Fête de la Musique: 145 Angriffe mit der Spritze – meist junge Frauen betroffen

vor etwa 5 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Alljährlich findet in vielen französischen Städten eine Vielzahl von Veranstaltungen unter dem gemeinsamen Titel „Fête de la Musique“ statt – so auch am vergangen Sonnabend. Seit Mitterrands Zeiten gibt es diese Institution in Paris. Und dazu gehörte einst auch das Streichquartett, das unvermittelt im Park sitzt und spielt. Das mag es noch geben. Doch die Realität ist weitgehend eine andere geworden. Namentlich die Hauptstadt wurde – dieses Mal mehr als in vorherigen Jahren – von Einwohnern aus den Vororten gestürmt, die teilweise das gesamte Straßenbild dominierten. Das ist nichts Neues mehr für Frankreich – es passiert an jeder größeren Feier.

Angeblich hatte der US-Musiker Joel Cohen als erster 1976 die Idee zu „Saturnalien der Musik“, die an der Sommer- und Wintersonnenwende in Paris stattfinden sollten. Saturnalien, dieser Karneval der römischen Antike, sind es wohl heute geworden.

Ebenfalls schon fast zur Gewohnheit sind die Gewalttaten, Schlägereien und anderen Delikte, die mit der massenhaften Präsenz gerade junger Migranten, meist aus Nord- und Subsahara-Afrika, einhergehen. Ein 17-jähriger Mann wurde auf dem Bordstein sitzend, mit einer Wunde im Bauch aufgefunden – ein Messerstich war offenbar vorausgegangen. Am Seine-Ufer gab es eine Prügelei zweier Gruppen, wobei ein junger Bärtiger, dessen Gesicht nun fleißig auf X publiziert wird, einer Frau gezielt gegen den Kopf trat. Auf manchen Videos ist man sich nicht sicher, ob noch getanzt oder schon attackiert und geprügelt wird. Manches erinnert an das Bewegungsschema des geübten Taschendiebes.

Mit anderen Worten: Die innere Sicherheit wird in solchen Nächten zur öffentlichen Unsicherheit. Was aber dieses Jahr besonders für Aufsehen sorgte, waren heimtückische Attentate mit kleinen Spritzen, in Diskotheken und auf der Straße, die innerhalb einer Nacht im gesamten Land zu 145 Anzeigen führten. Sogar das Überseeterritorium von La Réunion war betroffen. Das Dunkelfeld bleibt dabei naturgemäß unausgeleuchtet.

In der Innenstadt von Metz in Lothringen wurden zehn junge Mädchen, meistenteils minderjährig, zum Opfer von solchen vermuteten Nadelstichen. Sie berichten über Stiche in der Wade, im Arm oder im Oberschenkel. Einige der Opfer konnten sich nicht mehr auf den Beinen halten, wie der Boulevard Voltaire https://www.bvoltaire.fr/fete-de-la-musique-le-mysterieux-phenomene-des-agresseurs-a-la-seringue/ weiß. Auch Einstichspuren soll es geben. Routinemäßig folgt nach den Angriffen eine toxikologische Untersuchung. Über die Ergebnisse ist allerdings noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Einige Frauen blieben zur Behandlung im Krankenhaus.

In Paris und Umgebung gab es 21 Anzeigen junger Frauen. In ganz Frankreich wurden allerdings nur 14 Verdächtige festgenommen. Ihre Identitäten und Nationalitäten sind meist unbekannt. In Montpellier wurde ein 28-jähriger Bangladescher festgenommen, der außerdem ausreisepflichtig war.

Schon im Mai 2022 hatte es eine ähnliche Häufung von Spritzen-Attentaten vor allem auf junge Frauen in Bars und Diskotheken gegeben. Damals waren sogar 850 Fälle bekannt geworden, häufig begleitet von Schwindel und Erinnerungslücken bis zum Blackout.

In Chambéry in den Savoyer Alpen wurde ein Spritzen-Angreifer auf Video festgehalten. Als ihn die Frau mit der Aufnahme konfrontierte, versuchte er sich herauszureden, probierte dann einen Boxschlag, worauf ihn die Frau überwältigte. Er sagte auf Arabisch: „Lass mich gehen!“ Am Ende behauptete er, Arzt zu sein, wie die Zeitung Le Dauphiné Libéré berichtet.

Teils sind es Mehrfachtäter. So sollen im westfranzösischen Angoulême vier Verdächtige rund 50 Opfer mit Spritzen attackiert haben, wie 20 minutes berichtet. Auch dieses Vorgehen in der Art eines Serientäters nährt den Verdacht, dass mehr hinter den Vorgängen stecken könnte.

