
Die EU und die US-Regierung loben ihren „Zoll-Deal“ als besonderen Erfolg. Ursula von der Leyen schmiert einerseits Donald Trump Honig um den Bart mit Lobgesängen auf die „großartige Einigung“ und versucht andererseits, auch den Menschen in der EU einzureden, dass die Einigung für Europa mindestens ebenso großartig sei.
Das stimmt aber nicht. Denn die USA sind der große Gewinner. Europa zahlt drauf. Nicht nur bei den 15 Prozent Zöllen auf Exporte in die USA, auch in anderen Bereichen. Schlimmer noch: Soweit hätte es nicht kommen müssen. Vor knapp zehn Jahren sollte es ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU geben. Damit wären Trumps Zölle ausgeschlossen gewesen. Doch dieses Abkommen gab es nicht. Weil linke Parteien und NGOs in Deutschland und der gesamten EU so massiv dagegen Front machten und Fake-News verbreiteten, dass es nicht mehr umsetzbar war. Die Unionsparteien von Ursula von der Leyen schwiegen damals schon dazu. Damit wurde der Deal von Schottland jetzt überhaupt erst möglich. Weil die USA alle Hebel in die Hand bekamen. Mit der Kritik an dem Zoll-Deal soll von diesem Versagen von damals jetzt möglichst abgelenkt werden.
Denn die Kritik an dem Deal ist zum großen Teil Kaffeesatzleserei. Die Details müssen nämlich noch definiert werden und damit sind alle Voraussagen reine Vermutungen. Trump und seine Berater haben aber darauf geachtet, dass einige Punkte jetzt schon klar sind. Nämlich die, die den USA nützen und für die die Europäer zahlen sollen.
US-Präsident Donald Trump und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, geben sich nach dem Deal die Hand.
Die Rahmenbedingungen des „größten Deals aller Zeiten“ (Trump) sind folgende:
Die USA erheben einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent auf die meisten Importe aus der EU, einschließlich Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Das ist weniger, als Trump zunächst androhte (nämlich 30 Prozent), liegt aber deutlich über den früheren Zollsätzen (z. B. 2,5 Prozent für Autos vor April 2025). Hier verliert die EU.
Die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte bleiben bei 50 Prozent bestehen. Trump betonte, dies sei eine „weltweite Angelegenheit“, die unverändert bleibt. Von der Leyen wies jedoch auf zukünftige Verhandlungen hin, die ein Quotensystem und eine mögliche Senkung der Zölle für Stahl und Aluminium anstreben. Doch daraus dürfte nichts werden. Bei Stahl bleibt Trump hart – denn es geht um seine Kernwähler. Auch hier verliert Europa.
Ein gegenseitiger Zollsatz von null Prozent wurde für bestimmte Produkte vereinbart, beispielsweise Luftfahrtkomponenten, Chemikalien, Generika Arzneimittel, Halbleiterausrüstung, Agrarprodukte und Kritische Rohstoffe. Hier verliert Europa zwar nichts – bekommt aber auch nichts.
Zahlen muss die EU aber dafür an anderer Stelle mehrere hunderte Milliarden.
Die EU verpflichtet sich, Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar aus den USA zu kaufen, insbesondere Flüssiggas (LNG). Laut Berichten von unter anderem Politico und Handelsblatt plant die EU, 250 Milliarden US-Dollar davon umzuleiten, die bisher für russisches Erdgas verwendet wurden.
Die EU hat zudem zugesagt, 600 Milliarden US-Dollar in die USA zu investieren. Details zu den Investitionsbereichen wurden nicht öffentlich spezifiziert, aber Trump bezeichnete dies als bedeutenden Teil des Abkommens.
Und die EU verpflichtet sich zu Käufen von US-Militärausrüstung in nicht näher bezifferter Höhe, was die Abhängigkeit Europas von den militärischen Fähigkeiten der USA verstärkt. Dabei wollte die EU doch immer unabhängiger von den USA werden, wie vor allem Friedrich Merz und Lars Klingbeil in Deutschland immer wieder betonen und auch Frankreichs Präsident Macron diese Phrase immer wieder in alle Kameras und Mikrofone spricht.
