
Friedrich Merz ist ohne Gegenkandidat angetreten. Die Stimmung im Bundestag schien entspannt. Die Fraktionschefs von SPD, CDU und CSU hatten im Vorfeld angekündigt, dass ihre Reihen stünden. Zwölf Stimmen haben beide Fraktionen über den Durst. Eigentlich schien die Wahl nur eine Formsache. Doch Merz fehlten im ersten Durchgang die notwendigen Stimmen.
Als Präsidentin Julia Klöckner (CDU) nach über einer Stunde das Ergebnis verliest, kommt es zur Überraschung: Nur 310 Abgeordnete haben Merz gewählt, 307 Abgeordnete haben gegen ihn gestimmt, drei sich enthalten. In den ersten beiden Durchgängen braucht ein Kandidat die Mehrheit der Stimmen aller Abgeordneten im Bundestag – auch derer, die am entscheidenden Tag fehlen. Merz hätte also 316 von 630 Stimmen gebraucht. Im dritten Wahlgang genügt eine einfache Mehrheit – dann wäre Merz mit 310 Stimmen gewählt.
Nach der Verkündigung des Ergebnisses hat Klöckner die Sitzung unterbrochen. Nun beraten die Fraktionen neu. Wahrscheinlich ist, dass Abgeordnete der SPD sich der Wahl Merz’ verweigert haben. Sie sind immer noch sauer auf den Kanzlerkandidaten, weil dieser als Fraktionsvorsitzender vor der Wahl einen Antrag zum Kampf gegen die illegale Einwanderung in den Bundestag eingebracht hat, der nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit finden konnte.