
Es gibt ja nun wirklich nicht mehr so richtig viel in und an Berlin, womit man Werbung für die deutsche Hauptstadt machen kann.
Ein paar Bauwerke wie das Brandenburger Tor – also, falls das nicht gerade eingerüstet ist, um die Folgen von Farbattacken militanter „Klimaschützer“ zu beseitigen. Hertha BSC – obwohl, nein, doch eher nicht. Und der unzuverlässigste ÖPNV der Republik auch nicht.
Aber die Berliner Philharmoniker. Ja, die auf jeden Fall.
Das Orchester gilt immer noch als eines der besten weltweit, manche Kunstkenner halten es sogar für das beste. Entsprechend lässt sich Vater Staat den berühmten Klangkörper einiges kosten. Etwa sieben Millionen Euro hat der Bund im Jahr 2024 an die „Stiftung Berliner Philharmoniker“ überwiesen. Den Löwenanteil der Finanzierung trägt das Land Berlin: Im vergangenen Jahr waren das ungefähr 21 Millionen Euro.
Nun ist Berlin schon lange nicht mehr so richtig sexy, aber dafür immer noch unverändert arm. Wie eine Kirchenmaus. Jedenfalls sagt das tagein, tagaus der Regierende Bürgermeister Kai Wegner von der CDU: Man müsse sparen. Zuletzt tat man – also seine Regierungskoalition aus Union und SPD – das vor allem bei der Kultur.
Berlin ist berüchtigt für publikumsferne Kunstexperimente auf Kosten des Steuerzahlers. Da werden auch schon mal Scheidenpilze tänzerisch dargestellt (kein Scherz), und Opern-Tenöre müssen während der Arie auf offener Bühne onanieren (leider auch kein Scherz). Fast immer kann man davon ausgehen, dass solche zweifelhaften Darbietungen – die unverständlicherweise auch fast niemand sehen will – mit öffentlichen Geldern gefördert werden.
Wenn nun der Senat, wie Berlins Landesregierung heißt, einfach nur die Zuschüsse für Einfälle wie ein Vaginalschmerz-Ballett gestrichen hätte, wäre ein größerer Aufschrei wohl ausgeblieben. Aber wir sind in Berlin, und da vermeidet die Politik am liebsten jede politische Festlegung. Statt den schlimmsten Unfug einfach gar nicht mehr zu fördern und mehr Geld für echte Kunst übrig zu haben, wurde der Kulturetat kurzerhand mit dem Rasenmäher gekürzt: Alles bekam zehn Prozent weniger als vorher – die gehüpften Geschlechtskrankheiten genauso wie die Berliner Philharmoniker.
Kultursenator Joe Chialo, der die Sparpläne anfangs noch loyal mitgetragen hatte, warf vor einiger Zeit entnervt das Handtuch. Auch mit den vernünftigsten Argumenten war er zu seinem Chef nicht mehr durchgedrungen. Dem Regierenden Bürgermeister wird allgemein keine besondere Affinität zu den schönen Künsten nachgesagt. Der CDU-Linksaußen Wegner erwärmt sich mehr für Themen wie die Verwaltungsreform.
Zehn Prozent weniger – das sind im Fall des Orchesters 2,1 Millionen Euro pro Jahr. Wer sich auch nur ein bisschen in der Musikszene auskennt, der weiß, dass das für einen Klangkörper von Weltgeltung tatsächlich ein herber Schlag ins Kontor ist. Man kann so ein Orchester nicht einfach nach Kassenlage verkleinern und zum Beispiel mal eben die Hälfte der Klarinettisten entlassen oder auf die Oboen verzichten.
Eine Fußballmannschaft braucht auch elf Spieler und nicht nur zehn. Natürlich kann man elf Spieler suchen, die viel weniger verdienen. Aber dann wird die Mannschaft eben auch sofort viel schlechter, und nichts ist bei Philharmonikern so schnell verspielt wie das Renommee.
Doch der Regierende Bürgermeister Wegner blieb hart, auch bei den Philharmonikern – einem der ganz wenigen internationalen Aushängeschilder, die Berlin noch hat. Es gab 2,1 Millionen Euro weniger.
Ab und zu hilft es ja, Dinge ins Verhältnis zu setzen, und deshalb wollen wir das hier auch mal tun. Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel in Berlin steht die größte Flüchtlingsunterkunft Europas. Die hat Berlin unter anderem deshalb gebaut, weil die Stadt freiwillig und völlig ohne Not viel mehr Asylbewerber aufnimmt, als sie nach der Vereinbarung zwischen den Bundesländern aufnehmen müsste.
2,1 Millionen Euro – also die Summe, die das Weltorchester „Berliner Philharmoniker“ pro Jahr einsparen muss: So viel kostet diese Flüchtlingsunterkunft an weniger als anderthalb Tagen.
Durch die von Angela Merkel zugelassene Migrantenwelle werde niemandem etwas weggenommen: Das sagte einst der frühere Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder. Das war eine dreiste und bewusste Publikumsveralberung – so ähnlich wie die Aussage des grünen Ex-Umweltministers Jürgen Trittin, die Energiewende werde jeden Bundesbürger „nur eine Kugel Eis“ kosten.
Heute wissen wir, dass wir Eis im Gegenwert der Kosten der Energiewende in unserem ganzen Leben nicht essen könnten. Und wir wissen auch, dass uns wegen der Massenzuwanderung natürlich etwas weggenommen wird. Viel sogar, sehr viel.
Und nicht nur den Philharmonikern.
Wer in Berlin mindestens 100 Jahre alt wird, bekommt vom Regierenden Bürgermeister etwas geschenkt. Meist überbringen ehrenamtliche Helfer ein Präsent, das der jeweilige Wohnbezirk des Jubilars bezahlt. Bisher durfte das Mitbringsel maximal zehn Euro kosten. Schon das erscheint knauserig für die Leistung, die Hauptstadt bis zum 100. Geburtstag überlebt zu haben.
Wegen Geldnot hat jetzt ein Stadtbezirk sogar dieses überschaubare Budget nochmal halbiert. Hundertjährige erhalten nun also ein Geschenk im Wert von maximal fünf Euro. Im Szene-Bezirk Prenzlauer Berg bekommt man dafür noch nicht mal einen Cappuccino.
„Beschämend“ nennt das eine der ehrenamtlichen Helferinnen, die bisher solche Geschenke bei den Geburtstagskindern vorbeibrachte. Und irgendwie ist man geneigt, ihr zuzustimmen.
Es ist recht wundersam, wofür unser Staat Geld hat – und wofür angeblich nicht.