Unter dem Strich kommt also genau das Gegenteil von dem heraus, was die Politik in Brüssel und Berlin stets als angebliches Ziel ausgibt. Investitionen fließen mit hunderten Milliarden in die USA und nicht in europäische Länder (wie zum Beispiel Deutschland in der Wirtschaftskrise) und die Abhängigkeit von den USA wird stärker als je zuvor. Bei Energie und Verteidigung!
Der Hafen von Mukran, in dem auch amerikanische LNG Tanker anlegen.
Bei diesem miserablen Ergebnis soll natürlich keiner auf die Idee kommen, zu fragen, warum es überhaupt soweit gekommen ist. Und ob es nicht Möglichkeiten gegeben hätte, so einen Deal zu verhindern. Denn die hätte es gegeben. Und diese Möglichkeiten wurden von Linken Parteien und NGOs gemeinsam sabotiert und zerstört.
Das sogenannte Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaftsabkommen (TTIP) zwischen der Europäischen Union und den USA war schon 2013 als umfassendes Freihandels- und Investitionsabkommen konzipiert. Ziel war der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken. TTIP sollte den Handel mit Waren und Dienstleistungen erleichtern, den Zugang zu Beschaffungsmärkten verbessern, Investitionen fördern, regulatorische Kooperation stärken, sodass voneinander abweichende Regeln angeglichen werden, neue Regeln in Bereichen wie geistiges Eigentum, Datenflüsse, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards setzen und ein „Wachstumspaket“ für beide Seiten schaffen, das laut EU-Kommission das BIP der EU um 120 Milliarden Euro und das der USA um 90 Milliarden Euro steigern sollte. Geradezu Kleckerbeträge im Vergleich zu den hunderten Milliarden, die jetzt von der EU an die USA gezahlt werden. Mit dem Abkommen wollten die USA und die EU vor allem China, Indien und Russland auf Abstand halten, indem sie ihre Zusammenarbeit stärken. TTIP sollte sogar „Goldstandard“ für moderne Handelsabkommen setzen. Nichts davon wurde je Wirklichkeit.
Denn massive Widerstände gegen TTIP waren in ganz Europa orchestriert und organisiert. Vor allen von NGOs, Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie linken und grünen Parteien. Schaut man heute auf die wichtigsten Kritikpunkte von damals, dann muss man feststellen: Es ist mit dem neuen Deal genauso – nur noch radikaler und „schlimmer“. Ein volles Eigentor für Europa und für die vereinigte Linke von damals und heute.
NGOs, Umweltverbände, Gewerkschaften sowie linken und grünen Parteien verhinderten das TTIP Handelsabkommen.
Die Mobilisierung gegen TTIP war international und vielgestaltig. NGOs und Bündnisse wie Attac, Campact oder das Stop-TTIP-Bündnis und natürlich auch die Klimaaktivisten von Fridays for Future organisierten große Demonstrationen, „Informationskampagnen“, Internet-Petitionen (u.a. die „Europäische Bürgerinitiative“ mit über 3 Millionen Unterschriften gegen TTIP und CETA), Veranstaltungen und „Aufklärungsmaterial“, das vor allem alte linke Parolen gegen Freihandel propagierte und unterstellte, „die Reichen“ und „die Konzerne“ hätten sich gegen die Demokratie und die Europäer verschworen. Linke und grüne Parteien unterstützten die Proteste auf parlamentarischer und außerparlamentarischer Ebene, zum Beispiel durch die Organisation von Hearings oder durch offene Briefe im Europäischen Parlament. Die Proteste erreichten eine breite Öffentlichkeit. Allein 2015 protestierten Hunderttausende in Berlin, London, Paris und vielen weiteren Städten. Die Kritik wurde insbesondere von öffentlich-rechtlichen Medien aufgegriffen und groß berichtet. Die Verhandlungen zu TTIP wurden von der EU nach der ersten Wahl von US-Präsident Trump 2016 de facto eingefroren und 2019 von der EU Kommission für „obsolet und nicht mehr relevant“ erklärt. Linke und NGOs hatten ihr Ziel erreicht.
