
Jetzt geht es also in die Endrunde der Koalitionsverhandlungen, wobei Ziel der künftigen Bundesregierung sei, „ein bisschen mehr Optimismus“ zu schaffen. Sagt Markus Söder. Ein großes Wort. „Neue Hoffnung“ muss her, weil die Hoffnung, die die Wähler mit der Abwahl der Ampel gerne gewählt haben, in nur drei Wochen verspielt wurde. SPD und CDU führen derzeit exemplarisch vor, warum Deutschland scheitert. Sie schieben hunderte von Seiten von einem Schreibtisch zum nächsten.
Auf vielen ist die Druckertinte schwarz, da sind sie sich einig. Dann folgt rot, das sind Forderungen der SPD. Die lesen sich meist, als habe der Juso-Ortsverband Groß-Gerau mal Regierung gespielt, und selbst Parteivorsitzende Saskia Esken warnt vor dem Zusammengeschreibsel der sogenannten Fachpolitiker. In den Vorlagen ist manches blau, das sind Forderungen der CDU. Manches ist peinlich, etwa wenn die von Philipp Amthor geführte Verhandlungsgruppe fordert, dass das Informationsfreiheitsgesetz gelockert wird – jenes Gesetz, mit dessen Hilfe die schmierigen Geschäfte von Philipp Amthor offengelegt wurden. Da ist die Tinte blau, die Forderung ist Verhandlungsmasse.
Dafür will die SPD, dass ihr kränkelndes Zeitungsimperium und andere, ihr wohlgesinnte, also „zuverlässige“ Medien künftig aus der Staatskasse finanziert werden. Es wäre eine Art Gebührenmodell auf Steuerzahlerbasis, das ARD und ZDF schon ermöglicht, Propaganda zu senden, bis der Bildschirm flimmert. So macht man Politik: Gibst du mir, gebe ich Dir. Wer mehr kriegt, entscheiden am Ende Friedrich Merz und Lars Klingbeil; bisher hat die CDU übrigens immer den Kürzeren gezogen. Das soll sich jetzt ändern, aha.
Der Juso-Ortsverein Groß-Gerau in Person der SPD-Fachpolitiker will Steuererhöhungen, damit Freiberufler, Arbeitnehmer und Handwerker nur ja nicht mehr sparen können für das Alter oder wofür auch immer: Kapital nennen sie das, was die Menschen auf die Seite legen, und das muss weggesteuert werden.
Die Pille und Kondome sollen dafür kostenfrei werden. Strom muss billiger werden, das weiß jeder. Also wird er nicht billiger produziert, sondern noch teurer über noch mehr Windräder, für die es schon heute keine geeigneten Standorte mehr gibt. Aber Schwachwindräder kann man ja subventionieren, aus der Staatskasse, 1000 Milliarden liegen ja herum und müssen verbraucht werden. Die Städte und Kommunen dürfen jetzt Schulden aufnehmen, damit nur ja die Migration nicht begrenzt, sondern unbegrenzt weiter laufen kann. Schulden sind für alles gut. Das sind keine Einzelposten. Das ist SPD-Politik pur: Der Staat weiß alles besser, er leitet, lenkt und vergibt gnadenhalber dann Gummis umsonst, um vergessen zu machen, dass er die Menschen zuvor in die Staatsabhängigkeit getrieben hat.
Politikwechsel nach der Methode Friedrich Merz ist bislang: Alles wird per Schulden finanziert. Wer kritisiert, verbreitet Hass und Hetze und soll verboten werden. Die Großunternehmen werden geschmiert, ihr Geschäft läuft ohnehin längst im Ausland. Nicht vergessen: Der Paragraph 218 soll abgeschafft werden; wer künftig Schwangeren Mut macht zum Kind, soll „schadensersatzpflichtig“ werden. Kinder sind bekanntlich Schaden, so die sozialdemokratischen Frauen. Und selbstverständlich soll das „Ehegattensplitting“ abgeschafft werden, damit Familien noch höhere Steuern bezahlen und Familien, die für Kinder oder Großeltern Zeit aufbringen, dafür steuerlich bestraft werden. Dafür soll anschließend „Care-Arbeit“ wieder bezuschusst werden. Es ist komplett sinnfreie Politik, die von seitenlangem Wortgeklingel begleitet wird. Auch hier: Streichen im Forderungskatalog wird nicht helfen. Es geht um Werte-Entscheidungen.
Heute wissen wir noch nicht, ob es „Blau“ gelingt, wenigstens etwas gegen „Rot“ durchzusetzen. Es ist auch egal. Denn die Richtung stimmt nicht: Vielleicht hat Friedrich Merz an der Uni in den 70ern noch was anderes gelernt und seither nichts dazu. Die herrschende Lehre nannte man damals „Keynesianismus“. Mit Staatsknete wollte man die Nachfrage stärken und die Wirtschaft anheizen. Es hat nicht geklappt; für viel Geld kaufte man nur Stagnation und Inflation, wofür das schöne Wort „Stagflation“ erfunden wurde.
