
Pünktlich zur Einhundert-Tage-Frist der neuen Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) veröffentlicht das Bundeswirtschaftsministerium Zahlen, die den weiteren Abstieg der deutschen Wirtschaft dramatisch belegen.
„Im zweiten Quartal hat sich die wirtschaftliche Entwicklung, wie zu erwarten war, abgeschwächt“, schreiben die Autoren. „Laut Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal gesunken.“ Der BIP-Rückgang resultierte wohl vor allem aus Vorzieheffekten bei Exporten im ersten Quartal, weshalb es im zweiten Quartal zu einem Rückprall bei den Ausfuhren, insbesondere in die USA, gekommen sei, heißt es.
Kleiner Lichtblick: Positiv habe sich hingegen der Konsum entwickelt, „während die Investitionsentwicklung rückläufig war.“
Gut Wetter macht das Ministerium von Katherina Reiche (CDU) mit Blick auf die allgemeine Atmosphäre. So habe sich „die Stimmung in den Unternehmen in den vergangenen Monaten spürbar aufgehellt.“ Leider geben das die Zahlen nicht her, wie man nicht umhinkommt zu konstatieren: „Doch trotz der Grundsatzeinigung im Zollkonflikt zwischen der EU und den USA und der jüngsten Stimmungsaufhellung in den Unternehmen stehteine spürbare wirtschaftliche Erholung derzeit noch aus.“
Katherina Reiche (CDU), Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, bei einem Besuch bei der Firma Siemens Energy.
Die Fakten:
„Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Juni preis-, kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 1,9 Prozent gesunken. Während die Industrieproduktion mit – 2,8 Prozent deutlich abnahm, legte die Ausbringung im Baugewerbe leicht zu (+ 0,7 Prozent) und die Energieproduktion stieg mit einem Plus von 3,1 Prozent kräftig an. Gleichzeitig ging das Ordervolumen im Verarbeitenden Gewerbe um 1,0 Prozent zurück.“
„Die preisbereinigten Umsätze im Einzelhandel (saisonbereinigt, ohne Kfz) sind im Juni um 1,0 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Gegenüber dem Vorjahresmonat meldete der Einzelhandel im Juni ein deutliches reales Umsatzplus von 4,7 Prozent, insbesondere, weil der Internet- und Versandhandel gegenüber dem Vorjahr beträchtlich um 20,5 Prozent anzog. Bei den PKW-Neuzulassungen durch Privatpersonen ergab sich im Juli im Vormonatsvergleich ein Plus von 11,8 Prozent; in der Dreimonatsbetrachtung zeigt sich eine moderatere Zunahme um 4,9 Prozent.“
ABER: „Das aktuelle Stimmungsbild deutet weiterhin nicht auf eine Trendwende der relativ schwachen Konsumstimmung hin, auch weil Konsumentinnen und Konsumenten die konjunkturelle Entwicklung mit zunehmender Skepsis zu beobachten scheinen.“
„Die Inflationsrate lag im Juli unverändert bei + 2,0 Prozent. Erneut gingen spürbare Entlastungen von den Energiepreisen aus, der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln hat sich stabilisiert. Auch die Kernrate blieb mit + 2,7 Prozent unverändert zum Vormonat. Der Preisdruck bei Dienstleistungen hält an, jedoch mit nachlassender Dynamik. Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich die Inflation auf dem aktuellen Niveau stabilisieren.“
Schlechte Nachrichten kommen auch vom Arbeitsmarkt: „Die Arbeitsmarktschwäche setzt sich auch in den Sommermonaten weiter fort. Während die Arbeitslosigkeit im Juli saisontypisch stieg, ging die Erwerbstätigkeit im Juni saisonbereinigt um 19.000 Personen zurück. Die Frühindikatoren haben sich zwar leicht aufgehellt, angesichts der zuletzt schwachen wirtschaftlichen Entwicklung dürfte sich die Stagnation am Arbeitsmarkt jedoch auch in das zweite Halbjahr hinein fortsetzen.“
Besonders dramatisch sieht es bei den Firmenpleiten aus, wo allen statistischen Tricks zum Trotz kein positiver Trend zu erkennen ist: „Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist nach amtlicher Statistik im Mai um 4,2 Prozent gegenüber dem Vormonat auf 2.036 Fälle gesunken. Im Vergleich zu Mai 2024 wurden 5,3 Prozent mehr Insolvenzen gezählt. Der IWH-Insolvenztrend für Personen- und Kapitalgesellschaften weist für Juli einen Anstieg von 11,8 Prozent gegenüber dem Vormonat aus bei zugleich moderaten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.“
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