
Der Deutschlandfunk erklärt die „Geschichte Palästinas“. Das Problem dabei: Er lässt alle Fakten beiseite, die der Erzählung von einer unschuldigen „Nation ohne eigenen Staat“ widersprechen. Den Begriff „Terror“ sucht man vergeblich, ebenso alle Angebote, die von den Palästinensern abgelehnt wurden. NIUS stellt einen Fall von eklatanter Desinformation vor.
Warum haben die Palästinenser noch immer keinen eigenen Staat? Das ist eine gute Frage, die sogar ziemlich einfach zu beantworten ist: weil sie bis heute jede jüdische Präsenz im Land ablehnen und bis aufs Blut bekämpfen. Aber der Deutschlandfunk in Gestalt von „rzr“, wer auch immer sich hinter dem Kürzel verbergen mag, hat seine eigene Art, Historie zu erzählen, und zwar, indem er die wichtigsten Fakten zum Verständnis des israelisch-palästinensischen Konflikts einfach ignoriert.
Der Beitrag geht chronologisch vor, was es ungemein erleichtert, die Lücken zu erkennen, die den Text vollkommen wertlos machen. Er beginnt mit der Behauptung, der Begriff Palästinenser leite sich von den alten Philistern ab, obwohl die Araber, die heute unter diesem Begriff firmieren, mit diesen nicht das Geringste zu tun haben. Dass das „Heilige Land“ von 1000 v. Chr. (mit Jerusalem als Hauptstadt) bis 70 n. Chr. mit einigen Unterbrechungen jüdisch besiedelt und als Staat Israel bzw. Juda bekannt war, wird weggelassen, lediglich der Tempel erwähnt.
Wir springen ins Jahr 1917, als die Briten im Ersten Weltkrieg das 400 Jahre lang von den Osmanen (Türken) beherrschte Gebiet erobern. Zu diesem Zeitpunkt leben neben den alten jüdischen Gemeinden bereits Zionisten im Land, die auf einen jüdischen Staat hinarbeiten. „Nach dem Krieg etablierten die Briten das Mandatsgebiet Palästina, das Mandat wurde 1922 vom Völkerbund ratifiziert“, berichtet der DLF. „Heute ist mit dem Begriff Palästina die Forderung nach einem unabhängigen palästinensischen Staat verbunden. Als palästinensische Gebiete werden dabei das Westjordanland, Ostjerusalem und der Gazastreifen genannt.“ Das ist richtig, allerdings umfasste das damalige britische Mandatsgebiet auch das heutige Jordanien.
Im September 1922 teilten die Briten das britische Mandatsgebiet Palästina nämlich auf, indem sie den Teil östlich des Jordans abtrennten, um das halbautonome Emirat Transjordanien zu schaffen – ein Herrschaftsgebiet für den zweiten Sohn des Haschemiten Hussein Ibn Ali, Abdallah Ibn al-Hussein. Sein bei den Engländern in Ungnade gefallener Vater wurde von Abd al-Aziz ibn Saud aus Mekka vertrieben.
Das bedeutet: Drei Viertel des Mandatsgebiets wurden den Arabern übergeben (heute der Staat Jordanien, dessen Einwohner zu 70 Prozent Palästinenser sind). Viele Israelis sind der Auffassung, dass die Araber „Palästinas“ damals bereits ihren Staat bekamen. Das deutlich kleinere Gebiet westlich des Jordans sollte dann noch einmal geteilt werden. Der relevanteste Plan aus dem Jahr 1947 war dann entscheidend.
1922: Die Briten trennen drei Viertel Palästinas ab, Jordanien entsteht – aber nicht im DLF.
