
Der Verein „Fulda stellt sich quer“ (FSSQ), der am bundesweit ausgeschriebenen Programm „Demokratie leben“ teilnimmt, hat offenbar in erheblichem Ausmaß gegen das Regelwerk der städtischen „Partnerschaft für Demokratie Fulda“ verstoßen und so staatliche Fördergelder in fünfstelliger Höhe erschlichen. Laut der AfD Fulda hat der FSSQ-Verein zu Unrecht Fördergelder in Höhe von mindestens 73.123,60 Euro erhalten. Das gehe aus den Akten zu den Jahren 2019 bis 2023 hervor, die die AfD-Fraktion nach ihrem Antrag endlich einsehen konnte. Wie sich zeigt, stinkt in diesem Fall fast die gesamte Akte nach Korruption, Klüngel und inkorrekten Praktiken. Von Fristversäumnissen und Belegmängeln über Mehrfachabrechnungen und nicht erbrachte Leistungen bis hin zu Honorarverträgen des Vereins mit eigenen Mitgliedern findet sich fast alles, was man sich ausdenken kann.
Laut der Webseite des Bundesprogramms „Demokratie leben“ sollen die teils über kommunale Stellen wie jene in Fulda weitergereichten Gelder aus dem Haushalt des Bundesfamilienministeriums dazu dienen, Projekte zu fördern, die „sich für Demokratie und Vielfalt stark machen und gegen Extremismus einsetzen“. De facto richten sich viele der Projekte gegen konkrete Parteien (oder eine bestimmte), was kaum mit dem Programmzweck übereinkommt.
Um die Gelder auf legale Weise zu erhalten, hätte der FSSQ-Verein allerdings bestimmte Bedingungen erfüllen müssen. Aber das geschah praktisch durchgängig nicht. So blieb der Verein Verwendungsnachweise für schon erstattete Gelder schuldig oder reichte sie nur verspätet nach. Frank Schüssler zitiert wörtlich aus den Regularien der lokalen Partnerschaft für Demokratie Fulda: Die Nachweise müssen demnach bis spätestens acht Wochen nach Projektende bei der Koordinierungsstelle eingehen. Ist das nicht der Fall, „müssen die Fördermittel in voller Höhe zurückgezahlt werden“. Zudem sind acht Wochen nach Projektende ein „Abschlussbericht“ und eine „Belegliste“ vorzulegen.
Die Prüfung der Akten ergab nun, dass der Verein FSSQ insgesamt 22 Mal die Abgabefrist versäumte, manchmal bis zu einem halben Jahr, in drei Fällen sogar gar keinen Abschlussbericht vorlegte. Zudem forderte ein Mitarbeiter der Koordinierungsstelle (!) in einem besonders pikanten Fall einen Beleg noch mehr als zwei Jahre nach dem Rechnungsdatum an – und fügte diesen dann in die Akten ein, vermutlich um bei einer damals schon befürchteten Prüfung durch die AfD standzuhalten.
Weitere Inkorrektheiten kommen hinzu. Achtmal wurden Ausgaben trotz nicht vorliegender Belege von der „Partnerschaft für Demokratie“ erstattet. Siebenmal wurden Rechnungen mehrfach zur Erstattung eingereicht. Fünf Rechnungen stammten aus der Zeit vor oder nach dem zugeordneten Projekt. Zusammen kommen so noch einmal 3281,63 Euro unrechtmäßig erstatteter Beträge dazu. Weitere 500 Euro wurden für einen Vortrag erstattet, der coronabedingt ausgefallen war und der Aktenlage nach nie nachgeholt wurde.
Der Charakter des Vereins wird aber besonders deutlich in einer weiteren Inkorrektheit. Denn gleich mehrfach schloss „Fulda stellt sich quer“ Ηonorarverträge mit seinen eigenen Vereinsmitgliedern, obwohl das laut dem Regelwerk der „Partnerschaft für Demokratie“ unzulässig ist, „außer diese verfügen über eine besondere Qualifikation, die für die Durchführung des Projektes relevant ist“. Das aber konnte man von den Mitgliedern und selbst vom Vorsitzenden, dem einstigen Gewerkschafts- und Fußballfunktionär Andreas Goerke, wohl nicht sagen. Es wurde zumindest nirgendwo aktenkundig versucht.
Der FSSQ-Verein hat insgesamt neun Mal Honorarverträge mit dem Vereinsvorsitzenden, dessen Stellvertretern, mit Beisitzern und anderen Mitgliedern abgeschlossen. Die geforderte „besondere Qualifikation“ wurde offenbar in keinem der Fälle nachgewiesen. Erst beim zehnten Versuch, als wiederum ein Honorar an den Schatzmeister des Vereins geflossen war, wurde der Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, dass „solche Honorarverträge nicht zulässig seien“. Hier ist ein finanziell minderer Schaden von 2.400 Euro entstanden, der aber ebenso schwer wiegt wie die größeren Einbußen, weil er zeigt, wie die „Partnerschaft für Demokratie“ sogar ihr eigenes Regelwerk mindestens neunmal bewusst gebeugt und missachtet hat.
