richtigen Parteien“, kritisierte Palmer implizit. Eine künftige Bundesregierung müsste das ändern.
Doch dann würden die jüngeren Generationen irgendwohin auswandern, „wo sich das Arbeiten noch lohnt“, erklärte der Tübinger Oberbürgermeister weiter, äußerte aber auch Kritik an jungen Menschen. „Leute, es wird nicht mehr möglich sein, die höchsten Sozialleistungen weltweit mit den niedrigsten Arbeitszeiten und den längsten Urlaubsansprüchen zu kombinieren“, warnte Palmer eindrücklich.
„Wir haben die geringste Jahresarbeitszeit aller Länder weltweit“, kritisierte er mit Verweis auf die sich zuspitzende Wirtschaftslage in Deutschland. „Dann wird man verdammt nochmal vielleicht wieder ein bisschen die Ärmel hochkrempeln müssen – ich lese davon im Koalitionsvertrag nicht“, monierte Palmer schließlich.