NIUS liegt der Geheimbericht des Rechnungshofes vor: So täuschte sich Habeck zum 600 Millionen-Kredit für Northvolt

vor etwa 8 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Es sollte ein grünes Vorzeige-Projekt für Robert Habeck (Grüne) und Daniel Günther (CDU) werden, doch es endete als Grab für Hunderte Millionen Euro Steuergeld: das Werk des schwedischen Batterieherstellers Northvolt in Heide (Schleswig-Holstein). Bis zu 600 Millionen Euro sind durch die Insolvenz bereits futsch, weitere 700 Millionen Euro könnten hinzukommen.

Als wäre ein möglicher Milliarden-Verlust von Steuergeld nicht schlimm genug, erhebt der Bundesrechnungshof in einem geheimen Gutachten (liegt NIUS vor) schwere Vorwürfe gegen das Ministerium des damaligen Ministers Habeck. Man habe Ausfallrisiken „systematisch unterschätzt“, eine „unzureichende Risikobewertung“ vorgenommen und jede Menge Korrespondenzen nicht dokumentiert und so eine Prüfung Dritter unmöglich gemacht. Und: Habecks Ministerium täuschte den Haushaltsausschuss, indem es die Abgeordneten über eine, wenn nicht die entscheidende Tatsache im Unklaren ließ.

Das Titelblatt des geheimen Gutachtens, das NIUS vorliegt

Es ist das Jahr 2022, Northvolt gilt als hoffnungsvolles Start-up im Batterie-Sektor, der für die Elektrifizierung der Mobilität eine gewichtige Rolle spielt. Mit einer sogenannten „Wandelanleihe“ wollte die Bundesregierung die Ansiedelung eines Werks in Deutschland „brückenfinanzieren“. 600 Millionen Euro sollte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an Northvolt überweisen, die der Bund und das Land Schleswig-Holstein zu gleichen Teilen garantieren.

Vorangestellt: eine Prüfung, inwiefern sich diese Brückenfinanzierung lohnen könnte und wie hoch das Risiko ist.

Zwei Gutachten, einmal die wirtschaftliche Einschätzung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Bewertung einer Anwaltskanzlei zu rechtlichen Risiken, gab Habecks Ministerium in Auftrag. Und schon bei der Erstellung der Gutachten fiel auf: Es fehlte an wichtigen Informationen, um die Entwicklung von Northvolt und die Risiken seriös abschätzen zu können.

Das Gutachten der Wirtschaftsprüfer sei in „einem sehr engen Zeitfenster“ und „auf Basis eines voraussichtlich nicht den üblichen Anforderungen an ein solches Finanzierungsvorhaben gerecht werdende[n] Unterlagen-Set“ erstellt worden, zitiert der Rechnungshof aus der finalen Stellungnahme. Beispielsweise konnte Northvolt „keine Einschätzung zu den Merkmalen der eigenen Produkte im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten“ geben, da man angeblich kein Benchmarking betreibe, was die Wirtschaftsprüfer „zumindest unüblich“ nannten.

Heißt: Schon die Datenlage, auf Basis derer die Einschätzung der Wirtschaftsprüfer entstanden ist, war nicht ideal.

Beste Laune beim Baubeginn des Northvolt-Werks

Zwar bewerteten die Wirtschaftsprüfer das damalige Produktportfolio von Northvolt ebenso wie die geplanten Batteriezellen im neuen Werk in Heide als „technisch wettbewerbsfähig“, die großen Expansionspläne der Schweden, schon nach drei bis vier Jahren zu den zehn größten Batterie-Anbietern der Welt zu gehören und doppelt so hohe Margen zu erzielen wie die Konkurrenz, nannten sie jedoch „ambitioniert“, was der Rechnungshof als risikobehaftet übersetzte.

Northvolt war zu diesem Zeitpunkt ein hoffnungsvolles Unternehmen mit „Start-up-Charakter“, wie die Wirtschaftsprüfer in ihrem Gutachten mehrfach erwähnten, welches zwar erste serienreife Batteriezellen im schwedischen Werk produzierte, jedoch trotz steigender Umsätze auch steigende Verluste zu vermelden hatte.

Auch das juristische Gutachten meldete Kritisches an: So habe es Anzeichen gegeben, dass der parallel laufende Bau eines schwedischen Werks teurer würde und länger dauern könnte. Auch die Managementkapazitäten des Start-ups wurden mit Blick auf zwei parallel laufende große Bauprojekte in Zweifel gezogen. Zudem seien all die lukrativen Milliarden-Aufträge aus der Automobilindustrie an absolute Ziel- und Qualitätseinhaltung gekoppelt und andernfalls widerrufbar gewesen.

