
Auf ihrem Parteitag im November signalisierten die Grünen Einigkeit – doch jetzt gibt es fast 2.000 Änderungsanträge zum Wahlprogramm. Die Parteibasis ist offenbar unzufrieden mit dem Wahlprogramm, das vor allem auf den Wahlkampf von Robert Habeck und dessen Fokussierung als „Bündniskanzler“ angepasst ist. Zahlreiche Parteimitglieder wollen jedoch wieder zu den Kernthemen der Grünen zurückkehren und mehr Klimaschutz im Wahlprogramm etablieren.
In einem Antrag wird ein Verbot für private Feuerwerke gefordert, ein anderer beinhaltet ein Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf Landstraßen. Das 1,5-Grad-Ziel, das mit dem Pariser Klimaabkommen 2015 vereinbart wurde, soll einem Mitglied zufolge sogar als Koalitionsbedingung übernommen werden. Einige Änderungswünsche beinhalten auch Widersprüche zu den öffentlichen Positionen von Habeck.
Dass arbeitslose Syrer ausgewiesen werden sollen, wie es sogar der Wirtschaftsminister anklingen ließ, würde die Partei dem „konservativ rechten Rand“ näher bringen, kritisiert ein Antragsteller. Dabei dürfte der Arbeitsstatus „niemals zur Ausweisung führen“, so das Parteimitglied. Viele Grüne wollen mit der Partei einen wesentlich linkeren Weg einschlagen als der Kanzlerkandidat.
Zahlreiche weitere der 1.894 Anträge beziehen sich vor allem auf das Klimakapitel des 67-seitigen Wahlprogramms, das mit eher allgemein formulierten Forderungen auch im bürgerlichen Lager auf Zuspruch stoßen soll. Bevor die Grünen das Programm jedoch auf dem Parteitag am 26. Januar verabschieden können, muss nun erst einmal über die zahlreichen Anträge von der Antragskommission verhandelt werden.
Mitglieder des Gremiums zeigen sich jetzt gegenüber dem Tagesspiegel leicht überwältigt über die zahlreichen Änderungswünsche. Dass die Partei bei etwa 150.000 Mitgliedern nur 50 Mitgliederunterschriften verlangt, um einen Änderungsantrag einzureichen, sieht die Kommission skeptisch. Weniger als sechs Wochen vor der Bundestagswahl steht dementsprechend noch nicht fest, mit welchem Programm die Partei letztlich antreten möchte.
Ein fertiger Entwurf hatte im Dezember bereits für Aufsehen gesorgt. Dort wird beispielsweise gefordert, die Verbreitung ausländischer Desinformation unter Strafe zu stellen. Außerdem sollten die öffentlich-rechtlichen Medien gestärkt werden, um die „pluralistische, staatsferne und unabhängige Berichterstattung“ zu sichern und so auch präventiv gegen „Desinformationskampagnen“ vorgehen zu können (Apollo News berichtete).