Wirtschaft ist, wenn sich Wirtschaften lohnt. Genau das tut es nicht in Deutschland, die Gründe dafür hat in der Vergangenheit übrigens kaum jemand besser beschrieben als: Friedrich Merz, der jetzt das Gegenteil verordnet. Jetzt will er der neue Stagflationskanzler werden.
Wenn Bürokraten über Bürokratie-Abbau reden, wächst die Bürokratie. Denn Bürokratie kennt nur ein Rezept: Paragraphen. Das Gegenmodell ist: Ganze Gesetze komplett zu streichen, statt sie zu „reformieren“. Denn Reform durch Bürokraten bedeutet: noch mehr Kleinteiligkeit, noch mehr Paragraphen. Bisher lesen wir nichts von der Abschaffung ganzer Gesetzeswerke, und dabei geht es um Dutzende.
In Berlin aber wird weiter, statt mit der Kettensäge zu arbeiten, Bullshit-Bingo im Altersheim der Politik gespielt. Und Merz schreibt die Zahlen an die Tafel. Verhandlungsmacht hat er nicht. Mit seiner kindlichen Absage an jedes Gespräch mit der AfD, er nennt es Brandmauer, hat er sich dem linken Lager ausgeliefert. Um dessen Zustimmung zu erkaufen, muss er mittlerweile sogar die Linke ins Boot holen. Der Alt-Stalinist Gregor Gysi, eine Art Ziehsohn von Erich Honnecker und einer der letzten Repräsentanten von DDR und SED, wird in den Kreis der Union aufgenommen als „einer von uns“.
Das ist wirklich eine Politikwende. Allerdings haben die Wähler nicht nach links abbiegen wollen, sondern nach rechts, um es vereinfacht zu sagen: zu mehr Freiheit, zu mehr Eigenverantwortung, zu weniger, aber besserem Staat, zu niedrigeren Steuern und weniger Schulden, zu mehr Rechtsstaatlichkeit und zu mehr Freiheit. Merz hat rechts geblinkt und ist scharf links abgebogen.
Nicht freiwillig – sondern infolge seiner Grundentscheidung: Wer links Mehrheiten sucht, kriegt eben SED, die gemeinsame Partei von Sozialdemokraten und Kommunisten. So einfach. Wer grüne Stimmen kaufen will, kriegt das Heizungsgesetz und Klimapolitik ins Grundgesetz.
Jetzt stakst Friedrich Merz durch den Bundestag wie ein hilfloser Storch auf dem Parkplatz, dem die Feuchtwiese mitsamt den Fröschen abhanden gekommen ist.
Draußen im Land sieht man das anders. Während Deutschland weiter Afghanen mit Charterflugzeugen einfliegt, schließt Polen seine Grenzen und schafft das Recht auf Asyl ab – offensichtlich gibt es zwei Sorten EU-Recht: eines, das den Deutschen genau das verbietet, was die Polen können und dürfen. (Übrigens auch die Dänen und andere Länder).
Die CDU ist längst keine verschworene Wertegemeinschaft mehr, sondern ein Karrieristenverein. Aber ganz ohne einen Rest an Verstand geht es nicht ab bei ihr. Normale Mitglieder sind zu mickrig aus der Perspektive eines Storchs, nicht mal als Froschfraß geeignet. Aber diese Mitglieder machen eine Volkspartei aus. Die verdampft gerade. Das Biotop der CDU wird von SPD, Grünen und Linken gerade trockengelegt.
Im Deutschen Bundestag ist die CDU für sich genommen, also ohne ihr Anhängsel CSU, mittlerweile nur noch zweitstärkste Partei hinter der AfD. Selbst in Bayern wächst schon der Widerstand, wünscht man sich Söder nach Berlin, um wenigstens den Freistaat halten zu können. Denn langsam dämmert der CDU wie ihrem Chef: Neuwahlen wären buchstäblich der Exitus der Wahlschwindel-Partei. Merz wird absehbar der letzte denkbare CDU-Kanzler sein; mit Doppelfunktion als Totengräber der Partei.
Friedrich Merz hat es geschafft, die CDU kleinzukriegen, noch ehe er ans Regieren kommt. Das ist eine Leistung. Neuen Regierungen wird üblicherweise Kredit gegeben. Merz ist schon so gut wie pleite, noch ehe er seinen Traum „Kanzleramt“ auch nur einen Tag ausleben konnte.
Er hat keinen Plan, außer dass er unbedingt Kanzler werden will, um jeden Preis. Dabei ist er längst ein Fall für psychologische Studien: Wie eine Verletzung im Karriereplan Seele und Verstand auffressen kann und reine Machtgeilheit das Nachdenken lahmlegt.
Selbst wenn er in die Waschmaschine einzieht, wie der monströse Hässlichbau des Kanzleramts in verschmiertem Hühnerkackegrün im Volksmund heißt: Er ist der Mann, der das Erbe von Konrad Adenauer verspielt hat.