
Iran hat direkte Verhandlungen mit den USA über sein Atomprogramm abgelehnt, wobei der Schlagabtausch zwischen den USA und Iran sich immer mehr zuspitzt. US-Präsident Trump sprach von „Bombardierungen“, sollte die Islamische Republik sich weigern, über ein Abkommen zu verhandeln und letztlich auf sein Atomprogramm zu verzichten. Ohne einen Deal, sagte Trump, würden die USA das Land auf eine Art und Weise bombardieren, „wie sie es noch nie gesehen haben“.
Die Reaktion aus Teheran ließ nicht lange auf sich warten. Irans Staatsoberhaupt Ali Chamenei, warnte im Falle eines US-Angriffs vor einer entschiedenen Reaktion. Sollten die Drohungen Washingtons Wirklichkeit werden, werde es „definitiv einen starken Gegenangriff“ geben. Chamenei hat die iranischen Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Iran werde im Falle eines Angriffs „keine andere Wahl“ haben, als sich Atomwaffen zu beschaffen, sagte Ali Laridschani, der enge Berater von Chamenei im staatlichen Fernsehen. Laridschani legte damit noch einmal nach und stellte Bereitschaft des Irans zu weiteren Eskalationen demonstrativ in den Raum. Im März schrieb Trump einen Brief an Chamenei, in dem er eine Frist von zwei Monaten genannt haben soll. Bis dahin müsse es einen neuen Atomdeal geben.
Teheran richtete vor Kurzem auch Drohungen an seine Nachbarstaaten für den Fall ihrer Unterstützung Washingtons bei möglichen US-Luftangriffen auf Ziele im Iran. Teheran warnte jene Nachbarländer, die US-Stützpunkte beherbergen, dass sie in die Schusslinie geraten könnten, wenn sie in den iranisch-amerikanischen Konflikt hineingezogen würden. Iran hat demnach dem Irak, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, der Türkei und Bahrain mitgeteilt, dass jede Unterstützung eines US-Angriffs gegen Iran, einschließlich der Nutzung des Luftraums oder Territoriums dieser Länder durch das US-Militär während eines Angriffs, als „feindseliger Akt“ betrachtet würde.
Die Sorge vor einem größeren regionalen Flächenbrand hat die Staaten rund um den Persischen Golf verunsichert. Das Gewässer grenzt auf der einen Seite an Iran und auf der anderen Seite an die mit den USA verbündeten arabischen Monarchien und trägt einen erheblichen Anteil zur weltweiten Ölversorgung bei. Die Iranische Revolutionsgarde (IRGC) drohte bereits, dass US-Stützpunkte in der Region bei jedem möglichen Konflikt angegriffen werden könnten. General Amir Ali Hadschisadeh, Kommandeur der Luft- und Raumfahrtabteilung der IRGC, sagte, „die US-Amerikaner haben in der Region um den Iran mindestens zehn Stützpunkte mit mehr als 50.000 Soldaten. Sie sitzen also in einem Glashaus.“ Zudem droht Teheran, Energieinfrastruktur in der Region zu zerstören und die Schifffahrt durch die Straße von Hormus zu behindern, um den Ölpreis auf dem Weltmarkt in die Höhe zu treiben. Damit wächst die Gefahr, dass beide Länder in eine Eskalationsspirale eintreten, auch wenn sie daran kein Interesse haben mögen.
Iran hat ein Jahr der militärischen Niederlagen hinter sich. Die Verbündeten in Gaza und in Libanon, die Hamas und die Hisbollah, sind nach den israelischen Angriffen schwer geschwächt. Mit Assads Sturz durch die Islamisten in Syrien brach die von Iran etablierte Ordnung in der Levante zusammen. Syrian-Assad war der einzige staatliche Verbündete des Irans in der Region. Der Abgang von Assad war vor allem ein Einschnitt für Teheran, da die iranische Strategie der Vorwärtsverteidigung auf einmal kollabierte. Ihr zufolge hatten die Stellvertreter Teherans den Krieg von Iran fernzuhalten. Syrien war Aufmarschgebiet für die Milizen der von Iran gelenkten „Achse des Widerstands“ und die Drehscheibe für Waffenlieferungen an die Hisbollah.