Deutschlandfunk: „Der Plan für die Zwei-Staaten-Lösung orientierte sich grob an den bestehenden Siedlungsverhältnissen. Die jüdische Bevölkerung nahm ihn an. Die arabischen Staaten lehnten ihn ab. Die geplante Aufteilung sei als ungerecht empfunden worden, erläutert Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Etwa 30 Prozent der Gesamtbevölkerung in Palästina seien Jüdinnen und Juden gewesen, der jüdische Staat hätte aber 56 Prozent des Territoriums ausgemacht.“
Der DLF gibt also zu, dass der Teilungsplan, dem zufolge ein Staat Palästina hätte gegründet werden können, von den Arabern abgelehnt wurde, liefert aber auch gleich eine Entschuldigung dafür (und lässt diese von der notorisch israelfeindlichen Muriel Asseburg vorbringen): Ungerechtigkeit. Allerdings waren auch die Juden im Land nicht ganz glücklich damit: Das ihnen zugesprochene Gebiet umfasste größtenteils die Wüste Negev, die Küstenebene und in Galiläa den Teil westlich des Sees Genezareth. Sie stimmten dem Plan dennoch zu, weil ihnen der Spatz in der Hand lieber war als die Taube auf dem Dach – während es sich bei den Palästinensern umgekehrt verhält, wie wir noch sehen werden.
Teilungsplan der Vereinten Nationen 1947.
Was der DLF ebenfalls verschweigt: Der Widerstand der Araber gegen die jüdische (Wieder-)Besiedlung des Landes datiert bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Terroranschläge waren schon gang und gäbe, bevor ein halbes Jahrhundert später das Land in zwei Staaten aufgeteilt werden sollte. Das Massaker von Hebron ereignete sich im Jahr 1929: 67 Juden wurden ermordet, die uralte jüdische Gemeinde dort ausgelöscht.
Mit Siebenmeilenstiefeln eilt der DLF nun durch die Geschichte. Schon sind wir im Jahr 1967, ohne dass man dem Leser verraten hätte, dass auch in den zwei Jahrzehnten zwischen 1948 und 1967 kein Palästinenserstaat gegründet wurde, als die Westbank und Ostjerusalem von Jordanien besetzt (und annektiert) und der Gazastreifen von Ägypten verwaltet wurde. 1964 gründete sich die PLO, mit dem Ziel, ein Palästina zu schaffen – allerdings nicht nur in der Westbank und Gaza, sondern inklusive Israel, das man fortan mit Terror überzog.
„Im Juni 1967 kam es zum Sechstagekrieg …“, sagt der DLF, als habe es sich um ein Erdbeben oder einen Meteoriteneinschlag gehandelt. Tatsächlich hatten sich Ägypten und Syrien verbündet, um Israel zu vernichten, Jordanien ließ sich widerstrebend in den Krieg hineinziehen. Er endete mit einem fulminanten israelischen Sieg im „Sechstagekrieg“ und der Besetzung der Westbank, Gazas und der Golanhöhen. Von Palästinensern war damals übrigens nicht die Rede, in der Titelgeschichte des Spiegel unmittelbar nach Kriegsende tauchen sie nicht einmal auf.
„Für was kämpfen die Palästinenser?“, fragt weiter der Deutschlandfunk, beantwortet die Frage aber nicht, sondern suggeriert, es ginge den Palästinensern nur um staatliche Unabhängigkeit. Dass sie nie einen Staat neben, sondern anstelle Israels anstrebten, verschweigt er ebenso wie alle Handlungen, die die Absicht in die Tat umsetzen versuchten: fortgesetzter Terrorismus, in Israel selbst ebenso wie im Ausland, etwa mit dem Olympia-Massaker von München (1972), einigen Flugzeugentführungen (Beispiel: Entebbe 1976) oder Terroranschlägen an den Airports von Rom und Wien (1985).
Olympia im München 1972: Ausgebrannter Hubschrauber in Fürstenfeldbruck, doch das Wort Terror wird im DLF vermieden.
