Friedrich Merz bleibt ein Chamäleon – und klingt nun wie Robert Habeck

vor 13 Tagen

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Verstehen Sie Merz? Das klingt wie der Titel eines Romans und ist doch die zentrale politische Frage. Friedrich Merz will sich am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler wählen lassen. Das wissen wir nun.

Die aktuelle Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:

Was wir aber nicht wissen: Welchen Merz sollen die Abgeordneten küren? Den konservativen Wühlarbeiter, Mr. Anti-Merkel? Oder den geschmeidigen Talkshow-Gast, der allen wohl und keinem weh will?

Mit Merz könnte aber auch Robert Habeck ein indirektes Comeback erleben. Der Sauerländer macht sich vieles zu eigen, was der grüne Lieblingsgegner einst vertrat. Merz blinkt rechts, biegt links ab, und nun ist er ergrünt. Merz ist ein politisches Chamäleon – ein schaukelndes Leichtgewicht, das sich jeder Umgebung anpasst.

Am Drang zum Tor mangelt es Merz nicht. Er will ins Kanzleramt, und er wird es aller Voraussicht nach erreichen. Dass die Jungsozialisten den Koalitionsvertrag ablehnen, dürfte ihn nicht aufhalten. Zu viel hat die SPD erreicht, als dass sich eine sozialdemokratische Mehrheit gegen eine Regierungsbeteiligung aussprechen würde.

Der Vertrag atmet aber auch einen grünen Geist. Im Kapitel zur Energiepolitik wird die Kernkraft nicht erwähnt, am Verbrenner-Aus nicht gerüttelt, eine „Grüngasquote“ vorgeschlagen und an der CO2-Bepreisung festgehalten. Diese Seiten wird Habeck mit Genugtuung lesen.

Schon vor der Wahl gab es Hinweise, wie sehr Merz sich um Applaus aus der grünen Ecke bemüht. Dann trug er Passagen vom Zettel vor, stockend, wie abgelesen.

Er tat es aus zwei Gründen: Er wusste und weiß, dass er mit grüner Rhetorik bei mehrheitlich grünen Journalisten punkten kann. Und er wusste und weiß, dass die Vergrünung der eigenen Partei weit fortgeschritten ist; Stichwort Klima-Union; Stichwort Hendrik Wüst und Daniel Günther, die mit grünen Koalitionspartnern regieren. Dann klang Merz so:

Das war Friedrich Merz, und das war Fleisch vom Fleische Habecks, Baerbocks und Dröges. Der Klimawandel könne katastrophale Folgen haben. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen sei wichtiger als der Erhalt der Wirtschaft. Klimaneutralität sei das alternativlose Ziel. So redete Merz, um den grünen Dämon zu besänftigen, der sich in den Medien und der eigenen Partei breitmacht.

Jetzt, nach der Wahl, präsentiert Merz die Rechnung: Durch die CO2-Bepreisung werde alles teurer. Alles. Die Senkung der Einkommensteuer gebe es nur bei florierender Wirtschaft; die Erhöhung der Energiepreise auf jeden Fall.

Die Koalition will den Bürger erziehen durch den Preisaufschlag auf fossiler Energie – und sie will die Wirtschaft gängeln durch den Emissionshandel. Der von der Union in Aussicht gestellte Klimabonus ist passé. Die Schnittmenge aus grüner Bevormundung und staatlicher Lenkung heißt: Merz.

Merz könnte nicht nur als Schuldenkanzler in die Geschichte eingehen, sondern auch als Kanzler, der alles teurer macht. Dafür ist die Union aber nicht gewählt worden.

Nein, Herr Merz, nicht ganz Deutschland ist der Klimaschutz so viel wert, wie Sie es unterstellen. Nicht ganz Deutschland ist der Überzeugung, dass die kleine Bundesrepublik einen signifikanten Einfluss auf das Weltklima habe. Herr Merz, Sie haben Deutschland insofern nicht verstanden.

Und schon droht eine weitere Belastung. CDU-Generalsekretär Linnemann stellt sie in Aussicht:

Wenn Politiker über Beiträge reden wollen, werden diese Beiträge steigen. Das lehrt alle Erfahrung. Unter Merz werden die Kranken- und Rentenkassenbeiträge ebenso steigen wie die Energiepreise. Die Linkswende des Friedrich Merz wird von einer Drift ins Grüne flankiert.

Beides zeigt, dass der künftige Kanzler ganz anders ist, als es seine Gegner in der Merkel-Ära unterstellten. Merz ist Chamäleon, nicht Löwe. Er beherrscht das konservative Karo, wenn es ihm dient. Er umgarnt die Sozialdemokraten, solange es nötig ist. Er redet grün, wenn er Gegner besänftigen und sein Image aufpolieren will.

Ich befürchte: Deutschland bekommt einen Kanzler, auf den es nicht bauen kann.

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