Filmkritik zu „One Battle After Another“: Wenn ein Ultra-Konservativer eine sexuelle Obsession für eine Revolutionärin entwickelt

vor etwa 2 Stunden

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„One Battle After Another“ ist genau der richtige Film im richtigen Moment, weil er den Kampf zwischen ultrarechts und ultralinks mit einer satirischen Dampfwalze niedermäht. Regisseur Paul Thomas Anderson zeigt nach „Boogie Nights“ (Familiengeschichte im Porno-Milieu) und „Magnolia“ (vom Himmel fallende Frösche) wieder einmal, dass ihm nichts heilig ist – tut dies aber mit unglaublicher Stilsicherheit, dramatischen Momenten und tiefschwarzem Humor.

Gleich zu Beginn des Films überfällt eine schwerbewaffnete – wir reden hier von den USA – Gruppe von No-Borders-Aktivisten ein Abschiebungslager, um ihre lateinamerikanischen Brüder und Schwestern in die Freiheit zu entlassen. Die Anführerin ist die streng von Doktrin und nebenbei von ihrer enormen Libido getriebene Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor), mit dabei ihr Liebhaber, der etwas dusselige Bombenbauer Bob Ferguson (Leonardo DiCaprio).

Leidtragender ist Colonel Steven Lockjaw (Sean Penn), der trotz seiner misslichen Position am Ende eines Pistolenlaufes eine sexuelle Obsession für die schwarze Revolutionärin entwickelt. Er stellt ihr nach, aber das ist nicht beruflicher Natur, sondern eher privater. Monate später überführt er sie, worauf die sonst so stramme Revolutionärin erst ins Zeugenschutzprogramm geht, um der Strafverfolgung zu entkommen, und dann daraus ausbüxt, um Lockjaw nicht noch einmal wiederzutreffen. Ihr Ex-Freund Bob und ihre gerade geborene Tochter bleiben auf der Strecke und wir sollen Perfidia für den Rest des Films auch nicht wiedersehen.

Colonel Steven Lockjaw, gespielt von Sean Penn wird von Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor) überfallen

Erst 16 Jahre später geht es weiter: Nach Perfidias Verrat leben Bob und seine Tochter Willa irgendwo abseits des Radars der immer stärker gewordenen Staatsmacht. Aber Lockjaw ist immer noch unterwegs und bekommt noch einen weiteren Grund, sie zu finden. Er möchte nämlich in die ultraexklusive und ultrakonservative Loge der „Weihnachts-Abenteurer“ aufgenommen werden, die sich ironischerweise mit Handheben und „Heil St. Nikolaus“ verabschieden. Dummerweise legen diese aber größten Wert auf die Reinheit des weißen (sprich: arischen) Blutes – und ein von ihm mit einer Schwarzen gezeugtes Kind wäre da nicht nur ein Problem, sondern ein Beweismittel. Und das muss er verschwinden lassen.

Bob Ferguson wird von Leonardo di Caprio gespielt

Hier müssen wir mal innehalten, denn trotz der zuvor beschriebenen Absurdität der Handlung, handelt es sich hier nicht um eine flache Komödie, die auf billige Lacher abzielt. „One Battle After Another“ ist im Grunde ein Drama, das allerdings mit so viel Satire aufgeladen ist, dass man gern lachen möchte – es sich aber verkneifen muss, weil es unpassend erscheint. Und das liegt an Paul Thomas Anderson – einem wirklichen Meister seines Faches.

„Boogie Nights“, „Magnolia“, „There Will Be Blood“, „The Master“, „Inherent Vice“, „Der seidene Faden“ und „Licorice Pizza“ sind Klassiker eines Genres, das nur er beherrscht – der Paul-Thomas-Anderson-Film. Es sind Filme, deren Zauber und deren Surrealismus man in zwei Sätzen nicht beschreiben kann, aber sie wirken nicht so wie gewollte Kunstfilme. Er lullt uns ein, mit perfekten Bildern und Schauspielern, guten Songs im Hintergrund – aber haut uns, sobald wir narkotisiert sind, ziemlich revolutionäre Themen an den Kopf.

So auch hier. Die Namen einiger Protagonisten deuten schon darauf hin, dass wir hier Karikaturen sehen. Perfidia ist wirklich perfide; Colonel Jawlock wäre übersetzt „Oberst Kiefersperre“. Nur DiCaprios Charakter Bob Ferguson bleibt verschont, da er sich trotz seiner weggerauchten und weggesoffenen Gehirnzellen noch so benimmt wie ein normaler Mensch.

Man hat in den 161 Minuten von „One Battle After Another“ nicht selten das Gefühl, in einem Film von Quentin Tarantino zu sitzen und perfekt erzählte Absurdität zu genießen.

„One Battle After Another“ ist nicht wirklich links und nicht wirklich rechts. Die Faschisten hier mögen brutal sein und irgendwie zu früh von der Mutterbrust gerissen worden sein; die Ultra-Linken sind aber noch dümmer und verbohrter, als man es aus der Realität gewohnt ist. Es ist ein Jeder-gegen-jeden – eine Schlacht nach der anderen, um den Titel zu zitieren. Er ist nicht ganz so brillant wie „Boogie Nights“ und „Magnolia“, die besten Filme von Paul Thomas Anderson, aber noch verrückter – und ich möchte nochmals daran erinnern, dass es bei „Magnolia“ Frösche regnete.

„One Battle After Another“ legt nicht nur einen Finger in eine Wunde, sondern drückt alle zehn Finger seiner rechten und linken Hand paritätisch und mit ziemlichem Druck auf beide – und könnte damit der perfekte Film für uns und unsere Zeit sein. Je mehr Leute während der Vorstellung das Kino verlassen, desto mehr bestätigt sich diese These.

Lesen Sie auch:Konservativ im besten Sinne: „Downton Abbeys“ letzter Vorhang

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