Ein erneuter Sprung: „1987 begann die erste Intifada, die Palästinenser wehrten sich mit zivilem Ungehorsam, aber auch mit Steinen und Molotowcocktails. ‚Die Ziele der ersten Intifada sind sehr klar definiert als das Abschütteln der Besatzung von 1967‘, erläutert Muriel Asseburg.“
Was Asseburg hier verharmlost, sah so aus: Palästinenser töteten auch hunderte Palästinenser, die man der Kollaboration mit Israel verdächtigte. Und es war das Jahr, in dem sich die Hamas, ein Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft seit 1928, gründete – mit dem einzigen Ziel, Israel zu zerstören und so viele Juden wie möglich zu töten. Vom DLF erfährt der in Sachen Nahost Interessierte das nicht.
Die erste Intifada endete, als zu Beginn der 90er Jahre der „Friedensprozess“ von Oslo angestoßen wurde. Dieser sollte nach dem Prinzip „Land für Frieden“ funktionieren: Israel trat Gebiete an die Palästinenser unter Jassir Arafat ab, im Gegenzug sollte der Terror enden. Das Gegenteil geschah: Die Terroristen intensivierten ihren Krieg gegen Israel und zogen sich dann in die Autonomiegebiete zurück. Arafat verfolgte eine perfide Doppelstrategie, der „Friedensprozess“ diente ihm nur dazu, eine neue Basis für seinen Kampf gegen den jüdischen Staat zu gewinnen.
„1995 wurde Rabin von einem jüdischen Rechtsextremen aus der Siedlerbewegung ermordet. Bei den Palästinensern erstarkte die Hamas.“, heißt es im DLF, ohne dass man die dem Mord an Rabin vorausgegangenen Terroranschläge erwähnt. Das ist der entscheidende Punkt: Oslo scheiterte an der Weigerung der Palästinenserführung, den Terror gegen Israel zu beenden, was zum Kollaps der israelischen Friedensbewegung führte.
Der DLF übergeht das Thema souverän und spult vor ins Jahr 2000, ohne Camp David zu erwähnen. Dort kamen unter der Schirmherrschaft von US-Präsident Bill Clinton eine israelische Delegation unter der Leitung von Premierminister Ehud Barak und eine palästinensische unter der Führung von PLO-Chef Jassir Arafat zu Verhandlungen über ein Abkommen zur permanenten Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zusammen. Die Gespräche wurden zwei Wochen später erfolglos abgebrochen.
Camp David, Clinton, Barak, Arafat – war da was? Nicht im Deutschlandfunk.
Arafat lehnte Baraks nach einer Woche vorgebrachtes Angebot, das weit über alle bisher jemals zur Debatte gestandenen Vorschläge hinausging, ab. Und dieses sah so aus: Im Rahmen eines Friedensvertrags sollten rund zehn Prozent des seit dem Sechstagekrieg von 1967 unter israelischer Kontrolle stehenden Westjordanlandes bei Israel verbleiben, die größeren Siedlungsblöcke und rund 85 Prozent der israelischen Siedler wären damit eingegliedert worden. Dafür sollten israelische Territorien unter palästinensische Kontrolle gelangen. Der Gazastreifen sowie die restlichen 90 Prozent des Westjordanlandes sollten unter palästinensische Souveränität fallen, wie auch der Großteil der arabischen Wohnviertel im Osten Jerusalems.
Arafat sagte nein, und Bill Clinton beschied ihm: „Wenn die Israelis Kompromisse eingehen können und Sie nicht, sollte ich nach Hause gehen. Sie sind seit vierzehn Tagen hier und haben zu allem Nein gesagt.“ Erst im Dezember vergangenen Jahres sagte der Ex-Präsident, Arafat „lehnte einen palästinensischen Staat mit Hauptstadt in Ostjerusalem, 96 Prozent des Westjordanlands und 4 Prozent Israels als Ausgleich für die 4 Prozent [des Westjordanlands, die für israelische Siedlungen annektiert werden sollten] ab“.
