Wird Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin gewählt – oder durch CDU- und AfD-Stimmen verhindert?

vor etwa 6 Stunden

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Noch immer schlägt die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht hohe Wellen: Am Donnerstag soll der Bundestag darüber abstimmen, ob die Juristin tatsächlich an Deutschlands oberstes Gericht berufen wird.

Und so stellt sich die Frage: Wird es Abweichler in der Union geben, die bereit sind, gemeinsam mit der AfD gegen die Kandidatin zu stimmen, die vom Koalitionspartner SPD vorgeschlagen wurde? Oder aber findet sich eine Mehrheit von der Linkspartei bis hin zur CDU/CSU, die der Professorin für Staatsrecht ins Amt verhilft?

Wie ist das Bundesverfassungsgericht künftig besetzt?

Innerhalb der Unionsfraktion regt sich derzeit Widerstand, die Diskussionen werden intensiv geführt – und das, obwohl die CDU/CSU-Fraktion dem SPD-Vorschlag eigentlich bereits zugestimmt hat. Grund für die Debatten sind die politischen Aktivitäten der Juristin, die in Teilen der CDU als „ultralinks“ gilt. „Frau Brosius-Gersdorf ist als Richterin am Bundesverfassungsgericht maximal ungeeignet und für jeden Demokraten unwählbar“, erklärte die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig am Donnerstag.

Fest steht: Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig. Die Union will für neue Besetzungen des Bundesverfassungsgerichts die Linkspartei und die AfD möglichst heraushalten. Doch mit den Grünen und der SPD ist das nicht zu machen, denn sie sehen die Linkspartei als legitimen Gesprächspartner an. An den offenen Sympathiebekundungen für politische Gewalt oder einen Systemsturz, wie sie in der ehemaligen SED häufig vertreten werden, stören sie sich nicht.

Gleichzeitig jedoch hält die Union an der Brandmauer fest, auch wenn sie in Wahrheit eine Waffe der linken Parteien gegen sie selbst ist und keine Waffe gegen die AfD. Die Fraktionsspitze der CDU/CSU ist gezwungen, Kompromisse mit den linken Parteien zu schließen. Die Republik rückt innerhalb dieser Parameter weiter nach links. So ist es auch kaum verwunderlich, dass die Wahlverliererpartei der SPD mit Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf am 11. Juli gleich zwei Kandidatinnen für das Bundesverfassungsgericht vorschlagen darf, die Union mit Günter Spinner vom Bundesarbeitsgericht aber nur einen Juristen nominiert.

Gibt es mehr als 57 Abweichler, fällt die Kandidatin für das Amt der Verfassungsrichterin durch.

Die Juristin sprach sich öffentlich für eine Impfpflicht aus und bezeichnete sie als „verfassungsrechtliche Pflicht“. Sie behauptete, die Gesundheit der Geimpften werde von den Ungeimpften bedroht, was nachweislich nicht stimmte. 2020 hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Juristen Hubertus Gersdorf, erklärt, dass ein pauschales Kopftuchverbot („Neutralitätsgebot“) im öffentlichen Dienst nicht verfassungsgemäß sei.

Zudem ist Brosius-Gersdorf eine engagierte „Gegen Rechts“-Kämpferin, die mitunter im Stile einer linken Aktivistin auftrat. In der ZDF-Talkshow bei Markus Lanz forderte sie am 25. Juli 2024, AfD-Mitgliedern die Grundrechte zu entziehen, damit sie nicht gewählt werden könnten. „Wir sind eine wehrhafte Demokratie. Wir haben Schutzvorkehrungen gegen verfassungsfeindliche Parteien. Wir haben die Möglichkeit, Einzelpersonen Grundrechte zu entziehen“, erklärte sie. Zugleich bedauerte die Juristin jedoch, „dass damit natürlich nicht die Anhängerschaft beseitigt“ werden könne.

Gleichzeitig unterstützt die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht seit Jahren verbindliche Frauenquoten für die deutschen Parlamente. „100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist eine Quote zur Steigerung des Frauenanteils im Bundestag ebenso wie in den Landtagen und Kommunalvertretungen überfällig“, schrieb sie 2019 auf dem Verfassungsblog.

Ein Kritikpunkt ist auch ihre Haltung zur Abtreibung. Brosius-Gersdorf fordert eine Abschaffung des §218 StGB. Sie war als stellvertretende Koordinatorin der „Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch“ schon Mitglied der „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, die von der Ampelkoalition eingesetzt worden war.

Frauke Brosius-Gersdorf, Juristin, stellt den Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin vor.

In der Pressekonferenz zum Abschlussbericht der Kommission im April 2024 stellte sich Brosius-Gersdorf gegen die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zum §218 StGB. So beanstandete sie, dass das BVerfG in seinen Urteilen von 1975 und 1993 dem ungeborenen Kind ab der Befruchtung der Eizelle das volle Lebensrecht „zuerkannt“ hätte.

Deshalb machen nun auch die Lebensschützer gegen die Nominierung mobil. Die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) forderten CDU und CSU am Mittwoch auf, die von der SPD vorgeschlagene Juraprofessorin wegen ihrer Haltung zum Recht auf Leben abzulehnen. Brosius-Gersdorf trete „für eine unterschiedliche Gewichtung des Lebensrechtes des ungeborenen Kindes je nach Entwicklungsstadium ein“, kritisierte die CDL-Bundesvorsitzende Susanne Wenzel und betonte: „Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt“.

Die Entscheidung jedenfalls hat eine zentrale Bedeutung für die Zukunft des Rechtsstaats. Die Position von Brosius-Gersdorf ist besonders, weil sie vermutlich Vorsitzende des Zweiten Senats und ab 2030 auch Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts werden würde. Damit träte sie in die Fußstapfen von Stephan Harbarth. Sollte die Juristin sich bei der Wahl durchsetzen, wäre dies ein weiterer Sieg für die politische Linke.

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