
Just in einer Phase, in der die EU ihre Abhängigkeit von russischem Gas noch weiter reduzieren will, hat Griechenland einen eigenen Kurs eingeschlagen: Der staatliche Gasversorger DEPA Commercial und der russische Energieriese Gazprom haben sich nach monatelangem Rechtsstreit außergerichtlich auf eine Preisanpassung für Gaslieferungen geeinigt. Athen sichert sich damit langfristig günstigere Gasimporte – über die TurkStream-Pipeline, die russisches Erdgas über das Schwarze Meer liefert.
Nach Informationen der griechischen Zeitung Kathimerini handelte DEPA „eine vorteilhafte Preisvereinbarung“ aus, die das Land vor steigenden Energiekosten schützt. Hintergrund war ein Streit über die Preisgestaltung für die Jahre 2022 und 2023. DEPA war gegen Gazprom vor ein internationales Schiedsgericht gezogen, da der russische Konzern trotz laufender Verträge überhöhte Preise verlangt habe. Gleichzeitig warf Gazprom der griechischen Seite vor, vertraglich vereinbarte Mindestmengen nicht abgenommen zu haben und forderte 400 Millionen Euro Schadenersatz.
Trotz guter Erfolgsaussichten entschied sich Griechenland – offenbar auf Drängen der Regierung – für eine außergerichtliche Lösung. Der Grund: Selbst bei einem juristischen Erfolg wäre es nahezu unmöglich gewesen, eine Durchsetzung gegenüber Gazprom zu erzwingen. Der russische Konzern erkennt internationale Schiedsgerichtsurteile nicht an, zudem besitzt er in Griechenland keine Vermögenswerte, die pfändbar wären. Ein Lieferstopp wäre das wahrscheinlichere Szenario gewesen.
Ein ähnlicher Fall hatte sich 2024 bereits in Österreich abgespielt: Die OMV gewann ein Schiedsverfahren gegen Gazprom, stellte daraufhin nach einer politischen Entscheidung ihre Zahlungen ein – und wurde deshalb prompt vom russischen Gaskonzern von der Versorgung abgeschnitten. Griechenland wollte ein solches Szenario vermeiden. Zumal auch der zweitgrößte griechische Gazprom-Kunde, das Energieunternehmen Metlen, von einer Eskalation unmittelbar betroffen gewesen wäre.
Durch den Kompromiss stellt Athen nun sicher, dass es weiterhin über TurkStream beliefert wird – und das zu besseren Konditionen als auf dem globalen Flüssiggasmarkt (LNG), wo Preise durch hohe Nachfrage schwanken.
Die Einigung ist geopolitisch brisant. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 haben viele EU-Staaten ihre russischen Gasimporte drastisch reduziert oder vollständig beendet. Griechenland schlägt nun einen pragmatischen Weg ein – wirtschaftlich begründet, politisch jedoch mit Sprengkraft.
Athen riskiert damit Spannungen mit der EU-Kommission und jenen Mitgliedsstaaten, die auf eine gemeinsame Linie gegenüber Moskau pochen. Doch die griechische Regierung verweist auf die energiepolitische Realität: Russisches Pipelinegas bleibt, trotz der politischen Risiken, oft günstiger und zuverlässiger als LNG aus Übersee.