
Seit seinem Amtsantritt am 20. Januar hat Donald Trump zahlreiche Hilfszahlungen an andere Staaten und Organisationen ausgesetzt. Die Zahl der Mitarbeiter bei der für internationale Zusammenarbeit zuständigen Behörde (Agency for International Development, USAID) soll um 97 Prozent auf nur etwa 300 reduziert werden – diesen Plänen hat ein Gericht zwar zunächst einen Riegel vorgeschoben, die Zahlungen sollen dennoch zunächst pausiert bleiben.
Während Trump und Elon Musk die Behörde, die mit dem deutschen Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung von Svenja Schulze vergleichbar ist, umkrempeln, kommen immer mehr fragwürdige Förderprogramme von USAID an die Öffentlichkeit. Am Samstag hat WikiLeaks mit einem Beitrag auf X dann für die nächste brisante Veröffentlichung gesorgt.
USAID has pushed nearly half a billion dollars ($472.6m) through a secretive US government financed NGO, "Internews Network" (IN), which has “worked with” 4,291 media outlets, producing in one year 4,799 hours of broadcasts reaching up to 778 million people and "training” over…
— WikiLeaks (@wikileaks) February 8, 2025
Demnach hat die US-Regierung die gemeinnützige Organisation Internews Network seit den Aufzeichnungen der Zahlungen im Jahr 2008 mit 472,6 Millionen Dollar unterstützt – das untermauern auch öffentliche zugängliche Daten, 415 Millionen kamen davon von USAID. Alleine unter Joe Biden zahlte die Regierung mehr als 150 Millionen Dollar an Internews und damit fast das Doppelte als in der ersten Amtszeit von Trump, als es etwa 87 Millionen Dollar waren. Die Organisation ist nicht nur deshalb so interessant, weil sie eine oder andere Verbindung zu den Demokraten aufweist, sondern vielmehr, weil sie Einfluss auf Medien auf der ganzen Welt nimmt und zudem an durchaus fragwürdigen Standorten ansässig ist.
Gegründet wurde Internews 1982, um „Informationsunterschiede zu überbrücken“, wie es auf der Webseite heißt. Die Organisation möchte angeblich die unabhängige und regionale Medienlandschaft stärken und ist dafür weltweit aktiv. Laut der Analyse-Plattform Guidestar, die Finanzen und Tätigkeiten von gemeinnützigen Organisationen untersucht, hat Internews seitdem mit 4.291 Radio- und TV-Sendern sowie Printmedien zusammengearbeitet. In diesem Kontext wurden mehr als 9.000 Journalisten auf der ganzen Welt ausgebildet.
2023 konnten sogar Inhalte mit einer Länge von 4.799 Stunden für Radio und Fernsehen produziert werden, womit die Organisation satte 396 Millionen Zuhörer per Radio und 382 Millionen Fernsehzuschauer, also insgesamt 778 Millionen Menschen erreichen konnte, berichtet Guidestar. Wie genau sich Internews die Welt der Medien vorstellt, hat die Vorstandschefin und Präsidentin der Organisation, Jeanne Bourgault, 2024 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos deutlich gemacht.
Dort machte sie sich unter anderem für eine starke Beeinflussung der Werbeindustrie stark, sodass nur „gute Nachrichten und Informationen, die akkuraten und relevanten Informationen“ die Öffentlichkeit erreichen. Sie sprach auch von einem Ausschlussprinzip von unerwünschter Werbung. Damit bekräftigte sie auch den Kampf gegen Desinformation.
Bourgault ist die Schlüsselfigur von Internews. Bevor sie 2001 bei der Organisation anheuerte, arbeitete sie für die US-Regierung – bei USAID. Während dieser Zeit war Bill Clinton Präsident der USA, später werden sie noch einmal indirekt zusammenarbeiten. Während dieser Zeit war sie auch drei Jahre in der US-amerikanischen Botschaft in Moskau tätig. Zudem arbeitete sie als Beraterin für den Rockefeller Brothers Fund, die Charles Stewart Mott Foundation, die Ford Foundation, das Research Triangle Institute und das Zentrum der Vereinten Nationen für Menschenrechte als Beraterin.
Die Ford Foundation sowie der Rockefeller Brothers Fund gehören übrigens zu den Unterstützern von Internews. Auch andere bekannte Namen wie Google, Facebook oder die Open Society Foundations von George Soros finden sich auf der Spenderliste. Diese Prominenz lässt sich Bourgault gut bezahlen: 2023 verdiente sie laut der Steuererklärung von Internews rund 450.000 Dollar. Diese Informationen sind aber nur über Umwege auffindbar.