Alles Einschätzungen, die Habecks Wirtschaftsministerium offenkundig ignorierte. Stattdessen setzte man auf das „Prinzip Hoffnung“, wie es der Rechnungshof nannte.

Eine staatliche Wandelanleihe ist dazu da, die Anlaufphase eines Unternehmens oder einer Fertigung mit Geld zu versorgen und das Geld im besten Fall mit Zinsen zurückzuerhalten, wenn das Projekt geglückt ist. Auch die Wahrscheinlichkeit dafür beziehungsweise das Risiko eines Ausfalls der Rückzahlung sollten die Wirtschaftsprüfer berechnen und bezifferten es auf 14 Prozent für den Fall eines Börsenganges.

Der Bundesrechnungshof hat seinen Sitz in Bonn.

Der Rechnungshof kritisiert an dieser Stelle, dass das Unternehmen mit „Start-up-Charakter“ für die entsprechende Simulation plötzlich wie ein börsennotiertes Unternehmen eingeschätzt worden ist. Diese seien jedoch „überwiegend deutlich reifer“ und hätten sich mit ihren Produkten „bereits im Wettbewerb etabliert“, wie der Rechnungshof festhält. Heißt also: Die 14 Prozent Ausfallwahrscheinlichkeit basiert auf einem sehr positiven Northvolt-Szenario und könnte demnach auch höher ausfallen. Ganz grundsätzlich bemängelt der Rechnungshof, dass kaum in Szenarien gearbeitet und in vielen Bewertungen schlicht vom Best Case ausgegangen worden ist.

Brisant: Über das Ausfallrisiko ließ das Habeck-Ministerium die Abgeordneten im Haushaltsausschuss einfach im Unklaren – so, als gebe es kein Ausfallrisiko! „In ihrer Vorlage an den Haushaltsausschuss zu den erforderlichen außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen erwähnte die Bundesregierung dieses Ausfallrisiko der Wandelanleihe nicht“, heißt es wörtlich im Gutachten des Rechnungshofes.

Freilich konnte sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auch gegen die Vorwürfe des Bundesrechnungshofes wehren.

Es sei nicht absehbar gewesen, argumentierte das BMWK, dass externe Faktoren zur Insolvenz des Batterieherstellers führen würden. Als Beispiele nannte das Ministerium neben dem Absprung eines Investors auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Haushalt der Ampel-Regierung im Jahr 2023 für verfassungswidrig erklärte, in dem Corona-Schulden umgewidmet werden sollten.

In der Folge und angesichts von Geldnot schaffte die Ampel-Regierung über Nacht die Förderung für E-Autos ab, was sich wiederum negativ auf die Auftragslage von Northvolt ausgewirkt hatte – der Verfassungsbruch der Ampel soll das Scheitern eines anderen Projektes (mit)begründen. Ein Argument, welches der Rechnungshof jedoch nicht anerkennen will, man habe schließlich davor gewarnt: „Denn der Bundesrechnungshof hatte schon Anfang 2022 darauf hingewiesen, dass die vorgesehene Zuweisung von 60 Mrd. Euro an den KTF mit der Schuldenregel unvereinbar ist“, heißt es wörtlich. Außerdem sei die Northvolt-Krise nicht durch Nachfrage-Einbruch, sondern durch Verzögerungen beim Hochfahren der Serienfertigung ausgelöst worden, heißt es weiter.

In seiner Abschlussbewertung geht der Bundesrechnungshof mit dem Vorgehen des Habeck-Ministeriums hart ins Gericht: „Der Bundesrechnungshof hat erhebliche Defizite bei der Beurteilung von Chancen und Risiken vor Zeichnung der Wandelanleihe aufgezeigt. Diese Kritik konnten die Ressorts mit ihrer Stellungnahme nicht ausräumen.“ Hinzu kommt: Es ist kaum eine Kommunikation zwischen Habecks Ministerium und den beauftragten Prüfern und Kanzleien dokumentiert worden. Weiter heißt es: „Die Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung wiegen im vorliegenden Fall aufgrund der politischen und finanziellen Bedeutung besonders schwer. Zugleich stellen sie ein Hemmnis für die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes dar.“

Die harte Abrechnung des Rechnungshofes

Es scheint wie ein Déjà-vu – auch bei der Entscheidung zur Abschaltung der Atomkraftwerke ist Habecks Ministerium nachgewiesen worden, dass fachliche Einschätzungen und Warnungen geflissentlich ignoriert worden sind, um dem politischen Ziel – Atom-Aus oder eben dem Bau des Northvolt-Werkes – Rechnung zu tragen. Die Methode Habeck, die den Steuerzahler teuer zu stehen kommt.

Mehr NIUS: Sechs Gründe, warum die Windkraft in Deutschland gescheitert ist

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