Stattdessen startete Arafat einen Terrorkrieg gegen Israel, der unter dem Namen „al-Aqsa-Intifada“ bekannt werden und mit zahllosen Selbstmordattentaten und anderen Terroranschlägen über tausend Israelis das Leben kosten sollte. Der DLF nüchtern: „Sie (die al-Aqsa-Intifada) dauerte von 2000 bis 2005 und war blutiger als die erste“. Die Planungen begannen unmittelbar nach Arafats Rückkehr aus Camp David im Sommer 2000, wie der Kommunikationsminister der Palästinensischen Autonomiebehörde ganz offen bekannte, aber laut DLF war eine Stippvisite des damaligen Oppositionsführers Ariel Sharon auf dem Tempelberg eine Provokation, die die al-Aqsa-Intifada auslöste – lupenreine palästinensische Propaganda, ein Vierteljahrhundert später 1:1 wiedergegeben.
Selbstmordattentat in Tel Aviv 2001 – für den ÖRR-Sender kein Thema.
Der DLF lässt auch die Verhandlungen in Taba (Januar 2001) aus, bei denen Israel ein noch besseres Angebot als in Camp David machte. Ebenso wie das Olmert-Angebot (2008), das der israelische Premier Ehud Olmert dem neuen PLO-Vorsitzenden Mahmud Abbas (Abu Mazen) unterbreitete und das bis heute nicht übertroffen wurde: 94 Prozent der Westbank plus kompensatorischen Gebietsaustausch, Korridortunnel zwischen Westbank und Gazastreifen, palästinensische Souveränität über die arabischen Wohnbezirke Ostjerusalems und einiges mehr.Abbas antwortete nicht einmal auf das Angebot. Bis heute verweigert der „Palästinenserpräsident“, der 16 Jahre über den Durst regiert (2009 lief seine Amtszeit ab) alle Verhandlungen. Was sagt der DLF dazu? Nichts. Details würden das Narrativ vom verweigerten Palästinenserstaat nur stören, deshalb fasst er sie so zusammen: „Seitdem sind Versuche, in der Region Frieden zu stiften, immer wieder gescheitert. Eine Zwei-Staaten-Lösung rückte in weite Ferne.“
Den Kern des Nahostkonflikts benennt der Deutschlandfunk nicht: die fortgesetzte Weigerung der Palästinenser (und vieler anderer Araber), einen jüdischen Staat in ihrer Region überhaupt zu akzeptieren, und würde er sich auch nur über den Großraum Tel Aviv erstrecken. Das ist heute nicht anders als vor 130 Jahren.
Es gibt keinen Staat Palästina wegen des Terrors gegen Israel – und der DLF sagt es nicht. Es ist, als verfasste jemand eine Geschichte des Nationalsozialismus, ließe die Judenverfolgung weg und erwähnte SA und SS nur am Rande. Die Botschaft, die hängenbleiben soll: Die Palästinenser sind eine Nation ohne Staat, weil Israel ihnen zu Unrecht einen verweigert. Das ist pure Desinformation.
Die Fatah, die die „vollständige Befreiung Palästinas und die Auslöschung der zionistischen ökonomischen, politischen, militärischen und kulturellen Existenz“ anstrebt (Artikel 12 der Fatah-Verfassung von 1964), hat Israel nie anerkannt , lediglich aus taktischen Gründen über die Palästinensische Autonomiebehörde eine Zeitlang den Eindruck erweckt – und die Hamas machte aus ihren genozidalen Absichten ohnehin noch nie einen Hehl.
Seither haben die Israelis, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Hoffnung aufgegeben, jemals mit den Palästinensern in Frieden leben zu können – jedenfalls solange diese von Fatah und Hamas beherrscht werden. Seit dem 7. Oktober sind es noch mehr. Dies herauszustreichen, würde jedoch die Darstellung des israelisch-palästinensischen Konflikts im Deutschlandfunk nicht nur stören, sondern zunichte machen. Der Kern des Problems findet im öffentlich-rechtlichen DLF schlicht nicht statt, und das, was man weglässt, ist aussagekräftiger als alles, was man dort benennt. Man nennt so etwas: Propaganda. Fatah und Hamas sagen danke.
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