Der Iran hat sich auch durch zwei militärische Schlagabtausche mit Israel seit dem Gaza-Krieg in eine Sackgasse hineinmanövriert. Der israelische Luftangriff im Oktober 2024 scheint die Luftabwehr im Iran schwer getroffen zu haben. Die Entwicklungen deuten darauf hin, dass der iranische Einfluss in der Region auf absehbare Zeit abnimmt. Vor diesem Hintergrund vermuten Beobachter, dass die Lage den Iran veranlassen könnte, endgültig eigene Atomwaffen als letzte Abschreckung zu besitzen. Mit der Schwächung des Iran in der Region will Israel seinerseits nach mehr als einem Jahr Krieg in Gaza die Machtverhältnisse im Nahen Osten zu seinen Gunsten verschieben und sich als Hegemon in der Region etablieren. Diese Strategie setzt die Zerstörung des iranischen Nuklearprogramms aus.
Dabei ist allerdings nicht auszublenden, dass der Iran in der Region nach wie vor über starke Stellvertreter verfügt, die US-Interessen empfindlich treffen können. Ein weiteres Mitglied der von Teheran gesteuerten iranischen „Achse des Widerstands“ ist die Huthi-Bewegung im Jemen. Die vom Iran unterstützten Huthi beherrschen seit 2014 weite Teile des Jemen. Die Rebellen hatten seit Gaza-Krieg mehr als 100 Handelsschiffe mit Raketen und Drohnen angegriffen, zwei Schiffe versenkt und vier Seeleute getötet. Im Herbst 2023 passierten noch 2000 Schiffe pro Monat den Bab al-Mandab, heute sind es nur noch gut 800. Die jüngsten Bombenangriffe der Trump-Administration auf Huthi-Stellungen haben den Huthi bisher keinen strategischen Schaden zugefügt.
Eine Eskalation mit Iran würde zu vergleichsweise umfangreichen und anhaltenden Militäraktionen führen, mit erheblichen US-Verlusten und möglichen Angriffen auf US-Verbündete und deren strategische Vermögenswerte – selbst wenn die USA damit das Atomprogramm des Iran vernichten könnten. Somit würde der Krieg die Weltwirtschaft erheblich beeinträchtigen. Viele Beobachter glauben nicht, dass sich Präsident Trump einen solchen Konflikt wünscht. Er wird wahrscheinlich zunächst alle anderen Optionen wie neue Sanktionen im UN-Sicherheitsrat vorziehen, bevor er einen ernsteren bewaffneten Konflikt auslöst. Die EU-Länder Großbritannien, Frankreich und Deutschland könnten bald den „Snapback-Mechanismus“ in UNO auslösen. Der stammt aus dem Atomdeal von 2015, aus dem die Europäer anders als die USA nie ausgestiegen sind. In seiner ersten Amtszeit war US-Präsident Donald Trump 2018 einseitig aus dem sogenannten „Wiener Atomabkommen“ ausgestiegen, das Irans Nuklearprogramm einschränken und im Gegenzug Sanktionen Schritt für Schritt aufheben sollte. In der Folge hielt sich auch Teheran nicht mehr an die Auflagen des Abkommens.
Hinter dem technischen Begriff „Snapback“ verbirgt sich, dass die Vereinten Nationen die ausgesetzten Sanktionen gegen Iran wieder verhängen müssten, wenn sich das Land nicht an die Vorgaben von damals hält. Das alte Atomabkommen läuft im Herbst aus, spätestens im Sommer könnten die Europäer den Snapback-Aktivismus auslösen, der UN-Sicherheitsrat müsste dem dann folgen. Zudem drohte Trump bereits Teheran mit Sekundärsanktionen. Diese könnten sich gegen Unternehmen richten, die am Verkauf von iranischem Öl beteiligt sind – dabei involviert sind vor allem chinesische Unternehmen.
Die US-Regierung und Iran könnten bald in indirekte Verhandlungen treten, auch wenn sich beide Seiten bisher gegenseitig gedroht haben. Wie schnell es zu Atom-Verhandlungen kommt, dürfte davon abhängen, wie ernst man in Machtzirkel in Teheran die militärischen Drohungen aus Washington nimmt. In Teheran mehrten sich Stimmen, aus deren Sicht Verhandlungen mit Trump eine größere Gefahr für die Sicherheit des Irans darstellen als ein amerikanisch-israelischer Militärschlag. Zu einem Umdenken führte ein Memorandum Trumps im Februar, in dem er die Wiederaufnahme seiner Politik des „maximalen Drucks“ gegen Teheran ankündigte. In dem Papier steht, dass der Druck nicht nur gegen das Atomprogramm, sondern auch gegen das Raketenprogramm des Irans und dessen Unterstützung für Milizen in der Region gerichtet ist. Beides sind zentrale Pfeiler der iranischen Sicherheitsstrategie – deren Aufgabe in der Tat einer Kapitulation gleichkäme.