Eine Anti-TTIP-Demo in Berlin 2015. Vor 10 Jahren protestierten Hunderttausende in Berlin, London, Paris und vielen weiteren Städten.
Mobilisiert hatten sie vorher jahrelang mit folgenden Behauptungen:
Intransparenz der Verhandlungen: Die Gespräche würden weitgehend hinter verschlossenen Türen geführt, wichtige Dokumente seien nicht öffentlich zugänglich, lautete die Kritik damals. Der „großartige Deal“ zwischen der EU und den USA jetzt wurde komplett hinter verschlossenen Türen und abseits der demokratisch legitimierten Institutionen und Strukturen der EU und Deutschlands ausgeklüngelt. Dagegen waren die TTIP Verhandlungen so offen wie die berühmten Scheunentore.
Gefahr für Demokratie und Souveränität: Auch damals ging es schon um „unsere Demokratie“, die angeblich durch TTIP bedroht war. Insbesondere eine vorgesehene Schiedsgerichtsbarkeit (Investor-Staat-Streitschlichtung, ISDS) wurde kritisiert, da sie Unternehmen ermöglicht hätte, Staaten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn nationale Gesetze, etwa im den Linken und NGOs so heiligen Umwelt- oder Verbraucherschutz, als gewinnmindernd angesehen würden. Konzerne würden dann angeblich gegen Umwelt und Klima klagen können. Solche Klagen „gegen das Klima“ hätte es nie geben können; es ging immer um den in den USA und der EU rechtmäßigen und verfassungsmäßigen Schutz von Eigentum an Unternehmen. Interessanterweise ist es heute so, dass Klagen in die andere Richtung immer wahrscheinlicher werden. Der Internationale Gerichtshof hat vor kurzem ein Grundsatzurteil gesprochen, nach dem „klimaschädliches Verhalten“ von Unternehmen und Regierungen jetzt verklagt werden kann. Und die SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht befürwortet offensiv das Verklagen von Unternehmen und insbesondere Banken, weil diese klimaschädlich wirtschafteten. Vor einer „Gefahr für die Demokratie“ warnt da keiner …
Absenkung von Standards: Viele „Aktivisten“ befürchteten durch TTIP niedrigere Verbraucherschutz-, Lebensmittel- und Umweltstandards, beispielsweise durch „Chlorhühnchen“ und gentechnisch veränderte Lebensmittel. Auch das waren „Fake News“. Denn die Standards für den Verbraucherschutz in der EU hätten auch mit TTIP weiter bestanden. Irgendwelche Standards und Schutzgarantien gibt es in dem neuen Deal von Trump und Von der Leyen gleich gar nicht …
Einfluss der Konzerne: Linke Parteien und NGOs bemängelten, dass TTIP große Unternehmen begünstige und deren Einfluss auf die Gesetzgebung und Regulierung vergrößere. Auch das waren damals einfach nur Behauptungen und Horrorgeschichten. Nirgendwo im TTIP Abkommen wurde Unternehmen irgendein neuer Einfluss oder eine neue Mitbestimmung garantiert. Bei dem neuen Deal profitieren nun interessanterweise vor allem amerikanische Großkonzerne von den Investitionen aus Europa und vom verbesserten Zugang zum EU-Markt, was ihnen wiederum mehr Macht und Einfluss in Europa gibt.
Eine Großdemonstration gegen das Freihandelsabkommen TTIP und Ceta an der Deutzer Werft in Köln 2016.
Angesichts dieser absolut miesen Bilanz ist es völlig offensichtlich, dass SPD, Linke, Grüne und angeschlossene NGOs jetzt alles versuchen, mit gespielter Bestürzung und inszenierter, angeblicher Sorge um die europäische Wirtschaft von ihrem Versagen und ihrer Verantwortung abzulenken.
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