Belege legte der Verein ohnehin nur in Form von Kassenbons vor. Ob Honorare überwiesen wurden oder nicht, dazu gab es keine Nachweise, ebenso zu etwaigen Online-Einkäufen. Die AfD traut sich hier keine Einschätzung des Gesamtschadens zu.
Politisch brisant ist daneben die Frage, ob der Verein politisch auch gegen eine konkrete Partei – eben die AfD – agitiert hat. Das ist im Grunde keine Frage mehr, seit bundesweit bekannt ist, dass der Verein es sich vorgenommen hat, die AfD Fulda „kaputt zu machen“, und sich dazu auch der Hilfe eines zwielichtigen Leipziger Antifa-Rechtsanwalts versicherte. TE berichtete. Dabei hatte es der Verein insbesondere auf den AfD-Kreisvorsitzenden Pierre Lamely abgesehen, der mit einer Kampagne nach der anderen traktiert wurde. Lamely ging auch für seinen Parteiverband immer wieder vor Gericht und bekam meist Recht. Das nutzte der Verein dann wiederum, um mit der Behauptung Spenden zu sammeln, die örtliche AfD führe eine Kampagne gegen FSSQ.
Dann, kurz vor der Kommunalwahl 2021, lud sich der Verein Franziska Schreiber als Referentin ein, Autorin des Buches Inside AfD. Darin erkennt die AfD eine Mobilmachung „explizit gegen eine Partei“, die auf Wahlbeeinflussung hinausgelaufen sei. Diese Veranstaltung aber hätte „niemals mit öffentlichen Mitteln gefördert werden dürfen“, so der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Frank Schüssler in einer Pressemitteilung.
Daneben bemängelt die AfD, dass der Vereinsvorsitzende Andreas Goerke etwa bei einer Busfahrt zur Gedenkstätte Buchenwald einen Pullover mit der Aufschrift „EKELHAfD“ trug. Dadurch habe Goerke „die gesamte Veranstaltung an jenem Tag parteipolitisch zuungunsten der AfD“ aufgeladen. Zudem sei davon auszugehen, dass er den Pullover auch bei anderen Anlässen getragen habe. Damit seien auch die dadurch betroffenen Projekte nicht mehr förderfähig.
In einem Schreiben an die Fuldaer AfD hat der Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU) am 6. Mai 2025 noch beteuert: Es sei ausgeschlossen, dass Projekte, die sich „ausdrücklich gegen eine politische Partei richten“, gefördert würden. Nach Prüfung der Akten beurteilt die Partei das grundlegend anders: Die „gelebte Praxis“ habe anders ausgesehen, als der Brief es nahelegte. Ob das mit oder ohne Kenntnis des Oberbürgermeisters geschah, das bleibt zunächst offen. Allerdings hatte die die Kontrolle ausübende Koordinierung- und Fachstelle ganz sicher Kenntnis von den unerlaubten Ausgabeposten – ja, sie hätte rein aus den vorgelegten Belegen erkennen können, dass der Verein nicht förderfähig war.
Und auch damit ist die Mängelliste zum Verein FSSQ noch nicht zu Ende. Denn der Übergang von der städtischen Koordinierungs- und Fachstelle Partnerschaft für Demokratie Fulda zum Verein war nämlich in einem Fall fließend. Denn jahrelang wurde die Koordinierungsstelle von Christiane Herchenhein geleitet. Im März 2024 wurde Herchenhein jedoch außerdem zur stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins gewählt und blieb auch danach im zuständigen Amt 51 tätig, wenn auch nicht mehr an leitender Stelle.
Bundespolitisch stellt sich nun die Frage, wie oft es ähnlich zuging zwischen Förderstellen und geförderten Vereinen, wie oft es insbesondere dazu kam, dass ein mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“ geförderter Verein tatsächlich mehr als klammheimlich gegen die AfD Front machte. Nun werden Lokal- und Bundespolitiker vermutlich im nächsten Schritt auf das Gutachten des Verfassungsschutzes hinweisen, werden sagen, dass darin doch stehe, dass die Partei „gesichert rechtsextrem“ sei und folglich auch jede Mobilisierung des „demokratischen“ (in Wahrheit: linken) Vorfelds legitim und legal sei.
Diese Auseinandersetzung, wenn sie denn geführt werden würde, könnte in der Tat spannend werden. Denn auch das Verfassungsschutzgutachten steht ja seit seinem Öffentlichwerden in breitester Kritik – wegen seiner inhaltlichen Dürftigkeit und Beliebigkeit. Als nächste Frage stellte sich dann allerdings auch, wie viele Projekte aus dem genannten Bundesprogramm sich wirklich in sinnvoller Weise mit dem Kampf gegen gefährliche Extremismen beschäftigen, zu denen man unter anderen den radikal ausgelebten Islam zählen müsste, aber natürlich auch linksextreme ebenso wie tatsächlich rechtsextreme Bestrebungen, die einen politischen Regimewechsel in Deutschland mit gewaltvollen Mitteln betreiben.