
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat seine Forderung nach einem verpflichtenden sozialen Jahr für ältere Menschen erneut bekräftigt und zugleich weiter zugespitzt.
Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte Fratzscher: „Die Boomer haben zu wenig Kinder bekommen. Darum müssen sie im Alter ein soziales Pflichtjahr leisten, damit die Sozialsysteme finanzierbar bleiben.“ Seiner Ansicht nach solle die junge Generation dagegen nicht durch ein soziales Pflichtjahr oder Wehrdienst belastet werden. „Jetzt brauchen wir sie erstmal im Arbeitsmarkt, damit sie Rente, Gesundheit und Pflege der Älteren finanzieren können.“
Auf die Frage, ob er damit auch die Babyboomer, die bereits in ihrer Jugend Wehr- oder Ersatzdienst geleistet haben, ein weiteres Mal verpflichten wolle, bejahte der DIW-Chef. Demnach sollen die Angehörigen dieser Generation doppelt herangezogen werden, während die Generation Z erst in mehreren Jahrzehnten ein Pflichtjahr ableisten müsste. „Wenn man jetzt von den Jungen ein Pflichtjahr verlangt, dann fehlen die ein Jahr im Arbeitsmarkt“, so Fratzscher.
Darüber hinaus übte der Ökonom Kritik am Umgang der älteren Generation mit sicherheitspolitischen Fragen. „Die Kriegsgefahr durch Putin besteht, weil die Älteren sich die Friedensdividende genommen haben“, sagte er. Zwar bezweifle er nicht, dass die Bundeswehr zusätzliche Soldaten brauche, doch müsse über die Frage diskutiert werden, ob dies nur über Pflichtdienste zu erreichen sei oder durch Freiwilligkeit.
Fratzscher verwies im Interview auch auf seine eigene Biografie. Nach dem Abitur 1990 habe er sich zwar bei der Bundeswehr beworben, sei jedoch nicht eingezogen worden: „Zwei ältere Brüder haben bereits Wehrdienst geleistet. Da wird der dritte nicht auch noch gezogen“, so Fratzscher.