Zum einen steht nun der Verdacht im Raum, dass verschiedene Drogen (etwa Rohypnol oder die Partydroge GHB, die auch zur Benommenheit führen kann) gespritzt werden, um junge Frauen zu leichten Opfern zu machen und hernach sexuelle oder Raubdelikte leichter begehen zu können. Der medizinische Fachbegriff dafür ist „chemische Unterwerfung“ („soumission chimique“).

Diese Vermutung ist aber keineswegs die einzige. Daneben drängt sich der Eindruck auf, dass die Spritzen-Attentate miteinander zusammenhängen, dass ihnen vielleicht gar eine gewisse Strategie zugrundeliegt, etwa um jungen Frauen klarzumachen, dass sie nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Tatsächlich warnten verschiedene Social-Media-Posts noch vor Beginn der Festivitäten: „Während des Musikfests sollen Spritzenstecher umgehen. Seien Sie vorsichtig!“ Oder auch: „Es gibt Leute, die dazu aufrufen, mit Spritzen zu stechen. Seien Sie wachsam“.

Die tieferen Gründe bleiben so zwar immer noch Spekulation, aber es gibt durchaus Interaktionen der Art: – „Was tust du hier, und in diesem Aufzug? Das ist haram.“ – „Das geht dich gar nichts an. Ich bin Christin.“ Den Mut zu dieser Antwort haben vielleicht nicht alle, er ist aber in Frankreich durchaus verbreitet.

Insgesamt wurden 371 Personen im Rahmen der Musikfeste festgenommen. 13 Polizisten wurden verletzt, 14 Feiernde schwer und 1.477 leicht verletzt. Laut den Feuerwehren des Landes brannte 51 Fahrzeuge im ganzen Land – anlässlich eines Festivals, bei dem es um Musikgenuss gehen soll, ist das schon schräg. 39 Mal wurden Feuer auf offener Straße entzündet.

Laut der Pariser Staatsanwaltschaft gab es in der Hauptstadt am Sonntag einen „beispiellosen Andrang mit einer riesigen Menschenmenge“ im Zentrum und am Kanal Saint-Martin. Es kam zu „vorsätzlicher Gewalt, insbesondere gegen Amtspersonen, Diebstahl, Tragen einer verbotenen Waffe, vorsätzlicher Sachbeschädigung“ und „Straßenverkauf“. Besonders problematisch war dabei das Viertel Les Halles. wo ein „feindseliges Publikum“ unter anderen versuchte, zwei Mode-Geschäfte zu plündern.

Im ersten Arrondissement von Paris wurden fünf „Personen“ zwischen zwanzig und 31 in Polizeigewahrsam genommen, weil sie einen Polizisten, der sie mit ihrem Quad-Fahrzeug angehalten hatte, über etwa zehn Meter mitschleiften. Inzwischen muss man für solche Vorfälle nicht mehr nach Frankreich blicken – Hamburg bietet im Sommer ähnliches im Kampf zwischen gewissen Jugendlichen und Polizeibeamten.

Innenminister Retailleau rühmt sich derweil seiner Erfolge, die allenfalls Etappen sein können. Die Legalisierung von illegalen Zuwanderern („sans-papiers“) sei unter ihm um 24 Prozent, die Einbürgerungen um 14 Prozent zurückgegangen, die erzwungenen Abschiebungen hätten um 14 Prozent, die formalen Ausweisungen gar um 104 Prozent zugenommen. 20.000 Dealer seien in diesem Jahr bereits festgenommen worden. Das wäre wichtig, wenn, wie Retailleau glaubt, der Drogenhandel als Ursache hinter rder verbreiteten Straßengewalt steht.

Derweil konnte der Rapper Youssef Swatt’s im offiziellen Teil des Pariser Musikfestes – zugleich live übertragen vom öffentlichen Fernsehen – den Innenminister wegen seiner harten Linie zu „sans-papiers“ (Migranten ohne Papiere) angreifen, stellte ihn gar in die Nähe der „30er-Jahre“ und des Faschismus. Zugleich solidarisierte er sich mit den „unterdrückten Völkern“ in Palästina, dem Sudan, Jemen und weiteren Ländern. Auf CNews nahm es fassungslos zur Kenntnis, dass die Beleidigung des Innenministers unkommentiert über den öffentlich-rechtlichen Äther gehen konnte.

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