Durchsucht man das Internet nach Bourgault, findet man immer wieder dieselben Erklärungen über ihre Karriereschritte – nur nicht auf Internews. Hier wurde die Seite über Bourgault gelöscht, und zwar erst kürzlich. Mithilfe von Archivierungswerkzeugen lässt sich die Seite dennoch aufrufen. Im September 2024 war sie noch verfügbar, sie wurde also erst in den vergangenen Monaten entfernt. Dass Bourgault an der Spitze von Internews steht, geht vor allem aus den angesprochenen Steuerberichten hervor, die aber nur mit einer intensiveren oder akkuraten Internetsuche auffindbar sind.
Die Seitenlöschung ist übrigens nicht die einzige Merkwürdigkeit bei Internews. Auch die Auflistung des Vorstandes wurde kürzlich entfernt – am 17. Januar war sie noch abrufbar. Unter den aufgeführten Personen war zum Beispiel Simone Otus Coxe, die 2022 gemeinsam mit ihrem Mann, dem NVIDIA-Berater Tench Coxe, zwei Millionen Dollar an die Demokraten in Texas spendete. Während ihr Mann zeitweise auch Geld an die Republikaner spendete, hat Coxe überwiegend die Demokraten bevorzugt.
Doch die Verbindungen zwischen Internews und den Demokraten sind noch viel tiefer – an dieser Stelle kommt wieder Bill Clinton ins Spiel. Denn von der Webseite ist zudem die Ankündigung verschwunden, dass Internews gemeinsam mit der Clinton Global Initiative einen Fonds für „unabhängige Medien“ geschaffen hat. Die Meldung ist aus September 2023. Der Fonds umfasst zehn Millionen Dollar – verkündet wurde das von Bourgault und Hillary Clinton höchstselbst. Clinton zog 2016 für die Demokraten gegen Trump ins Präsidentschaftsrennen und ist mit Bill Clinton verheiratet.
Doch nicht nur zwischen Internews, Bourgault und anderen Personen bestehen pikante Verbindungen – auch Immobilien und Tochtergesellschaften der Organisation werfen Fragen auf. Laut eigenen Angaben führt Internews 30 Niederlassungen weltweit, darunter unter anderem in Washington DC, London, Paris, Bangkok, Kiew, Nairobi und in einer kalifornischen Kleinstadt, Arcata. Die Stadt mit gerade einmal 19.000 Einwohnern wird auch im Spendenregister der Vereinigten Staaten angegeben.
Auf Google Maps findet man an jener Adresse aber nur eine offensichtlich leerstehende, eingeschossige Halle. Über dem Eingang hängt ein ausgeblichenes Schild mit der Aufschrift „Internews“, in einem der Zimmer ist eine Leiter zu erkennen. Die Jalousien sind etwas ausgerollt, das Objekt macht einen ungepflegten Eindruck. Die Aufnahmen von Google stammen aus Oktober 2024. Auf Bildern aus 2017 sehen Gebäude und Schild noch wesentlich neuer aus.
Auf der eigenen Webseite hat Internews nur eine Postbox in Arcata als Adresse angegeben – eine Poststelle befindet sich direkt in dem Gebäude neben der Halle, die augenscheinlich zu Internews gehört. Weitere Niederlassungen sind auf der Kontaktseite der Organisation in London, Paris und Washington angegeben. Aus letzterem gibt es sogar Videos und auch aus dem kleinen britischen Büro und dem Standort in Bangkok gibt es Bilder.
Währenddessen irritieren die über Umwege abrufbaren Adressen für die Standorte Nairobi und Kiew, auch die angegebene französische Adresse führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Mehr als leere Häuser oder Geschäftsräume ohne Firmenlogo sind auf Google Maps nicht vorzufinden. Neben den Niederlassungen kontrolliert Internews außerdem sechs konzerneigene Tochtergesellschaften, eine davon, „The Redwood Center“, ist auf den berüchtigten Cayman Islands gemeldet.
Hunderttausende Euro fließen durch diesen Standort. Letztlich könnte es sich auch um eine Briefkastenfirma handeln – auch die anderen nicht existenten Niederlassungen sowie die Postbox in Arcata nähren diesen Verdacht. Die Verstrickungen der gemeinnützigen Organisation werfen letztlich zahlreiche Fragen auf: Wie genau möchte Internews unabhängige Medien fördern oder hat das bereits getan? Was genau versteht die Organisation eigentlich unter unabhängig? Und warum hat Internews so viele merkwürdige Verbindungen?